Sprungmarken
10.06.2008

Unverzichtbares Element der demokratischen Kultur

Die Energieagentur der Lokalen Agenda 21 hat das Bürgersolarkraftwerk voran getrieben.
Die Energieagentur der Lokalen Agenda 21 hat das Bürgersolarkraftwerk voran getrieben.
„Die derzeitige Abkehr der Bürger von den Parteien und dem Politikbetrieb kann eine Gefahr für die Demokratie werden. Bürgerbeteiligung kann da ein wirksames Gegenmittel sein.“ Mit dieser Einschätzung eröffnete OB Klaus Jensen sein Statement bei der Zukunftskonferenz der Lokalen Agenda 21 über Bürgerbeteiligung. Deren Potenzial werde noch zu wenig genutzt. Mit Blick auf bisherige Aktivitäten lobte der OB das „eindrucksvolle Engagement“ der Bürger bei den Stadtteilrahmenplänen, die rund 1500 Projekte vorschlugen. Davon wurden zwischen 2001 und 2007 aber nur etwa 150 umgesetzt. Damit Enttäuschung und Frust nicht überhandnähmen, müssten die Gründe für die große Zahl noch nicht realisierter Projekte nachvollziehbar erklärt werden. Nach der Vorstellung der Bürgergutachten für Trier-Nord und die Stadtmitte konnten in einem neuen Verfahren die Bürger Prioritäten  festsetzen und es wurden Absichtserklärungen unterzeichnet. Jensen appellierte an die Bürger, die Mitwirkungsmöglichkeiten in den Ortsbeiräten und der Einwohnerfragestunde im Stadtrat stärker zu nutzen.
Als gelungene Beteiligungsbeispiele nannte er die Kohlekraftswerks-Anhörung  sowie die Aktion „Stadt am Fluss.“ Im zweiten Teil seines Vortrags, dem eine Einleitung von Professor Bernd Hamm vorausging, betonte Jensen, der gesamte Prozess werde nur gelingen, wenn Rat und Verwaltung sich konsequent beteiligten.
 
Noch mehr Bürger würden sich engagieren, wenn vorher klare Bedingungen festgelegt und eingehalten würden: „Die Regeln müsssen transparent und die Ergebnisse nachvollziehbar sein.“ Die Beteiligung der Bürger sei „ein ganz wichtiges Element der demokratischen Kultur“.

„Mut zu Kompromissen“

Beate Weber, von 1990 bis 2006 Oberbürgermeisterin in Heidelberg, verwies auf positive Erfahrungen mit diversen Beteiligungsformen. So wurde etwa die Qualität eines Wasserkraftwerks deutlich verbessert. Als Voraussetzungen für das Gelingen der Beteiligung nannte sie ein grundlegendes Umdenken der Kommunen, die Bereitschaft zum „Querdenken“, die Revidierbarkeit der Ergebnisse sowie den Mut zu Kompromissen. Vorher müssten Zeit und Umfang der Beteiligung, die auf eine möglichst breite Basis zu stellen sei, festgelegt werden.
 
Seine Erfahrungen als Berater in vielen Verfahren präsentierte Klaus Selle, Professor für Planungstheorie und Stadtentwicklung in Aachen. Solche Prozesse könnten nur gelingen, wenn sie von den Rathäusern wirklich gewollt und unterstützt würden: „Bürgerbeteiligung funktioniert nur ganz oder gar nicht“. Selle verweis auf den Frust bei engagierten Bürgern, wenn Versprechen nicht eingelöst oder Ergebnisse halbherzig umgesetzt würden.

Im letzten Vortrag vor der Podiumsdiskussion skizzierte der  Medienwisschaftler Professor Hans-Jürgen Bucher die Chancen des Web 2.0 für die Bürgerbeteiligung. Er nannte als positive Beispiel Internet-Bürgerblogs bei der Bundestagswahl 2005 und Online-Foren zu Kommunal-Projekten. Aber ohne Anstrengungen zur Verbesserung der Medienkompetenz breiter Bevölkerungskreise könne die „digitale Demokratie“ auch zu neuen Benachteiligungen führen.