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22.10.2019

Mit einem Koffer ins Ghetto

Rabbi Alexander Grodensky aus Luxemburg spricht zum Abschluss der Gedenkfeier am Hauptbahnhof ein Gebet.
Rabbi Alexander Grodensky aus Luxemburg spricht zum Abschluss der Gedenkfeier am Hauptbahnhof ein Gebet auf Hebräisch und Deutsch.
Sie hießen Leonie Frank, Benno Levi, Inge Königsfeld und Ernst Schneider. Am 17. Oktober 1941 wurden sie gezwungen, am Trierer Hauptbahnhof in einen Zug zu steigen, der sie in das Ghetto Litzmannstadt (Lodz) in Polen brachte. Ihre Heimatregion sahen sie nie wieder.

Insgesamt 512 Jüdinnen und Juden aus der Region Trier-Luxemburg wurden mit dem Zug „Da 3" in den Osten deportiert. Nach dem Start um ein Uhr nachts mit 323 Menschen in Luxemburg-Stadt kamen beim Zwischenstopp in Trier 189 weitere hinzu, die sich zuvor auf Befehl der Gestapo am Bischof-Korum-Haus versammelt hatten. Mitnehmen durften die vertriebenen jüdischen Familien nur einen Koffer pro Person, Bettzeug und zwei Decken, maximal 100 Reichsmark an Bargeld sowie Verpflegung für vier Tage. „Da 3" war der erste Deportationszug aus dem Westen Deutschlands nach Litzmannstadt, es sollten noch weitere folgen. Am 18. November erreichte der Zug um 14.30 Uhr die Bahnstation Radegast in Lodz. Nur 15 Insassen überlebten das Ghetto und die Vernichtungslager.

Mit Gedenkfeiern vor dem Hauptbahnhof Trier und an sieben weiteren Orten in Rheinland-Pfalz und Luxemburg wurde vergangene Woche erstmals öffentlich an die erste Deportation von Jüdinnen und Juden aus der Region erinnert. Die Veranstaltungen in Medernach, Ettelbrück, Luxemburg-Stadt, Mondorf, Neumagen, Wittlich, Trier und Schweich standen unter dem Titel „Grenzenlos gedenken" und wurden von Schülerinnen und Schülern mitgestaltet.

In Trier waren die Jahrgangsstufen 11 und 13 des Max-Planck-Gymnasiums beteiligt. Mit Koffern, die sie vor dem Haupteingang des Bahnhofs aufstapelten, und begleitet von Klarinettenklängen von Patrick Claus setzten sie das damalige Geschehen in Szene. Anschließend erinnerten die Jugendlichen namentlich an 102 Jüdinnen und Juden, die vor der Deportation in Trier gelebt hatten. Zuvor hatte Peter Szemerer die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung, darunter OB Wolfram Leibe und mehrere Stadtratsmitglieder, im Namen der Jüdischen Gemeinde Trier begrüßt.