Sprungmarken
11.12.2007

Regionale Kunst auf der Höhe der Zeit

Pia Müller in ihrer Video-Performance „Puppenstunde“.
Pia Müller in ihrer Video-Performance „Puppenstunde“.
Avantgarde statt Spätantike, multimediale Installationen statt Statuen und Wandteppiche: Mit der Ausstellung zum Robert-Schuman-Preis, die am Sonntag eröffnet wurde, demonstriert das Stadtmuseum Simeonstift einen Monat nach Konstantin seine Wandlungsfähigkeit.

Gewinnerin des Kunstpreises Robert-Schuman 2007 ist die Video- und Performance-Künstlerin Pia Müller. Die der Gegenwartskunst in der Großregion gewidmete und mit 10 000 Euro dotierte Auszeichnung wird alle zwei Jahre von den QuattroPole-Städten Metz, Saarbrücken, Luxemburg und Trier verliehen. Das Stadtmuseum zeigt bis zum 20. Januar die Arbeiten der Preisträgerin und der übrigen Wettbewerbsteilnehmer.

Zwischen Wohlgefühl und Ekel

Pia Müller wurde in Wittlich geboren, besuchte die Fachoberschule für Gestaltung in Trier und studierte an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken. 2006 schloss sie ihre Ausbildung mit dem Diplom und der Ernennung zur Meisterschülerin ab. Die 29jährige blieb nach Bekanntgabe der Jury-Entscheidung bescheiden:¿„Ich war schon sehr glücklich darüber, überhaupt an so einer renommierten Ausstellung teilnehmen zu können.“ In ihrem Wettbewerbsbeitrag „Puppenstunde“ erlebt der Betrachter per Video mit, wie die Künstlerin in immer kürzeren Zeitabständen mit Erdbeeren gefüttert wird. Der anfängliche Genuss verwandelt sich bald in Überdruss und Qual, bis sie offensichtlich keine weiteren Früchte mehr aufnehmen kann. In der Performance „Schlaflabor“ stellt Müller einen ihrer Angstträume nach, in dem sie vergeblich versucht, eine steile Metallrampe zu erklimmen. Gleichzeitig erscheint die Künstlerin in einer Videosequenz, die im Schlaflabor während einer Traumphase aufgenommen wurde.

„Das Werk von Pia Müller strahlt hohe Sinnlichkeit aus und entfaltet eine starke emotionale Wirkung auf den Betrachter“, heißt es in der Begründung der Jury, in der Experten aus allen vier Städten vertreten sind. „Das Spiel zwischen Wohlgefühl und Ekel, das Ausreizen der eigenen körperlichen Belastbarkeit und die Thematisierung der körperlichen Wahrnehmung sind wichtige Elemente in der Kunst. Pia Müllers Arbeiten schließen alle diese Aspekte mit ein.“

Im Rahmen eines Festakts im überfüllten Trebeta-Saal des Stadtmuseums überreichte Oberbürgermeister Klaus Jensen die Urkunde an Pia Müller. Festredner Bazon Brock, Professor für Kunst und Ästhetik an der Universität Wuppertal, ging in seinem Vortrag auf die künstlerische Autorität und Autonomie jedes Einzelnen ein.

Insgesamt 16 Künstler aus der Großregion hatten sich mit Werken unterschiedlicher Genres gegenwärtigen Kunstschaffens um den Preis beworben. Von Malerei über Videokunst, Plastik, Zeichnungen und Fotografie bis hin zu Installationen und Performances präsentiert die Ausstellung (Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr) ein hohes Niveau zeitgenössischer Kunst und spannender Künstlerpositionen. Soziales Mit- und Gegeneinander, globale und regionale Nähe, Mensch, Natur und Stadtraum sowie Individualität und individuelle Unterschiede sind zentrale Themen, die die Künstler auf unterschiedliche Weise in ihren Werken beleuchten.

„Best of“ in der Kunstakademie

Eine Besonderheit des diesjährigen Schuman-Kunstpreises ist die Einladung an den rumänischen Künstler GORZO, der Sibiu, die weitere Kulturhauptstadt Europas 2007, in der Ausstellung vertritt. Drei Werke werden von ihm präsentiert, wobei er nicht zu den Bewerbern um den Kunstpreis gehörte.

Zeitgleich wird in der Kunsthalle der Europäischen Kunstakademie der „Kunstpreis Robert Schuman – Best of“ (Dienstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr) mit allen vergangenen Preisträgern präsentiert. Mehrere von ihnen gehören mittlerweile zu international bekannten und gefragten Künstlern, was die Qualität des Preises verdeutlicht. So erhielt die Luxemburgerin Su-Mei Tse (Preisträgerin 2001) für ihren Beitrag zur Biennale in Venedig 2003 den Goldenen Löwen für den besten Nationenpavillon. Mit der Retrospektive wird eine Zwischenbilanz des bedeutenden Kunstpreises gezogen und die Vernetzung des Kulturraums der Großregion anschaulich gemacht.