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20.05.2008

Meinung der Fraktionen

CDU
Stadtrat - ein Scheinparlament

Die Aufsichtsbehörde (ADD) hat uns Stadträte zum „Nachsitzen“ verdonnert: „Ihr müsst den Haushalt neu beraten, mehr sparen!“ heißt es von oben. Eine Entscheidung, die sicher am Gesetz orientiert ist, aber dennoch am Selbstverständnis eines Kommunalpolitikers rührt.

Wäre es so, dass in den letzten Jahrzehnten das Geld sinnlos verprasst worden wäre, könnte man den erteilten Rüffel wenigstens verstehen. Doch anerkannt ist, dass die finanzielle Misere unserer Stadt nicht hausgemacht ist, sondern andere Ursachen hat: Wurden und werden uns doch immer mehr Aufgaben zugeschoben, ohne für einen angemessenen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Vor vielen Jahren waren es die Eisenbahnbrücken, heute sind es Schulreform oder Ganztagsbetreuung für Kinder, die für zusätzliche finanzielle Belastungen sorgen.

Doch es bleibt nicht bei einem einfachen Rüffel der ADD. Gleichzeitig wird uns Stadträten gesagt, wo es künftig lang gehen soll: Radwege, Millionenzuschuss an die Wohnungsbaugenossenschaft Beutelweg sind ok. Die Moselstadionsanierung oder der Bau eines Sportplatzes finden hingegen keine Gnade vor den von Land beauftragten Finanz-Wächtern, die dann gleich auch noch eine Erhöhung der Gewerbesteuer fordern.

Nicht, dass ich missverstanden werde: Die Prioritätensetzung will ich nicht kritisieren. Doch ist es nicht ureigene Aufgabe der gewählten Ratsmitglieder, Aufgabenschwerpunkte zu setzen? Offenbar eine Illusion!

Ich habe die Befürchtung, dass der Rat der Stadt Trier mehr und mehr zu einem Schein-Parlament verkümmert. Entscheiden dürfen wir dort immer weniger.

Es bleibt uns Ratsmitgliedern nur die undankbare Aufgabe, die Prügel der Bürger für das einzustecken, was in Trier wegen der leeren Kassen alles nicht gemacht werden kann. Ich weiß, das Klagelied ist uralt. Doch wir müssen uns – gleich welcher Couleur – immer wieder gemeinsam für den Erhalt unserer kommunalen Selbstverwaltung einsetzen!

Thomas Albrecht




SPD
Postfiliale in Trier-Süd wieder im Gespräch

Vor ein paar Tagen wurde ich informiert, dass die Postfiliale in Trier-Süd zum 1. August schließt. Das war schon ein kleiner Schock, denn in einem Stadtteil von circa 9000 Einwohnern, so groß wie manch kleine Stadt, sollte es schon eine Postfiliale mit Postbankschalter geben.
 
Eine Rücksprache mit Petra Brittner, die die Postfiliale seit vier Jahren betreibt, ergab, dass sie zwar ihr Geschäft in der Matthiasstraße 21 schließt, aber die Besitzer des Schreibwarengeschäftes schräg gegenüber die Postfiliale in ihren Räumen übernehmen. Zu den Gründen ihres Entschlusses wollte sich Frau Brittner nicht äußern. Sie, die immer freundlich und sehr hilfsbereit ihre Kunden bedient hat, war eine sehr beliebte Posthalterin.

Dagegen gibt die unternehmerische Zielsetzung der reinen Gewinnmaximierung bei Post und Post-Bank den Kunden immer wieder Anlass zur Beunruhigung. Diese Unternehmen sollten sich mal wieder überlegen, dass sie Dienstleistungsbetriebe sind, zu denen auch Leute hinkommen, die nur eine Briefmarke brauchen und kein größeres Gebinde.

Es leben in unserem Stadtteil viele ältere Leute, die ihre Rente auf ein Konto der Postbank überwiesen bekommen und von denen man nicht gut verlangen kann, ihre Geldangelegenheiten in der Innenstadt oder der Moltkestraße zu erledigen. Aber die Bedürfnisse der Menschen zählen heute leider nicht mehr, Hauptsache der Gewinn stimmt.

Ich wünsche Frau Brittner, die gelernte Einzelhandelskauffrau ist, dass sie einen neuen Wirkungskreis findet und für die Zukunft von Herzen alles Gute.
Ebenso wünsche ich den Betreibern der „neuen“ Postfiliale einen guten Start und viel Erfolg.
 
Jutta Föhr




Bündnis 90/Die Grünen
Ehrenamtliche Förderung des Radverkehrs

In der letzten Stadtratssitzung wurde über einen Antrag diskutiert, der die Einrichtung eines/einer ehrenamtlichen Fahrradbeauftragten für die Stadt Trier forderte. Der Aufgabenbereich erstreckt sich zum Beispiel auf die Vermittlung zwischen Verwaltung und BürgerInnen in Radverkehrsangelegenheiten oder jährliche Umsetzungsberichte zu Investitionen/Instandsetzungen.

Der Antrag bekam die Stadtrats-Mehrheit, mit einigen Änderungs- und Ergänzungsforderungen, auch von Grüner Seite. Denn der Radverkehr in Trier kann unserer Meinung nach durch ehrenamtlich Tätige nicht aus seinem Dornröschenschlaf erweckt werden. Ehrenamtliche leisten viele wertvolle Arbeiten in unserer Stadt. Doch der Radverkehr und dessen Förderung gehören zu den Pflichtaufgaben der Stadt: den Verkehr stadtverträglich zu gestalten.

Aufgrund der Stadtratsdiskussion wird die Verwaltung insbesondere prüfen, ob die Aufgaben verwaltungsintern übernommen werden können. Wir sind gespannt, ob tatsächlich VerwaltungsmitarbeiterInnen über freie Kapazitäten für diese umfangreiche Aufgabe verfügen.

Zudem soll, so unsere Forderung, im zuständigen Dezernatsausschuss intensiv darüber beraten werden, welche Aufgaben einE solcheR BeauftragteR genau übernehmen sollte. Und darüber, wie das eigentliche Ziel des Antrags – nämlich die Förderung des Radverkehrs – auch sonst noch erreicht werden könnte. Darunter fallen für uns Image-Kampagnen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Stadtverwaltung. Oder regelmäßige Bürgerforen zum Thema Radverkehr.

Oder vielleicht haben Sie einen Vorschlag, wie dem Radverkehr in Trier gedient wäre? Oder wären Sie tatsächlich gerne „ehrenamtlicheR FahrradbeauftragteR“ (wir zweifeln, lassen uns aber gerne überzeugen!)?

Mailen Sie uns Ihre Vorschläge an gruene.im.rat@trier.de

Anja Matatko




UBM
Prioritäten setzen
 
Als der Stadtrat im Februar 1996 auf Antrag der UBM die Erstellung von Stadtteilrahmenplänen für a l l e Stadtteile beschloss, ging es uns darum, auf der Grundlage umfassender Bestandsaufnahmen Wege in sozial und städtebaulich verträgliche Entwicklungen auf-zuzeigen. Ziel war auch, die knappen zur Verfügung stehenden Mittel dem wirklichen Bedarf entsprechend einzusetzen und nicht zuerst den Maßnahmen zuzusprechen, deren Ver-treter sich am lautesten zu Wort melden.
 
So wie sich unsere Fraktion mit Hartnäckigkeit für die Erstellung von Stadtteilrahmenplänen eingesetzt hat, so hartnäckig setzen wir uns
jetzt dafür ein, die von den Bürgern angeregten Maßnahmen in den Bürgergutachten schnellstmöglich umzusetzen. Es wäre mehr als bedauerlich, wenn die erarbeiteten Ergebnisse einfach verpuffen würden. Deshalb hat unsere Fraktion die Verwaltung aufgefordert, die Er-gebnisse und Wünsche intensiven bürgerschaftlichen Engagements, entsprechend einer Prioritätendebatte, wie von uns mehrfach ge-fordert, auf einer Zeitschiene zu ordnen. Es geht nicht darum, den Anschein zu erwecken, als könne jeder Anregung aus der Bürgerschaft kritiklos gefolgt werden. Eine Prioritätendebatte mit gesamtstädtischer Perspektive und nicht eine für einzelne Stadtteile vorgezogene Prioritätenumsetzung ist dringend erforderlich. Hierzu benötigt der Stadtrat einen Prioritätenvorschlag der Verwaltung, um dann politisch entscheiden zu können. Uns verwundert, wie vermehrt in letzter Zeit von Seiten der Verwaltung haushaltswirksame Zusagen im Alleingang gemacht wurden, obwohl das Haushaltsrecht dem Stadtrat zusteht. Wie soll zum Beispiel das begrüßenswerte Vorhaben „Stadt am Fluss“ realisiert werden, wenn für ausgeweitete Überschwemmungszonen stren-ge Bauvorschriften gelten? Wie ist das mit der Umsetzung der zahlreichen Bürgerwünsche aus den Gutachten? Es wird Zeit, ohne Hoffnungen und Wünsche, aber mit viel Realitätssinn die künftige Stadtpolitik zu planen und zu realisieren. Auf ideologischen Unsinn kann verzichtet werden. Zukunft braucht Mut. Zaudern führt zu keiner Lösung. Deshalb unser Appell an OB Klaus Jensen, dem Stadtrat schnellstmöglich eine Prioritätenliste für die großen Projekte vorzulegen. Aus vielen Ge-sprächen wissen wir, dass den Bürgern keine unverbindlichen Absichtserklärungen genügen, sondern dass man konkrete Maßnahmen mit genauen Ziel- und Zeitvorgaben zu deren Umsetzung erwartet.

UBM-Stadtratsfraktion






FDP
Das Dilemma mit dem Haushalt
 
In ihrem Schreiben vom 2. Mai versagt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) die Genehmigung des städtischen Haushalts 2008. Eine Entscheidung, die angesichts der im Genehmigungsverfahren aufgeworfenen Fragen  und der aktuellen Berichte über die Haushaltsgenehmigung des Kreises Trier-Saarburg nicht unerwartet kam. Unerwartet hoch sind jedoch die Forderungen für eine Genehmigung: 1,2 Millionen Euro sollen im Verwaltungshaushalt nachgebessert und die durch Kredite eingeplante Finanzierung im Vermögenshaushalt um runde 5,3 Millionen Euro zurückgeführt werden. Dies ist ein schwerer Schlag ins Kontor der kommunalen Selbstverwaltung. Die Stadt wird unverblümt aufgefordert, ihre – aus Sicht der ADD bislang ungenügend erfüllten – Haus-aufgaben zu machen. Doch wo soll gespart werden? Vielen Trierern ist es letztlich gleich, aus welchen Topf Mittel für ihre wichtigen Projekte kommen, solange sie nur fließen. Doch genau da soll die Stadt jetzt ansetzen: Viele Vereine, Institutionen und Initiativen im Bereich Sport, Kultur und Soziales leisten unverzichtbare Arbeit für das Gemeinwesen. Es ist gute Tradition der Stadt, diese Leistungen durch Zuschüsse zu unterstützen. Zuviel, wie die ADD meint. Statt die Zuschüsse auszuweiten, sind sie zurückzufahren und auch bestehende Verträge und Zusagen zu kündigen. Ausweitungen sind im Einzelfall vertretbar, solange ihnen Einsparungen gegenüberstehen. Schmerzliche Einschnitte kommen auf die Stadt zu. Wo sind wir bereit, Löcher zu schließen, um sie an anderer Stelle wieder aufzureißen? Und wo sind wir bereit, durch Mehrbelastungen der Bürger die Einnahmen zu verbessern? Auch notwendigen Investitionen schiebt die ADD einen Riegel vor, indem sie die Obergrenze für eine Finanzierung durch Kredite erheblich kürzt. Dies in einer Situation, in der die Stadt mehr offene Baustellen hat, als je zuvor: Sanierungsstau bei Schulen, Straßen (Aulbrücke, Loebstraße etc.), Rad- und Fußgängerwegen, Südbad, Eishalle, Moselstadion und so weiter. Missstände, auf deren Beseitigung der Bürger zu Recht drängt. Angesichts der Situation müssen erneut viele Maßnahmen überdacht werden, aber welche?

Der Stadtrat hat unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Vor Wahlen ist dies besonders schwer. Das Problem der chronischen Unterfinanzierung städtischer Haushalte ist damit jedoch keinesfalls zu lösen. Dies hätte die Bundesregierung in der Hand. Doch dort ist man mit sich selbst beschäftigt.

Thomas Egger