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29.09.2009

In Stresssituationen richtig handeln

Erfolgreiche Rettung: Vier Feuerwehrmänner konnten einen Verletzten aus Rauch und Flammen retten. Atemschutzmasken bewahrten die Lebensretter davor, selbst ein Opfer zu werden.
Erfolgreiche Rettung: Vier Feuerwehrmänner konnten einen Verletzten aus Rauch und Flammen retten. Atemschutzmasken bewahrten die Lebensretter davor, selbst ein Opfer zu werden.
Feueralarm. Starker Rauch breitet sich aus, versperrt Mitarbeitern der Firma Mead Westvaco den Fluchtweg aus dem ersten Stock durch das Treppenhaus. Sven K. fällt das Atmen immer schwerer. Mit letzter Kraft rettet er sich auf das Flachdach. Rund ein Duzend seiner Kollegen schleppen sich hinter ihm her. Laute Hilferufe, unterbrochen von ersticktem Husten, hallen über das Gelände. Ruß hat die Gesichter und Kleider der Mitarbeiter geschwärzt.

Doch sie spielen nur eine Rolle, simulieren den Ernstfall, mimen mit viel Hingabe und offensichtlichem Spaß die Verletzten. Die Angestellten von Mead Westvaco und die Ehrenamtlichen der Feuerwehr sind als Darsteller diejenigen, die die Großübung von Berufsfeuerwehr, den Löschzügen Pfalzel, Biewer, Ehrang sowie den Schnellen Einsatzgruppen Trier und Mosel-Eifel beim Verpackungshersteller Mead Westvaco in der Schiffstraße erst realistisch machen. Schreien, panische Reaktionen und ein Verhalten, das ihren Verletzungen entspricht, gehören dazu. Die Darsteller sind genaustens instruiert, die Verletzungen detailgetreu auf ihre Körper geschminkt.

Eingeschlossen in der Halle

Im Inneren der Halle liegen zwei Mitarbeiter einer Montagefirma auf dem Boden. Bewusstlos. Einige ihrer Kollegen sind zwar noch bei vollem Bewusstsein, aber ihre starken Verbrennungen lassen sie vor Schmerz aufschreien. Die 30 Männer sind eingeschlossen in der Halle, zwischen Rauch und Flammen, zu schwach, um sich nach draußen retten zu können. Dabei wollten sie nur das Feuer löschen, das wegen eines Defekts an der Staubsammelanlage ausbrach und lange unentdeckt blieb. Doch Hitze und Rauch waren zu groß, auf ihre eigene Sicherheit haben sie nicht geachtet.

Die Selbsthilfekräfte der Firma setzen den Notruf ab. Beschäftigte stehen fassungslos vor der Halle. Einer berichtet den Feuerwehrmännern des eintreffenden Löschzugs Pfalzel von den vermissten Monteuren. Die Hilferufe vom Dach werden lauter. Dichter Rauch dringt aus der Halle.
Es ist ein Großschadensfall. Während der Löschzug Pfalzel beginnt, die Arbeiter vom Dach über Leitern zu retten und unter Atemschutz das Bürogebäude zu durchsuchen, treffen der Löschzug der Berufsfeuerwehr, ein Rettungswagen und das Notarzteinsatzfahrzeug ein. Doch die Lage hat sich verschlimmert: Halle 3 steht in Flammen, weitere Einsatzkräfte werden alarmiert. Hauptberufliche Feuerwehrmänner, Sanitäter und Ärzte treffen auf dem Gelände mit Ehrenamtlichen zusammen, alle arbeiten Hand in Hand, betreuen 40 Verletzte. Rund 200 Leute üben einen realistischen Einsatz.   „Um gerade in solchen Stresssituationen die Gefahren zu beherrschen, sind Großübungen so wichtig. Wir üben das Zusammenspiel zwischen den Einsatzkräften“, sagt Olaf Backes von der Berufsfeuerwehr.

Reibungsloser Ablauf

In deren Einsatzzentrale laufen die Telefone heiß: Wer kann wie viele Brand-opfer aufnehmen, welches Krankenhaus hat freie Kapazitäten, wann kann der Rettungshubschrauber vor Ort sein? Diese Koordination läuft im Hintergrund ab, garantiert den reibungslosen Ablauf, die optimale Versorgung der Patienten, die nach dem Triage-System vor Ort eingeteilt werden: Grün muss betreut werden, Gelb bedeutet leicht verletzt, Rot heißt schwer verletzt, Blau ist nicht mehr zu retten und Schwarz ist tot. Blaue und schwarze Karten bleiben bei der Übung in den Taschen. In Zelten werden die Leute versorgt, die die Feuerwehrmänner in Sicherheit gebracht haben. Ökumenische Notfallseelsorger, die erstmals an der Übung beteiligt sind, stehen den Geretteten bei, benachrichtigen die Angehörigen der Schwerverletzten.

Während die Großübung noch voll im Gange ist, zieht Geschäftsführer Sven Binz ein erstes Fazit: „Wir haben in der Vorbereitungsphase viele Schwachpunkte erkannt und lernen, was wir noch alles verbessern müssen, um unsere Mitarbeiter so sicher wie möglich zu beschäftigen. “