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13.03.2007

Horror-Kino in der Hosentasche

Über 90 Prozent der Jugendlichen zwischen 12und 19 besitzen ein Handy. Wer sich nicht richtig auskennt und beispielsweise Bluetooth ständig eingeschaltet hat, dem können auch ohne eigenes Wissen Gewalt- oder Pornovideos überspielt werden.
Über 90 Prozent der Jugendlichen zwischen 12und 19 besitzen ein Handy. Wer sich nicht richtig auskennt und beispielsweise Bluetooth ständig eingeschaltet hat, dem können auch ohne eigenes Wissen Gewalt- oder Pornovideos überspielt werden.
Er wirkte plötzlich verstört und weigerte sich, in die Schule zu gehen. Erst als der zehnjährige Schüler von seiner Mutter zur Rede gestellt wird, kommt heraus: Ein 15jähriger hatte ihrem Sohn ein Handy-Video unter die Nase gehalten, auf dem ein Mann in einem Waldstück grausam geköpft wird. Mit „Pass auf, dass ich so was nicht mit dir mache“ hatte dieser den Zehnjährigen eingeschüchtert. Der Fall landete auf dem Tisch von Uwe Konz, Beauftragter für Jugendsachen bei der Trierer Polizei. „Dem Täter war gar nicht bewusst, was er mit seiner Aktion anrichtet“, erinnert sich Konz.

Ähnliche Fälle machen seit geraumer Zeit immer wieder Schlagzeilen. Jugendliche laden Gewaltvideos aus dem Internet auf ihre Mobiltelefone, um sie untereinander auszutauschen oder anderen damit zu drohen. Mit ihren Kamerahandys filmen sie daneben reale oder inszenierte Gewaltszenen und stellen sie ins Internet. Ob Prügelei, Vergewaltigung, rechte Propaganda, Pornografie oder „Snuff-Videos“, die die Hinrichtung oder Folterung von Menschen zeigen – im weltweiten Datennetz ist alles zu haben. Aus England kommt das Phänomen „Happy Slapping“, übersetzt „fröhliches Draufschlagen“. Ein verharmlosender Begriff für Gewalt, die nur ausgeübt wird, damit sie auf Handykameras festgehalten und verbreitet werden kann.

Für den Trierer Arbeitskreis Gewaltprävention ist Gewalt auf Schülerhandys ein wichtiges Thema der diesjährigen Gewaltpräventionswochen. „Wir wollen Jugendliche zum kompetenten Umgang mit diesen Medien und zu einer kritischen Haltung befähigen. Daneben müssen Eltern und Lehrer umfassend über die technischen, rechtlichen und sozialen Erfordernisse der Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen informiert werden“, so Carsten Lang, Jugendschutzbeauftragter für die Stadt und den Landkreis Trier-Saarburg. Um diesen Zielen näher zu kommen, bietet der AK Gewaltprävention am Donnerstag, 22. März, 19 Uhr, im Jugendzentrum Exzellenzhaus eine Infoveranstaltung für Erwachsene an. Referent ist Polizeihauptkommissar Jürgen Paulus.

Gewaltvideos als „Trophäe“

„Vielen Jugendlichen und Eltern ist gar nicht bewusst, wie viele Straftaten man mit so einem kleinen Gerät begehen kann“, weiß Lang. Verletzung des Urheberrechts, Verbreitung von pornografischem Material: Im schlimmsten Fall kann das ein Jahr Gefängnis bedeuten. „Einem Minderjährigen ein Gewaltvideo zugänglich zu machen, sprich zu zeigen, ist bereits eine Straftat“, ergänzt Konz.

Manchen Jugendlichen kennen die Konsequenzen offenbar nicht. Je brutaler die Gewaltszene, desto mehr Aufsehen erregt das Video, das wie eine Trophäe gehandelt wird. Die Verbreitung geht „dank“ Bluetooth und Infrarot-Schnittstelle blitzschnell. Bilder und Videos können auf diesem Weg auch auf Handys von Ahnungslosen landen. „Die Kids haben mit ihren modernen Mobiltelefonen das Internet in der Hosentasche – mit allen Möglichkeiten und Gefahren“, so Konz.