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04.06.2019

Auf der Höhe ihrer Zeit

Entwurfsarbeit für ein Glasfenster von Adele Elsbach aus dem Jahr 1928.
Entwurfsarbeit für ein Glasfenster von Adele Elsbach aus dem Jahr 1928. Foto: Stadtmuseum
Im Januar 2018 wurde das Stadtmuseum Simeonstift bei einem süddeutschen Auktionshaus auf Werke der vergessenen Trierer Künstlerin Adele Elsbach aufmerksam. Erste Recherchen ergaben, dass es sich bei ihr um eine 1908 geborene Jüdin handelt, die 1944 in Auschwitz ermordet wurde. Eine Ausstellung zeichnet jetzt anhand der wenigen verfügbaren Materialien das kurze Leben nach.

Garten- und Landschaftsszenen, Darstellungen von Personen bei der Arbeit, futuristisch anmutende Porträts. Die teils in kräftigen Farben gehaltenen Werke zeigen die klare, formal reduzierte, bisweilen futuristisch anmutende Formensprache des damals modernen Art déco-Stils, von dem sich in Trier leider nur wenige künstlerische Zeugnisse erhalten haben.

Adele Elsbach gehörte offenbar zu der Gruppe junger Frauen, die sich die ihnen in der Zeit der Weimarer Republik neu eröffnenden Möglichkeiten, kunsthandwerkliche und künstlerische Berufe zu ergreifen, zu nutzen wussten. Die Faszination, die die Bereiche Architektur, Kunsthandwerk und Design auf diese Generation, die sich mehr und mehr aus der traditionellen Frauenrolle zu lösen begann, ausgeübt haben, lässt sich an der hohen Zahl weiblicher Studierender am 1919 von Walter Gropius gegründeten Bauhaus eindrucksvoll ablesen.

Farbige Fenster und mehr

Bedauerlicherweise ist nicht bekannt, welche Ausbildung Adele Elsbach absolvierte und wo sie dies tat. Sie entwarf nicht nur farbige Glasfenster, sondern war daneben in anderen künstlerischen Bereichen tätig. Nach Ausweis weiterer Werke, die beim selben Auktionshaus bereits vor längerer Zeit angeboten worden waren, zeichnete und malte sie auch Wohnungsinterieurs und Straßenszenen, Stillleben und Tiere.

Möglicherweise war Adele Elsbach aufgrund des frühen Todes des Vaters sogar gezwungen, durch eine eigene berufliche Tätigkeit zum Familieneinkommen beizutragen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde ihr das Ausüben dieses Berufes jedoch zunehmend erschwert. Im Zuge der fortschreitenden Ausgrenzung und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung vertrieben die nationalsozialistischen Machthaber sie und ihre Mutter zunächst aus der gemeinsamen Wohnung, bevor die beiden in Konzentrationslager deportiert und Opfer der erbarmungslosen Vernichtungsmaschinerie des Regimes wurden.

Seit der Entdeckung ihrer Arbeiten wurde im Stadtmuseum zu Leben und Werk von Adele Elsbach recherchiert. Einiges konnte auch dank Hinweisen aus der Bevölkerung nachvollzogen werden, anderes bleibt weiterhin im Dunkeln. Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sowie die erworbenen Arbeiten von Adele Elsbach sind aktuell im Stifterkabinett des Stadtmuseums ausgestellt.

Die Ausstellung versucht, das kurze, vom nationalsozialistischen Terror geprägte Leben dieser in ihrer Heimatstadt vollkommen in Vergessenheit geratenen Künstlerin nachzuzeichnen und ihrem beeindruckenden, ganz auf der Höhe der Zeit stehenden Werk die gebührende Beachtung zu verschaffen.

Kathrin Koutrakos

  • Museumsmitarbeiter Bernd Röder bietet an den folgenden Terminen Führungen durch die Ausstellung an: Sonntag, 11. August, und Sonntag, 24. November, jeweils 11.30 Uhr.