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09.08.2022

Hortus deliciarum

Nachdruck des mittelalterlichen Hortus Deliciarum aus dem Jahr 1818.
Nachdruck des mittelalterlichen Hortus Deliciarum aus dem Jahr 1818. Foto: Médiathèque André Malraux/Signatur: A 481 fol 32

Auch in dieser Woche präsentiert die Rathaus Zeitung ein Highlight der in Trier laufenden Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“. Im Fokus steht eine Abbildung der sieben freien Künste, die in der ergänzenden Sonderausstellung „Das Fortwirken Roms in der Bildungsgeschichte des Mittelalters“ in derSchatzkammer zu sehen ist.

Die bekannteste Darstellung zu den sieben freien Künsten stammt aus einer Straßburger Handschrift des zwölften Jahrhunderts, dem berühmten „Hortus deliciarum“.Obwohl das Original der Handschrift im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 vernichtet wurde, liegen hochwertige Nachbildungen vor.

Erstmals außerhalb von Frankreich

Ein Druck von 1818 ist Teil der Schatzkammer-Ausstellung. Die Médiathèque André Malraux aus Strasbourg hat diese Leihgabe zur Verfügung gestellt. Sie wird zum ersten Mal außerhalb Frankreichs gezeigt. Zu sehen ist die antike Konzeption der sieben freien Künste in einer christianisierten Form. Im Zentrum thront die Gestalt der christlichen Philosophie. Sie erinnert an Darstellungen der Gottesmutter Maria und symbolisiert die Kirche. Aus ihrem Herzen fließen sieben Ströme des Wissens hervor, die sieben freien Künste. Sie sind in einem äußeren Kreis als allegorische Gestalten einzeln dargestellt. In ihren Händen tragen sie typische Gegenstände ihrer Wissenschaften. Drei Disziplinen umfassen die sprachlichen Bereiche Grammatik, Dialektik und Rhetorik, vier Disziplinen die mathematischen Fächer Musik, Arithmetik, Geometrie und Astronomie. Außerhalb der Kreiskomposition sind vier schreibende Gestalten zu sehen, die als Dichter und Zauberer bezeichnet werden. Krähen flüstern ihnen Todesbotschaften ins Ohr. Es sind die Vertreter der heidnischen Dichtung, die hier gemeint sind.

Doch anderes als dargestellt, hat der „Hortus deliciarum“, wie das Mittelalter insgesamt immer wieder gerne auf die Literatur und das Wissen der Antike zurückgegriffen. Der Kirchenvater Augustinus schreibt hierzu: Ebenso wie die Israeliten beim Auszug aus Ägypten Gold und Silber mitgenommen hätten, so sollten die Christen Kenntnisse und Fertigkeiten aus der heidnischen Antike mitnehmen. Die Ausstellung der Schatzkammer an der Weberbach zeigt schlüssig, dass es nicht nur den Untergang Roms gegeben hat, sondern auch das Fortwirken in Bildung und Kultur.