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24.09.2019

Meinung der Fraktionen

800 Meter Entfernung vom Parkplatz Turm Luxemburg bis zum Wissenschaftspark. Foto: B90/GrüneBündnis 90/Die Grünen
Sind 800 Meter zu Fuß zumutbar?

Vom Hauptbahnhof oder vom Parkhaus Ostallee sind es 800 Meter zu Fuß zum Hauptmarkt. Tausende Pendler und Touristen laufen diesen Weg. Gehbehinderte Patienten fahren jeden Tag problemlos im Bus oder parken im Parkhaus und besuchen Ärzte im Zentrum. Nun soll der Stadtrat für den Petrisberg einen Bebauungsplan beschließen, um 192 weitere Parkplätze zu schaffen – im Landschaftsschutzgebiet. Rund um Wissenschaftspark, Ärztehaus und Kliniken gibt es 800 Plätze. Dieses nicht geordnete und kostenfreie Angebot lädt dazu ein, im Pkw zu kommen. Jeder kann so lange parken, wie er/sie will. Dann finden verärgerte Patienten vor den Praxen keinen Parkplatz.

Am Turm Luxemburg gibt es einen kostenfreien Parkplatz für rund 100 Pkw. Tagsüber parkt dort fast niemand (Foto rechts: Grüne). Die Distanz zum Wissenschaftspark beträgt ebenfalls 800 Meter. Unzumutbar? Wohl kaum. Job-Räder werden gefördert, der Anteil der E- Bikes ist klar gestiegen und E-Scooter legalisiert. Welches Signal senden 192 zusätzliche Parkplätze? Kommt die Politik ihrer Verantwortung nach, Mobilität zu lenken? Klimaschutz fängt vor Ort an. Nach kontroverser Debatte fand der Ortsbeirat einstimmig einen Kompromiss: Die Bewirtschaftung öffentlicher Parkplätze am WIP soll sofort umgesetzt werden. Gleichzeitig versperrt sich der Beirat nicht, sondern befürwortet die Aufstellung des Bebauungsplans und schafft Perspektiven.

Ole Seidel


CDU
Gute Kita-Novelle?

Nach monatelangen Protesten von Leitungen von Kindertagesstätten, Fachkräften, Eltern, Kirchen, Kommunen, Verbänden, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der politischen Opposition, nach zahlreichen Änderungsvorschlägen und einer Resolution im Trierer Stadtrat vom 21. März, in der wir konkrete Korrekturen unterbreitet hatten, verabschiedete die Landesregierung am 21. August die Novelle des Kita-Gesetzes ohne Änderungen. Dies war begleitet von Protesten von Erzieherinnen und Erziehern vor dem Landtag, also jenen, die Auswirkungen des Gesetzes tagtäglich zu spüren bekommen.

Die Novelle war überfällig, da die letzte Anpassung an die gesellschaftlichen Realitäten und Bedürfnisse junger Familien über 25 Jahre her ist. Sicherlich kommt die nun dauerhafte Betreuung der Kinder von sieben Stunden am Stück, das vorgesehene frisch gekochte Mittagessen für sie und die Beitragsfreiheit für Kinder ab dem zweiten Geburtstag – ob Kita oder Krippe – den Bedürfnissen von berufstätigen Eltern zugute. Aber hält dieses Gesetz dem Praxistest stand und ist es am Wohle des Kindes orientiert?

Wir sind skeptisch und wollen im Stadtrat am 26. September Antworten auf einige Fragen haben. Reicht die vorgesehene Erhöhung des Personalschlüssels aus, um die neuen Herausforderungen (bis zu sieben Stunden Betreuung von Kindern unter zwei Jahren, ein entsprechend höherer Zeitaufwand beim Wickeln und Mittagessen) verantwortungsvoll zu meistern? In wie vielen Kitas in Trier sind Küchen für eine adäquate Zubereitung des Mittagessens vorhanden? Ist der geplante Landeszuschuss für einen Ausbau ausreichend oder bleibt die Stadt Trier auf den Kosten sitzen? Der Beantwortung dieser und anderer Fragen sehen wir mit großer Erwartung entgegen.

Jutta Albrecht


SPD
Jahrhundertprojekt Poller

In der letzten Stadtratssitzung wurde die Errichtung der ersten versenkbaren Poller für Trier beschlossen. Ein kleiner Lichtblick am Horizont des Trierer Jahrhundertprojektes „Versenkbare Poller". Seit 2005 stehen die „Poller" bei der SPD-Fraktion auf der Agenda. Entsprechende, immer wiederkehrende Anfragen belegen dies.

Nach etwa zehn Jahren, im Doppelhaushalt 2015/16, hat der Stadtrat dann beschlossen, dass von der Zufahrt Liebfrauenstraße zum Domfreihof versenkbarerPoller eingerichtet werden. Wir bekommen zwar jetzt nach dem Stadtratsbeschluss die ersten versenkbaren Poller in der Glockenstraße, für mich bleiben und sind es „Alibipoller", denn ich hätte mir einen ersten anderen und wirkungsvolleren Standort gewünscht: Domfreihof, Kornmarkt oder Stockplatz.

Den Standort Glockenstraße wählte man, weil hier die Umsetzung am unproblematischsten scheint. Um eine nachhaltigere Wirkung für die gesamte Innenstadt zu erzielen, bedarf es aber der Umsetzung des Gesamtkonzepts. Hier heißt es jetzt: Gas geben. Von der Verwaltung müssen die längst überfälligen Hausaufgaben der Vorarbeiten gemacht werden, Beschlüsse müssen folgen, die Finanzierung für den nächsten Doppelhaushalt muss angegangen werden. Wir erwarten eine höhere als die bisherige Geschwindigkeit bei der anstehenden Umsetzung des Konzeptes, sonst wird es tatsächlich ein Jahrhundertprojekt.

Rainer Lehnart


AfD
Teures Provisorium

Bekanntermaßen bedarf das Exzellenzhaus in der Zurmaienerstraße einer umfassenden Sanierung. Die Kosten dafür waren ursprünglich mit 4,3 Millionen Euro veranschlagt, aufgrund zwischenzeitlich festgestellter weiterer Mängel an der Bausubstanz dürften sie sogar deutlich höher liegen. Um die Arbeit des Jugendzentrums weiter führen zu können, hat der Rat jetzt beschlossen, die im Besitz der Stadt befindlichen Gebäude Orangerie und Ökonomie im Schießgraben herzurichten und dem Verein Exhaus e.V. zur vorübergehenden Nutzung zur Verfügung zu stellen.

Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Als problematisch sehen wir jedoch an, dass nur ein kleinerer Teil der dafür aufzuwendenden Kosten der ohnehin erforderlichen Instandsetzung dieser Gebäude dient. Die restlichen Ausgaben von etwa 800.000 Euro sind ausschließlich dadurch bedingt, dass das Exhaus für einige Jahre dort unterkommen soll. Ein hoher sechsstelliger Betrag wird also für ein Provisorium aufgewendet, das nach kurzer Zeit wieder zurückgebaut werden muss.

Angesichts der Haushaltslage der Stadt Trier halten wir das für kaum vertretbar. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass bei anderen Projekten schon wenige tausend Euro unter Hinweis auf zu hohe Kosten abgelehnt worden sind. So ist das von uns vorgeschlagene „Haus der Senioren" 2015 an ganzen 40.000 Euro gescheitert, die der Rat nicht zur Verfügung stellen wollte, weil angeblich kein Geld dafür da war. Um aus wenig sinnvollen Aufwendungen für ein Provisorium nachhaltige Investitionen zu machen, hat die AfD-Fraktion daher vorgeschlagen, eine dauerhafte Verlegung des Exhauses an den Schießgraben zu prüfen. Leider wurde dies – wie üblich – von allen anderen Fraktion abgelehnt. Auch Kommunalpolitik in Trier scheint alternativlos zu sein.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Verkehrswende gestalten

Eines der zentralen Handlungsfelder des neu gewählten Stadtrats muss es sein, die Verkehrswende anzugehen, um Trier fit für die Zukunft zu machen. Viele Facetten gilt es dabei zu bedenken: Beispielsweise müssen die Buspreise sinken, der ÖPNV ausgebaut und das Radwegenetz verbessert werden.

Für die Sitzung des Stadtrats am 26. September hat die Linksfraktion beantragt, das Karl-Marx-Viertel, also das Areal Brückenstraße/Karl-Marx-Straße/Jüdemerstraße, vom Pkw- Verkehr zu befreien. Künftig soll dieses Viertel nur noch für den ÖPNV, für Radfahrer*innen und Fußgänger*innen freigegeben werden.

Aufenthaltsqualität steigern

Für die Bewohner*innen und Passant*innen würde sich dadurch die Aufenthaltsqualität im Viertel erheblich verbessern. Autolärm und Abgasgestank würden endlich der Vergangenheit angehören. Stattdessen könnten Kinder im Viertel spielen und Anwohner*innen die Straßen in bisher ungeahnter Weise beleben.

Außerdem darf nicht vergessen werden, dass Brücken- und Karl-Marx-Straße die direkte Verbindungsachse zwischen Trier West und der Innenstadt darstellen. Wenn wir dieses Viertel für den Pkw-Verkehr sperren, würde das auch die Attraktivität des Fuß- und Radverkehrs erheblich steigern und die Erreichbarkeit der Innenstadt per Fuß und Rad deutlich verbessern. Von einem autofreien Karl-Marx-Viertel würden am Ende alle profitieren.

Matthias Koster


UBT
Politik muss Schwerpunkte setzen

Die meisten Menschen haben mehr Wünsche, als sie sich erfüllen können. Auch im Rathaus ist die Situation ähnlich: Bürgerinnen und Bürger erheben Forderungen und die Parteien und Wählervereinigungen formulieren Ziele und Programme, die unsere Stadt weiterbringen sollen. Die Verwaltung meldet, welche Mittel sie für beschlossene und notwendige Maßnahmen benötigt. Alle Wünsche lassen sich leider nie erfüllen.

Die Aufgabe von Verwaltung und Politik ist es daher, Schwerpunkte und Prioritäten zu setzen. Für alle Maßnahmen muss der Stadtrat der Verwaltung das nötige Geld zur Verfügung stellen. Und gleichzeitig braucht die Verwaltung die erforderliche Ausstattung, damit sie die Arbeit auch erledigen kann. Jedes Projekt in der Stadt steht also in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Vorhaben. Wer meint „Alles geht", täuscht sich selbst, vor allem aber die Triererinnen und Trierer.

Daher stellt sich die UBT-Fraktion immer wieder die Frage: „Wo sehen wir die Hauptaufgaben der nächsten Jahre?" Für eine lebens- und liebenswerte Stadt, die ein breit gefächertes kulturelles und attraktives Angebot für alle Generationen bereitstellt, sind dies: Sanierung des Theaters, Sanierung beziehungsweise Neubau der Sporthallen und Wiederherrichtung des Exhauses. Allein diese Maßnahmen binden in den kommenden Haushaltsjahren alle Resourcen, sowohl finanziell als auch personell. Aber es ist ein Gewinn für unsere schöne Stad

Christian Schenk


FDP
Wohnungsnotstand in Trier

Seit der Stadtratssitzung Ende August und der Ausrufung des sogenannten „Klimanotstands" leben wir in Trier nun in einem Notstandsgebiet. Bewegt hat sich seither wegen fehlender konkreter Maßnahmen zwar nichts, aber das gute Gewissen wurde in jedem Fall von der Mehrheit des Stadtrates gepflegt.

Das dringendste Problem der Stadt, im Übrigen auch aus umweltpolitischer Sicht, ist jedoch die sich verschärfende Situation beim Wohnraum. Das Wohnen in Trier wird mehr und mehr zum Luxusgut. Mieten steigen, Bauland für das eigene Häuschen ist praktisch nicht vorhanden und die Preise für zukünftige Baulandentwicklungen sind astronomisch hoch. Gleichzeitig steigen die Preise für den ÖPNV und ebenso die Müllgebühren. Die Folge ist, dass immer mehr Menschen in das Trierer Umland ziehen und von dort häufig mit dem Auto in die Stadt einpendeln.

In einer solchen Situation müsste die Politik in der Stadt, wenn sie den Klimanotstand nicht bloß als PR-Gag betrachtet, eigentlich alles dafür tun, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Schaffung von so viel Wohnraum wie möglich in kurzer Zeit ermöglichen. In der Realität passiert aber das Gegenteil. Der Stadtrat hat Ende August nicht nur den Klimanotstand ausgerufen, sondern auch das einzige verbliebene schnell zu realisierende größere Wohngebiet Brubacher Hof beerdigt. Ebenso hat man einer Wohnbebauung im Bereich der Hindenburgstraße, hinter dem alten Forum-Kino, mit einer Veränderungssperre den Riegel vorgeschoben. Die FDP wird daher in der nächsten Sitzung des Stadtrats den Wohnungsnotstand beantragen. Die Stadt muss endlich Prioritäten setzen und Klarheit schaffen, wohin sie wohnungspolitisch will. Wir brauchen hier eindeutige und schnelle Entscheidungen, wenn Trier lebenswert bleiben soll.

Tobias Schneider