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28.09.2010

Deutsch-römische Institution

Kurator Günther Nicolin (Stefan-Andres-Gesellschaft Schweich) arrangiert in einer Vitrine die letzten Exponate. Im Hintergrund ein Selbstporträt des Schriftstellers aus dem Jahr 1940.
Kurator Günther Nicolin (Stefan-Andres-Gesellschaft Schweich) arrangiert in einer Vitrine die letzten Exponate. Im Hintergrund ein Selbstporträt des Schriftstellers aus dem Jahr 1940.
Der aus der Nähe von Schweich stammende Stefan Andres (1906-1970) war einer der populärsten deutschen Autoren der 40er und 50er Jahre. Eine neukonzipierte Ausstellung der Stefan-Andres-Gesellschaft in der Stadtbibliothek rückt unter dem Motto „Der Deutschrömer“ das Spätwerk und seine letzten Lebensjahre in Italien in den Fokus.  

In der neuen Ausstellung entsteht mit vielen zeitgenössischen Dokumenten  ein differenziertes Bild der deutschsprachigen Literatur-szene  der „ewigen Stadt“, die seit Goethes italienischer Reise ein Sehnsuchtsort vieler Schriftsteller und Maler war. Andres war zunächst 1937 mit seiner Familie nach Italien gegangen, weil das Leben in Deutschland für seine jüdische Frau zu gefährlich wurde. Nach weiteren Aufenthalten ließ er sich 1961 im Rom nieder, auch aus Enttäuschung über die aus seiner Sicht nicht gelungene Erneuerung der deutschen Gesellschaft nach der NS-Katastrophe. Er entwickelte sich zu einer Institution des dortigen literarischen Lebens. Man könne sich Rom ohne Andres nicht mehr vorstellen, heißt es in Nachruf des „Tagesspiegel“: „Rom ist um ein Original, ein Glied in der langen Kette der Deutschrömer ärmer geworden.“ Wie kaum ein anderer deutscher Autor war Andres  intimer Kenner des römischen Alltags und pflegte vielfältige Kontakte zu Theologen, aber auch zu Kollegen wie Ernst Jünger, Marie Luise Kaschnitz und Luise Rinser. Schwieriger gestaltete sich das Verhältnis zu  jüngeren Schriftstellern. Zudem wurde Andres, der mit der Novelle „Wir sind Utopia“ seinen vermutlich größten Erfolg feierte, auf den Beststellerlisten der 60er Jahre vor allem durch Heinrich Böll und Günter Grass abgelöst.

Bibliotheksdirektor Professor Mi-chael Embach hob zur Ausstellungseröffnung die traditionell enge Zusammenarbeit mit der Stefan-Andres-Gesellschaft hervor: „Der Name Stefan Andres braucht in Trier nicht erklärt zu werden. Man kennt und schätzt den großen Dichter und Menschen. Dennoch bedarf es der Vermittlung, um sicherzustellen, dass dies auch in Zukunft noch so ist. Die Ausstellung soll mithelfen, Person und Werk des großen Moselländers im Bewusstsein der Öffentlichkeit zu verankern und neue Wege zu seinem hochinteressanten Werk zu eröffnen.“