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07.11.2006

Xiamen sagt "Ni Hao" zu Trier

Partnerschaft mit südchinesischer Millionenstadt angestrebt

Die Skyline der südostchinesischen Stadt Xiamen, mit der Trier freundschaftliche Kontakte pflegt.
Die Skyline der südostchinesischen Stadt Xiamen, mit der Trier freundschaftliche Kontakte pflegt.
Trier und Karl Marx – lange Zeit nicht unbedingt eine Liebesbeziehung. Doch seit der in der Brückenstraße geborene Theoretiker des Kommunismus und leidenschaftliche Kritiker des Kapitalismus immer mehr chinesische Gäste nach Trier lockt und die Reisenden aus Fernost inzwischen die zweitstärkste Gruppe unter den ausländischen Besuchern bilden, gewinnen auch die Stadtväter ihrem berühmten Sohn ganz andere Qualitäten ab. Und jetzt hat dank Karl Marx mit Xiamen eine der modernsten und wirtschaftskräftigsten Städte der Volksrepublik ihr Interesse an einer Zusammenarbeit mit Trier bekundet.

Chinesischer Kapitalismus

Ironie der Geschichte: Die Stadt Xiamen liegt in einem so genannten Sonderwirtschaftsgebiet, in dem seit über 20 Jahren die reine kapitalistische Markwirtschaft immer mehr die Entwicklung bestimmt. Und die ist mehr als rasant. Davon konnte sich eine Trierer Delegation unter Leitung von Oberbürgermeister Helmut Schröer überzeugen. Moderner Hochhausdschungel, tropisches Klima und fernöstliche Kultur: Die Trierer Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Tourismus und Bildung lernten auf ihrer achttägigen Reise verschiedene Facetten der südchinesischen Millionen-Metropole Xiamen kennen und konnten dort Kontakte knüpfen und ausbauen.

Fasziniert zeigte sich der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Trier, Hans-Hermann Kocks, von den Möglichkeiten, die sich mit der vereinbarten engen Zusammenarbeit vor allem für heimische Betriebe auftun. „Wir haben die Chance über diese Kontakte viel unbürokratischer und schneller in China Geschäfte machen zu können.“ Erste Geschäftsfelder sollen schon im kommenden Jahr auf einer großen Lebensmittelmesse vor Ort beworben werden.

Xiamen entwickelte sich in den letzten 25 Jahren mit einer enormen Dynamik. Möglich wurde dies durch eine Politik des Übergangs von einer zentral verwalteten Wirtschaft kommunistischen Typs hin zu einer – wenn auch stark kontrollierten – Marktwirtschaft, die neben Staats- auch Privatbetrieben Raum eröffnet hat. Xiamen ist seit Anfang der 80er Jahre eine der ersten fünf speziellen Wirtschaftszonen Chinas. Durch ihre Stellung als Sonderwirtschaftszone konnten sich in der südchinesischen Metropole große Industriebetriebe aus dem Ausland ansiedeln. Die drei wichtigsten Branchen sind Elektronik, Maschinenbau und Chemie. Zur Zeit warten 200 Betriebe auf die Zuteilung von erschlossenem Gelände. Die Stadtregierung von Xiamen bemüht sich in jüngster Zeit verstärkt, auch kleinere Unternehmen anzusiedeln.

Kooperation zwischen den Unis

Die Universität mit 35.000 Studierenden, die eine Spitzenstellung unter Chinas Hochschulen einnimmt, steht bereits seit längerer Zeit in engem Kontakt zur Universität Trier. Es ist geplant, ein gemeinsames „Konfuzius-Institut“ zu gründen. Die Uni Xiamen bat die Trierer Delegation zudem um Unterstützung beim Aufbau eines deutschsprachigen Studienganges in Xiamen.

Xiamen liegt in der Provinz Fujian, der chinesischen Partnerregion von Rheinland-Pfalz. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts wurde sie von den Europäern als Handelshafen genutzt. Im 19. Jahrhundert war hier der Hauptexporthafen für Tee. Die Bevölkerung Xiamens wächst rasant: Ende 2005 waren 1,53 Millionen Einwohner offiziell registriert, die Zahl der ständigen Einwohner liegt bei 2,3 Millionen. Im Jahr 2011 wird Xiamen voraussichtlich 3,5 Millionen Einwohner haben. Trotz massiven Bevölkerungswachstums gibt es in der Stadt keine Slums. Die städtische Planung, verbunden mit privaten Immobilieninvestitionen, hat es bisher geschafft, ausreichend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Systematisch werden ganze Stadtviertel mit alter Bausubstanz in moderne Hochhaus-Viertel umgewandelt.
 
Die Stadt Xiamen verfügt über ein vielfältiges touristisches Angebot, das noch im Aufbau begriffen ist. Eine wichtige Grundlage der Tourismusentwicklung bildet der Masterplan, der vor drei Jahren von dem in Trier ansässigen Europäischen Tourismus Institut (ETI) erarbeitet wurde. Besondere Highlights in Xiamen sind die vorgelagerte verkehrsfreie Insel Gulangyu mit ihren Villen und Gartenanlagen aus der portugiesischen Kolonialzeit. Dort befindet sich auch das einzige Klaviermuseum Chinas.