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13.01.2009

Immer mehr junge Obdachlose

Das Benedikt-Labre Haus in der Luxemburger Straße ist eine Anlaufstelle für Obdachlose in Trier.
Das Benedikt-Labre Haus in der Luxemburger Straße ist eine Anlaufstelle für Obdachlose in Trier.
„Alarmbereitsschaft“ herrscht derzeit wegen der klirrenden Kälte bei Raimund Ackermann. Der Streetworker kümmert sich in Trier um die Obdachlosen. Etwa sechs bis acht Personen leben seiner Einschätzung nach im Moment dauerhaft auf der Straße oder im Wald. Wegen ihres großen „Freiheitsdrangs“ seien diese Obdachlosen jedoch kaum dazu zu bewegen, in eine Unterkunft zu gehen. Dennoch versucht Ackermann, die Verbliebenen zu überzeugen, zumindest vorübergehend eines der von der Stadt bereitgestellten Notquartiere oder eine andere Einrichtung zu nutzen. Vergangene Woche war in Igel eine 58jährige obdachlose Frau erfroren, die in einem Zelt an der Mosel übernachtet hatte.

Insgesamt mehr Zulauf

Insgesamt verzeichnen die Trierer Anlaufstellen für Obdachlose eine stärkere Nachfrage als in den vergangenen Jahren. Das Besorgniserregende: Die Klienten, die Hilfe suchen, werden immer jünger. Zudem steigen die Konflikte der Wohnungslosen untereinander und auch die Gewaltbereitschaft gegenüber Helfern hat sich erhöht.

Im Benedikt-Labre Haus der Caritas stellte Bürgermeister und Sozialdezernent Georg Bernarding gemeinsam mit den Vertretern der verschiedenen Einrichtungen die Hilfsangebote für wohnungslose Menschen in Trier vor. „Wir haben ein gut funktionierendes Netzwerk. Viele Menschen sind daran beteiligt, die Arbeit voranzubringen und die Situation zu verbessern“, sagte Bernarding. Es seien zahlreiche Angebote geschaffen worden und man werde weiter daran arbeiten, die Hilfestellungen auf die Bedürfnisse der Wohnungslosen anzupassen.

Auch Marita Wallrich von der Arge der Stadt Trier und der Agentur für Arbeit bestätigte die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten. Trotz der Flut der Angebote sei es schwierig, für jeden das Richtige zu finden.

Gemeinsames Konzept entwickeln

Auffällig sei, dass die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr angestiegen seien, berichtete Werner Schulze, Leiter des Benedikt-Labre Hauses. Wegen der Kälte sei das Übernachtungsheim im Moment regelmäßig voll ausgelastet oder sogar überbelegt. Auch in die Teestube kommen mehr Menschen als zuvor. Ähnlich sieht es bei Übergangsquartieren des Club Aktiv und des Sozialdienstes katholischer Frauen aus: Auch hier ist die Nachfrage groß.

„Große Sorge bereiten uns die vielen jungen Menschen, die in die Wohnungslosigkeit abrutschen“, so Werner Schulze. Für diese bestehe in Trier bislang kein passendes Hilfsangebot. Besondere Maßnahmen zur beruflichen Qualifikation und Beschäftigung seien notwendig, um jungen Menschen einen Weg aus der Wohnungslosigkeit zu weisen und sie wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Diese Entwicklung bestätigte auch Iris Kaeding, Bereichsleiterin vom Sozialdienst katholischer Frauen. Im Haltepunkt, einer Anlaufstelle für wohnungslose Frauen, werden vermehrt jüngere Frauen zwischen 18 und 25 betreut. Dies sei eine völlig neue Entwicklung, mit der man derzeit überfordert sei. Gemeinsam sollen daher nun zügig Konzepte erarbeitet werden, um auch den Problemen junger Menschen gerecht zu werden.

Neben Übernachtungsmöglichkeiten bieten die verschiedenen Einrichtungen auch weitere Hilfestellungen zur Wiedereingliederung an. Zahlreiche Prä-ventionsmaßnahmen verhindern, dass Menschen überhaupt obdachlos werden. Zudem gibt es Angebote zur Integration. Beispiele dafür sind die Werkstatt St. Martin und die Caritas-Möbelbörse. Das Arbeiten dort gibt den Wohnungslosen Struktur und hilft so, sie wieder in den Alltag zu integrieren.