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25.11.2014

Schubladendenken überwunden

Rudolf Hahn und Rudolf Fries
Bildungsmanager unter sich: Rudolf Hahn, scheidender Leiter des Bildungs- und Medienzentrums, im Gespräch mit seinem Nachfolger Rudolf Fries.
Nach zwölf Jahren als Chef des Bildungs- und Medienzentrums geht Rudolf Hahn zum 1. Dezember offiziell in den Ruhestand. Nachfolger Rudolf Fries, der das Amt im September übernahm, leitete zuvor das von Hahn nach Trier geholte Modellprojekt „Lernen vor Ort“. Im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) präsentieren beide eine Bilanz und einen Ausblick.

RaZ: Wie haben Bibliothek, VHS und Musikschule seit 2007 von der Zusammenführung im Bildungs- und Medienzentrum profitiert?

Rudolf Hahn: Der größte Synergieeffekt zeigt sich im Lerntreff, für den zusammen ein Konzept entwickelt wurde. Die Bibliothek bringt dort ihr Medien Know-How ein, die VHS die verschiedenen didaktisch-methodischen Lernformen.

Rudolf Fries: Nach einer bundesweiten Statistik überschneiden sich nur rund drei Prozent der Kunden beider Einrichtungen. Allein das zeigt das Potenzial einer solchen Fusion. Man muss bildungsaffine Personen, die die Bibliothek besuchen, auch für die VHS interessieren und umgekehrt. Eine Kooperation ist allein auch aus Marketinggründen naheliegend. Sinnvoll ist auch die gemeinsame Nutzung der Räume. So finden in der Bibliothek VHS-Kurse statt. Dort gibt es dann Tipps zur passenden Lektüre aus den Beständen der Bibliothek.

Hahn: Das Spektrum der Musikschule wurde in den letzten Jahren kontinuierlich ausgeweitet, etwa durch die Musical School. Sie hat erheblich von ihrem neuen Gebäude profitiert, in dem auch viele VHS-Kurse stattfinden. Das Wachstum der Musikschule wäre aber nicht möglich gewesen ohne das größere Gewicht und die Durchsetzungskraft der Gesamteinrichtung Bildungszentrum.

Was waren die wichtigsten Gründe für die Bewerbung um das Bundesmodellprojekt „Lernen vor Ort“?

Hahn: Als ich die Ausschreibung sah, war mein erster Gedanke: Da will dir jemand einen Lebenstraum erfüllen. Bei meinen vorherigen Tätigkeiten im Bildungssektor habe ich es immer sehr bedauert, dass alles zu sehr in Schubladen verläuft. Das Modellprojekt geht über einzelne Projekte hinaus und bildet Netzwerke, was meinem schon vorher praktizierten Konzept sehr entgegenkam. Bei „Lernen vor Ort“ gab es erstmals den Ansatz, Bildung an der Biographie der  Menschen zu orientieren. Das ist faszinierend für eine Kommune: Sie ist bei der Bildung nicht für alles zuständig, aber eigentlich für alles verantwortlich, vor allem für das, was nicht gelingt. Die Kommune muss dann oft die Folgeschäden im Sozialetat teuer bezahlen. Teile des Modellprojekts wurden nach dem Auslaufen in diesem Sommer in ein kommunales Bildungsmanagement überführt. Was ist die größte Herausforderung?

Fries: Alles dreht sich um die Frage, ob wir die große Breite aufrechterhalten können, die wir fünf Jahre lang mit „Lernen vor Ort“ bespielt haben. Klar ist, dass wir mit anderthalb Stellen nicht das anbieten können, was mit acht Mitarbeitern möglich war. Wir haben viele Erwartungen geweckt, zum Beispiel in der naturwissenschaftlich-technischen Bildung. Das können wir nicht mehr in dieser Breite abdecken. Wir setzen Schwerpunkte  im Bildungsmonitoring mit unserer TILL-Datenbank. Da haben wir ein Level erreicht, hinter das wir nicht mehr zurück können. Viele Partner, wie das Schulamt, nutzen das auch in Zukunft. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Erhalt der aufgebauten Netzwerke.

2011 kam ein Modellprojekt zur Alphabetisierung und Grundbildung hinzu. Wie sieht die Resonanz nach drei Jahren aus?

Hahn: Der Ansatz, sozialräumlich in den Stadtteilen und zentral im Lerntreff im Palais Walderdorff zu arbeiten, ist erfolgreich. Dort kann man auch anonym die Angebote zur Alphabetisierung nutzen. Wichtig ist außerdem die dauerhafte Präsenz durch die Außenstelle in Trier-Nord. Ein weiterer  Grund des Erfolgs ist, dass wir viele Lernpaten gewonnen haben, die wir weiter betreuen und schulen. Das Ganze hat eine erfreuliche Eigendynamik gewonnen, So hat sich zusätzlich der Treffpunkt am Weidengraben um eine Beteiligung bemüht, die gut funktioniert. Die Zusammenarbeit mit bereits seit langem bewährten Einrichtungen, wie die Caritas, erleichtert insgesamt den Zugang in den Stadtteilen.

Welche besonderen Qualitäten von  Rudolf Hahn haben den kontinuierlichen Ausbau des Bildungszentrums mit bundesweit beachteten Projekten möglich gemacht?

Fries: Ganz besonders wichtig ist, dass er ein Gespür dafür hat, was die Megatrends im Bildungswesen sind, aber auch die Kompetenz, das praktisch vor Ort umzusetzen. Man muss visionär denken und pragmatisch arbeiten können, um eine solche Aufgabe erfolgreich zu bewältigen.

Das Gespräch führte Petra Lohse