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17.11.2015

Lieblingsstücke unter der Lupe

Marlies Kaster präsentiert das von ihrem Großvater gemalte Porträt eines Lautenspielers bei der Kunstsprechstunde im Trebeta-Saal des Stadtumseums.
Marlies Kaster präsentiert das von ihrem Großvater gemalte Porträt eines Lautenspielers. Bei der Kunstsprechstunde im Trebeta-Saal des Stadtumseums informierte sie sich unter anderem über den Marktpreis und den Zustand des Werks.
Welcher Künstler hat mein Lieblingsbild gemalt? Aus welcher Zeit stammt es? Welchen Preis würde es auf einer Auktion erzielen? Und: Ist es künstlerisch wertvoll? Antworten auf diese Fragen gab es bei der öffentlichen Kunstsprechstunde im Stadtmuseum Simeonstift. Die Sachverständige Dr. Elisabeth Feilen und Restaurator Dimitri Bartashevich begutachteten dabei nicht nur Gemälde, sondern auch  Skulpturen, Porzellan, Schmuck und Puppen aus Privatbesitz.

„Wir überlegen, das Bild zu verkaufen, weil es einfach nicht mehr zum Stil unserer Wohnungseinrichtung passt. Jetzt weiß ich, was es wert ist“, sagt Marlies Kaster. Zur Kunstsprechstunde hat sie das Porträt eines Lautenspielers mitgebracht, das ihr eigener Großvater Wilhelm Stolzenberg 1904 gemalt hat und das vom Stil her an ein Rembrandt-Gemälde erinnert. „Das Bild ist in einem guten Zustand und früher schon einmal fachmännisch restauriert worden“, lobt Dimitri Bartashevich. Trotz leichter Verschmutzungen empfiehlt er, das Bild nicht reinigen zu lassen, weil dabei die Farben verfälscht werden könnten.

Wer an der Sprechstunde teilnehmen will, muss sich zwar anmelden, eine Vorauswahl der Werke wird aber nicht getroffen. Die Palette reicht vom Familienerbstück bis zum Flohmarktschnäppchen. „Jeder kann kommen, wir haben das bewusst als offene Veranstaltung konzipiert“, informiert Kathrin Schug, Pressesprecherin des Museums. So kann es passieren, dass ein vermeintlich impressionistisches Ölgemälde (Motiv: „Moulin Rouge mit Straße“) sich bei näherer Betrachtung als künstlerisch minderwertige Nachahmung und das beigefügte Zertifikat als Fälschung herausstellt. „Trotzdem war bis jetzt niemand beleidigt oder verärgert, weil zu hohe Erwartungen enttäuscht worden wären“, berichtet Schug.

Zu den ungewöhnlichsten und wertvollsten Objekten, die Feilen und Bartashevich buchstäblich unter die Lupe nehmen, zählt ein 50 mal 42 Zentimeter großes Silberrelief mit Berliner Motiven, darunter das Brandenburger Tor, die Siegessäule und das alte Stadtschloss. Die Besitzerin, eine ältere Dame aus Trier, hatte das Stück Ende der 90er Jahre zusammen mit ihrem Mann in einem Stockholmer Antiquitätengeschäft für circa 1000 Mark erworben: „Für mich als gebürtige Berlinerin ist das ein ganz besonderes Erinnerungsstück an meine Heimat.“ Elisabeth Feilen kann das Relief anhand eines Stempels auf die Zeit nach 1888 datieren. Ob es sich bei dem eingravierten Wort „Posen“ um den Herstellungsort oder den Namen des Künstlers handelt, bleibt zunächst offen. Zu vermuten ist, dass es sich ursprünglich um das Geschenk eines deutschen Diplomaten an einen schwedischen Würdenträger gehandelt hat.

Aus Sicht des Stadtmuseums, das eine große Werksammlung von Peter Krisam besitzt, ist es besonders interessant, dass bei der Kunstsprechstunde auch Aquarelle des bekannten Trierer Malers vorgestellt werden. Dabei taucht ein Motiv auf, das in Krisams umfangreicher Serie Trierer Stadtansichten bisher unbekannt war. Bartashevich kann die hier dargestellte Freitreppe dem Stadtteil Pallien zuordnen.

Die Marktpreise der gezeigten Werke werden von den Sachverständigen in den meisten Fällen auf einen drei- oder vierstelligen Eurobetrag geschätzt. Wobei Sammler und Liebhaber eines bestimmten Genres oft auch Summen bezahlen, die deutlich über dem Marktpreis liegen. Doch die allermeisten Teilnehmer der Kunstsprechstunde denken gar nicht an Verkauf: Sie wollen einfach etwas mehr über ihr Lieblingsstück erfahren.

  • Nächster Termin Kunstsprechstunde: Sonntag, 17. Januar, 15 Uhr, Stadtmuseum Simeonstift.