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04.08.2015

Inseln der Erinnerung finden

Gruppe des Demenzzentrums zu Gast im Stadtmuseum

Konzentriert lauscht die Gruppe vom Demenzzentrum der Führung. Foto: Demenzzentrum
Konzentriert lauscht die Gruppe vom Demenzzentrum der Führung. Foto: Demenzzentrum
Eine Gruppe des Demenzzentrums, mit Angehörigen und Betreuerinnen nahm das Angebot des Stadtmuseums wahr, an der Führung „Trier in alten Ansichten“ teilzunehmen. Dabei bestätige sich, dass Objekte der Stadtgeschichte wie das Marktkreuz ein Schlüssel zur emotionalen Welt der Patienten sind und an frühere Erlebnisse anknüpfen. Dieser Ansatz hat das Ziel, Erinnerungsinseln bei den Patienten aufzuspüren.

Museumsmitarbeiterin Alexandra Orth präsentierte der Gruppe unter anderem die Steipenfiguren und erzählte von Kaiserin Helena, die den Rock Jesu aus dem Heiligen Land mitgebracht haben soll, vom Stadtpatron Petrus und dem heiligen Paulus, der als Schutzpatron der Universität gilt. Am Stadtmodell des 18. Jahrhunderts erkannten die Besucher vieles aus ihrer Jugend wieder. Auf die Frage „Wo ist die Porta Nigra?“ suchten die Augen nach Orientierungspunkten, wanderten über die winzigen Häuschen, bis der Blick am Dom hängen blieb. Die Porta entdeckte die Gruppe erst auf den zweiten Blick, denn das Stadttor hatte zu dieser Zeit noch die Gestalt einer Kirche. Kurz nach 1800 sorgte dann Napoleon dafür, dass die Porta wieder ihre ursprüngliche Gestalt erhielt.

Orth berichtete auch über die an der Mosel gelegene Martinsmühle, auf deren Grundmauern später das sogenannte „Martinsbad“ entstand. Im September 1963 fiel es dem Ausbau der Uferstraße und des östlichen Kaiser-Wilhelm- Brückenkopfes zum Opfer. Gemälde mit Trierer Ansichten regten ebenfalls zu Gesprächen an. Ein Besucher erzählte von der Gasse „Sieh um Dich“. Hier wurde 1956 bei Arbeiten an dem angrenzenden Gebäude Domfreihof 3 die gotische Inschrift „Sieh um dich“ aus dem 15. Jahrhundert wiedergefunden. Nach ihr wurde die Gasse benannt. Wenn man sich in vergangener Zeit etwas hatte zu Schulden kommen lassen, konnte man durch den Eintritt in die Domimmunität erhoffen, vor der weltlichen Verfolgung sicher zu sein und warf vorher nochmal einen Blick zurück.

Nach der Führung, die künftig in lockerer Folge etwa alle drei Monate angeboten werden soll, schaute die Gruppe im Museumskino zwei alte Filme an. Zunächst ging es um eine Autofahrt über die Simeonstraße im Jahr 1904. Der zweite Film zeigte einen Blumenkorso von 1914.

An einer Kaffeetafel im Museum besprach die Gruppe das Erlebte und sang das bekannte Mosellied. Der Kontakt mit vertrauten Gegenständen, Stadtansichten sowie die Musik faszinierten viele der Patienten und regten zum Erzählen an. Die Einschätzung, dass Kunst, Kultur und Musik ein Schlüssel zu ihrer emotionalen Welt sein kann, bestätigte sich. Führerin Alexandra Orth versuchte, noch vorhandene Ressourcen zu berücksichtigen, um ein lebendiges Erleben zu ermöglichen. Eine solche Erinnerungsarbeit kann nach Einschätzung von Experten eine Demenz nicht aufhalten, aber immerhin verzögern und die Lebensqualität verbessern. Zudem ist ein Austausch zwischen Patienten und gesunden Menschen möglich.