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30.06.2009

Unvergessenes "Saufbähnchen"

Im Sommer 1966 verlässt ein Zug der Moseltalbahn mit einem VT 66-Triebwagen den Bahnhof Trittenheim Richtung Trier.
Im Sommer 1966 verlässt ein Zug der Moseltalbahn mit einem VT 66-Triebwagen den Bahnhof Trittenheim Richtung Trier.
An ein besonderes Kapitel der regionalen Eisenbahngeschichte erinnert der Trierer Historiker und Numismatiker Dr. Karl-Josef Gilles. Mit 225, zum größten Teil noch unveröffentlichten Fotos präsentiert er in einem neuen Buch die Geschichte der Moseltalbahn, die zwischen 1903 und 1968 38 Orte zwischen Trier und Bullay ansteuerte. Die 1905 fertiggestellte, rund 102 Kilometer lange Trasse war die teuerste Kleinbahnstrecke des damaligen Deutschen Reichs. Die Fotos zeigen die Baugeschichte, zahlreiche Details der Trasse am rechten Fussufer mit eindrucksvollen Viadukten und vielen verschiedenen Bahnhofsgebäuden. Das Buch ist gleichzeitig eine Fundgrube für Bahntechnik-Fans mit unzähligen Fotos von Lok- und Zugmodellen sowie Triebwagen aus mehr als 60 Jahren. Eine Attraktion war der gläserne Zug, in dem die Passagiere einen besonderen Ausblick ins Moseltal genießen konnten.
 
Straßenbahn in Trier

Beim Gütertransport spielte naturgemäß der Wein eine besondere Rolle: An vielen Bahnhöfen gab es einen Kran zum Verladen der Fässer. Gilles dokumentiert aber auch, mit welchen besonderen Herausforderungen der Bau einer Bahnstrecke direkt an einem Fluss verbunden war und welche Verwüstungen die Fluten immer wieder anrichteten. So wurden nach einen „Jahrhunderthochwasser“ 1925 ganze Schienenabschnitte aus dem Gleisbett gerissen. Das letzte Stück der Moseltalbahntrasse in Trier führte bis 1966 als eine Art Straßenbahn über die Kürenzer Straße zum Hauptbahnhof. In Trier-Nord gab es damals noch einen Bahnhof.

Spitzname seit 1908

Die Popularität des unter dem liebevollen Namen „Saufbähnchen“ bekannt gewordenen Verkehrsmittels zeigte sich zum Beispiel durch die Protestplakate, die an dem Wagen hingen, als am 31. Dezember 1962 der letzte Zug in Bernkastel-Nord einfuhr. Auch diese historische Facette ist durch mehrere Fotos anschaulich dokumentiert. Die Bezeichnung „Saufbähnchen“ hängt damit zusammen, dass seit 1908 in einigen Zügen Wein aus den Orten ausgeschenkt wurde, die die Moseltalbahn gerade durchquerte.

  • Dr. Karl Josef Gilles: „Die Moseltalbahn – Das Saufbähnchen“, Reihe „Auf Schienen unterwegs“, Sutton-Verlag, Erfurt, ISBN Nr. 978-86680-467-8