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31.03.2015

Einer der weiß, wohin er gehen möchte

Wolfram Leibe am Rednerpult
Wolfram Leibe erläuterte in seiner Antrittsrede, worauf er in den kommenden acht Jahren sein Augenmerk lenken wird.
„Vado, ma dove? – oh Dei!“ Sopranistin Evelyn Czesla singt diese Worte aus Mozarts Arie anlässlich der Einführung des neuen Oberbürgermeisters in der vollbesetzten Europahalle. Musikalisch begleitet wird sie vom Philharmonischen Orchester der Stadt Trier. Die große Flagge mit dem Trierer Stadtwappen hinter dem Orchester macht deutlich, dass dies heute kein klassisches Konzert ist. Die mehreren hundert Menschen, die auf den grün-grauen Stühlen im Saal Metz sitzen, wollen ihren neuen OB sehen. Das können sie und zwar in einem sehr feierlichen, streng nach Protokoll ablaufenden Rahmen. Insbesondere die musikalische Gestaltung durch das Orchester und die Sopranistinnen Evelyn Czesla und Joana Caspar verleihen der Veranstaltung einen feierlichen und würdevollen Charakter, der diesen besonderen Tag für die Stadt unterstreicht.

„Vado, ma dove? – oh Dei!“ Wie Noch-OB Klaus Jensen in seiner Rede verrät, bedeuten diese Worte übersetzt „Ich gehe, aber wohin? – Oh Gott!“ Leibe, so versichert Jensen, wisse jedoch schon heute ganz genau, in welche Richtung er das „Schiff Trier“ steuern werde.

Der künftige OB trägt einen dunkelblauen Anzug und braune Lederschuhe, an seiner Seite sind seine Frau, Professorin Andrea Sand, Tochter Pauline sowie seine Mutter, Anna Leibe. Sehr konzentriert, als ob er jedes Wort aufsaugt, so wirkt Leibe in weiten Teilen der Rede von Klaus Jensen. Der Noch-OB spricht von Herausforderungen, die seinen Nachfolger erwarten. Etwa die Demokratie gegen extremistische Umtriebe zu schützen oder der kommunalen Selbstverwaltung wieder mehr Spielräume zu verschaffen.

Dass sich Jensen und Leibe in Sachen Humor nicht unähnlich sind, zeigt sich, als der Noch-OB scherzhaft sagt: „Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich klammere mich nicht an das Amt, aber ich darf meinem Nachfolger die Amtskette vor dem 1. April noch nicht geben.“ Der großgewachsene Leibe entgegnet in Richtung Publikum trocken: „Das hat auch einen ganz praktischen Grund: Sie muss für mich erst einmal verlängert werden.“ Für eine humoristische Ader Leibes spricht auch das Zitat von Immanuel Kant, welches er am Ende seiner Rede anbringt: „Bei allen Herausforderungen des Lebens hilft Schlaf, Hoffnung und Humor.“

Während seiner Antrittsrede wirkt Leibe ruhig und konzentriert. Nur an wenigen Stellen ist Nervosität spürbar. Das, was er sagt, klingt entschlossen. Die Sanierung der Schulen sieht er als eine wichtige Aufgabe, die innerstädtische Mobilität müsse sozial- und umweltverträglich gestaltet werden. Als „ große Herausforderung“ bezeichnet er es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und die 700 städtischen Wohnungen zu sanieren.

Man spürt geradezu, dass Leibe die immensen Aufgaben, die ihn als Oberbürgermeister erwarten, direkt anpacken will. Gemeinsam mit dem Stadtrat: „Ich will Trier regieren – mit Ihnen zusammen“, spricht er die Ratsmitglieder unmittelbar an und macht eine einladende Handbewegung in Richtung der Bürgervertretung. Doch nicht nur Politisches bewegt den zukünftigen OB. Leibe erwähnt in seiner Rede auch den Mord an Laura-Marie Klein. Als Vater einer gleichaltrigen Tochter sei dieses Verbrechen für ihn ein „fürchterlicher Schock“ gewesen.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer versichert Leibe, dass die gute Zusammenarbeit zwischen Land und Trier bestehen bleibe. Man müsse auch weiterhin „an einem Strang ziehen“, bekräftigt sie. Einen Scheck habe sie aber noch nicht mitgebracht, scherzt Dreyer. Statt Geld gibt es für den künftigen OB aber ein Bild mit Trier-Ansicht.