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19.01.2010

Erschütternde Zeitzeugenberichte

Alles im Laufschritt. Der Luxemburger Künstler Albert Kaiser (1892-1973) verarbeitete seine Erfahrungen in Hinzert unter anderem in Linolschnitten, die in der Gedenkstätte gezeigt werden. Bild:?Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert
Alles im Laufschritt. Der Luxemburger Künstler Albert Kaiser (1892-1973) verarbeitete seine Erfahrungen in Hinzert unter anderem in Linolschnitten, die in der Gedenkstätte gezeigt werden. Bild:?Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert
Rund 13.600 Gefangene waren während des Zweiten Weltkriegs im SS-Sonderlager Hinzert bei Hermeskeil inhaftiert. Ihre Geschichte ist in der 2005 eröffneten Gedenk- und Dokumentationsstätte einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Nun hat die Landeszentrale für politische Bildung zu der Dauerausstellung einen 170-seitigen Katalog herausgebracht.

Obwohl in Hinzert offiziell nur 560 Schlafplätze zur Verfügung standen, drängten sich in dem Barackenlager im Schnitt 800, zeitweise sogar bis zu 1200 Häftlinge gleichzeitig. Es handelte sich zunächst vor allem um Fremdarbeiter, die zur „Arbeitserziehung“ eingewiesen wurden. Später kamen Widerstandskämpfer aus vielen europäischen Ländern sowie deutsche Angehörige der französischen Fremdenlegion hinzu.

Der Alltag in Hinzert war von einer völlig unzureichenden Ernährung und medizinischen Versorgung geprägt. Hinzu kamen die willkürlichen Schikanen und Gewalttätigkeiten der SS-Wachmannschaften. Die Gefangenen wurden zu schweren körperlichen Arbeiten herangezogen und dazu in Außenkommandos eingeteilt. In Trier verrichtete eines der Kommandos Kanalisations- und Straßenbauarbeiten.  Die Gesamtzahl der Toten, die diesen Haftbedingungen zum Opfer fielen, lässt sich nicht mehr genau ermitteln. Zweifelsfrei dokumentiert sind 321 Todesfälle bis zur Auflösung des Lagers im März 1945.

Eine besondere Bedeutung hat das SS-Sonderlager Hinzert für die Erinnerung an die Widerstandsbewegung in Luxemburg. Ihre Angehörigen stellten stets einen großen Anteil der Häftlinge. Zu ihnen zählte auch der spätere Ministerpräsident Pierre Frieden. Im September 1942 und im Februar 1944 wurden insgesamt 43 Luxemburger in der Nähe des Lagers standrechtlich erschossen, ihre Leichen im Wald verscharrt.

Juncker: „Symbol der Hoffnung“

In seinem Grußwort im Ausstellungskatalog schreibt der luxemburgische Premier und Trierer Ehrenbürger Jean-Claude Juncker: „Das SS-Sonderlager Hinzert war ein Ort des Todes. Diejenigen, die überlebt haben, haben die kaputten Dörfer und Städte wiederaufgebaut, alte Feindschaften begraben und Europa zu einem Kontinent der Versöhnung, des Friedens und der Freiheit gemacht. Deshalb ist dieser Ort auch ein Symbol des Lebens und der Hoffnung.“

Geschichte und Alltag des Lagers, der Häftlinge und der Täter werden in dem Katalog mit reichem Bildmaterial, aber auch durch die zum Teil erschütternden Berichte von Zeitzeugen ausführlich dokumentiert. Ein eigenes Kapitel ist den in erstaunlicher Vielzahl erhaltenen künstlerischen Zeugnissen der Häftlinge über ihre Leidenszeit in Hinzert gewidmet.
  • Landeszentrale für Politische Bildung (Hg.): Gedenkstätte SS-Sonderlager/KZ Hinzert – Ausstellungskatalog (Verfolgung und Widerstand in Rheinland-Pfalz 1933-1945, Bd. 2), 173 Seiten.
  • Verkauf: Gedenkstätten Hinzert und Osthofen, 10 Euro. 
  • Bestellung: NS-Dokumentationszentrum Rheinland-Pfalz, Am Ziegelhüttenweg 38, 67574 Osthofen, Fax: 06242/910820, E-Mail: info@ns-dokuzentrum-rlp.de, 11,50 Euro.