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07.07.2015

Wohnheim als Notlösung

Bewohner vor der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende in der Dasbachstraße
Zentrale Unterkünfte wie die Erstaufnahmeeinrichtung in der Dasbachstraße (Foto) gelten als Hindernis für die soziale Integration der Flüchtlinge. Foto: Beirat für Migration und Integration
Die humane Unterbringung und rasche Integration der Menschen, die nach Trier kommen, stand im Mittelpunkt einer Stadtratsdebatte zur Asylpolitik. 2015 und 2016 wird mit der Ankunft von jeweils rund 600 Asylbewerbern gerechnet, die für die Dauer ihres Verfahrens in der Stadt bleiben. Trotz aller Bemühungen um eine dezentrale Wohnraumversorgung wird sich die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften anfangs nicht vermeiden lassen.

Grundlage der Debatte war ein ausführlicher Bericht zur aktuellen Situation, für den Bürgermeisterin Angelika Birk und ihre Mitarbeiter im Sozialdezernat Lob aus allen Fraktionen erhielten. Bislang musste Trier aufgrund der Erstaufnahmeeinrichtungen in der Dasbachstraße und der Seidel-Kaserne, in denen die Asylbewerber nur wenige Wochen verbleiben, keine Flüchtlinge dauerhaft aufnehmen. Durch die seit 2014 dramatisch ansteigenden Flüchtlingsströme nach Deutschland kann das Land Rheinland-Pfalz diese Regelung nicht mehr aufrechterhalten und hat Trier in den allgemeinen Verteilungsschlüssel aufgenommen. Im Moment geht das Rathaus davon aus, dass Ende 2016 mindestens 600 Personen mit Bleiberecht längerfristig zu betreuen sind. Aktuell stammen rund drei Viertel der Asylbewerber aus den Ländern Kosovo, Albanien, Syrien, Afghanistan und Somalia.

Die Unterbringung der Menschen stellt die Stadt vor eine große Herausforderung. Das Rathaus hatte im April an die Bevölkerung appelliert, Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Bis Anfang Juni wurden der Stadt 78 Wohnungen angeboten, die jeweils für die Dauer von fünf Jahren angemietet und an Flüchtlinge vergeben werden sollen. Diese dezentrale Versorgung hat Priorität, doch gleichzeitig bereitet die Stadt im Burgunderviertel und in der Jägerkaserne zentrale Unterkünfte vor. In der ehemaligen französischen Militärsiedlung an der Burgunderstraße werden fünf Häuser mit 44 Wohnungen für Familien hergerichtet. In der Jägerkaserne können maximal 250 Menschen untergebracht werden. Ihr Aufenthalt in dieser als Wohnheim konzipierten Unterkunft mit Gemeinschaftsküchen soll auf eine möglichst kurze Zeit beschränkt bleiben. Vorgesehen ist in beiden Einrichtungen eine Unterstützung durch Sozialarbeiter vor Ort, wobei die Caritas, das Rote Kreuz und das Diakonische Werk als Kooperationspartner bereitstehen.

Weitere flankierende Maßnahmen der Integration umfassen Sprachkurse und die Kleinkinderbetreuung. Die älteren Kinder sollten möglichst eine Schule mit dem Fach „Deutsch als Fremdsprache“ besuchen. Die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes und die rechtliche Abwicklung des Asylverfahrens müssen in den städtischen Ämtern für Soziales und Wohnen und für Ausländerangelegenheiten mit erhöhtem Personalaufwand bewältigt werden.

Die Stadt rechnet für die Jahre 2015 und 2016 für die Flüchtlingsbetreuung mit einem zusätzlichen Finanzbedarf von insgesamt 7,94 Millionen Euro. Zur Entlastung der Kommunen fordert der Deutsche Städtetag eine dauerhafte und dynamische Beteiligung des Bundes an den Kosten.

Stimmen der Fraktionen

„Trier stellt sich der verantwortungsvollen Aufgabe, die Flüchtlinge so human, dezentral und integriert wie möglich unterzubringen“, erklärte Dr. Elisabeth Tressel für die CDU-Fraktion. Gleichwohl sei die Stadt zu schnellem Handeln und damit zu einem Rückgriff auf zentrale Unterkünfte gezwungen. Bei den Bürgerforen zum Burgunderviertel und zur Jägerkaserne habe die Bevölkerung viel Verständnis für die Situation gezeigt. „Weitere zentrale Heime, die sozial nicht integriert sind, werden wir aber nicht unterstützen.“

„Trier ist nicht Freital, sondern bunt“, betonte SPD-Fraktionschef Sven Teuber und bezog sich damit auf ausländerfeindliche Ausschreitungen vor einem Asylbewerberheim in der sächsischen Stadt. Die vermehrte Zuwanderung sei eine große Chance, aber auch eine große Herausforderung für die Stadt, wobei die möglichst dezentrale Wohnraumversorgung ein „enorm wichtiger Punkt“ sei. In Zeiten sprudelnder Steuereinnahmen dürfe eine angemessene Aufnahme der Menschen nicht am Geld scheitern.

„Wir sind nicht mit allen Punkten des Berichts einverstanden, es gibt noch viel Informationsbedarf“, erklärte Christiane Wendler (Bündnis 90/Grüne). Insbesondere die geplanten zentralen Wohnheime sehe man „sehr skeptisch“. FWG-Sprecher Prof. Hermann Kleber teilte diese Einschätzung: „Es wäre schrecklich, wenn wir langfristig auf Massenunterkünfte zurückgreifen müssten.“ Zugleich forderte er beim Thema Finanzierung die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips und damit ein stärkeres Engagement des Bundes.

Susanne Kohrs (Die Linke) verband ihren Dank für den umfangreichen Bericht mit der Forderung nach einem kleineren Betreuungsschlüssel bei der Sozialarbeit und einer stärkeren Einbindung von Ehrenamtlichen bei der Betreuung und Integration der Asylbewerber. Michael Frisch (AfD) bekannte sich zu der Verpflichtung, Kriegsflüchtlingen und Verfolgten Asyl zu gewähren, doch zugleich müssten Personen ohne Aufenthaltsrecht konsequent in ihre Heimatländer ausgewiesen werden. Beim Thema Finanzen forderte er eine offene Debatte über die Auswirkungen des Mehrbedarfs auf den städtischen Haushalt. Tobias Schneider (FDP) warb für ein Einwanderungsgesetz, so dass die Immigration nicht ausschließlich über das Asylrecht erfolgen müsse: „Nur so ist eine dauerhafte Lösung möglich.“ Zur finanziellen Entlastung sollten die Kommunen „mehr Konnexität einfordern, auch beim Bund.“