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19.08.2008

Immer mehr Krisen in den Familien

Obwohl der Anteil der Kinder und Jugendlichen an der Trierer Bevölkerung sinkt, muss das Rathaus immer mehr Geld für erzieherische Hilfen ausgeben: Vor zehn Jahren betrug der Zuschussbedarf rund 4,6 Millionen Euro, im vergangenen Jahr waren es schon etwa 7,8 Millionen Euro. Das geht aus dem Jugendhilfebericht 2007 hervor, den die stellvertretende Amtsleiterin Dorothee Wassermann im Jugendhilfeausschuss vorstellte.

Nicht nur die Fallzahlen sind weiter gestiegen, sondern vor allem die Kosten im Einzelfall. Die Probleme vieler Kinder, Jugendlicher und Familien sind mittlerweile so gravierend, dass kostengünstigere ambulante Hilfen nicht mehr ausreichen. Die städtischen Zuschüsse für eine stationäre Heimerziehung und betreutes Wohnen lagen erstmals über fünf Millionen Euro.

Bis 2003 konnte das Jugendamt die Zahl der stationären Unterbringungen kontinuierlich senken, aber dann kam die Trendwende: Seitdem stieg die Zahl der in einem Heim lebenden Kinder und Jugendlichen.

Überforderte Eltern

Eine Heimerziehung ist vor allem nötig, wenn überforderte Eltern ihre Betreuungsaufgaben nicht mehr wahrnehmen können oder Kinder und Jugendliche geschützt werden müssen. Oft geht mit diesen „Fremdunterbringungen“ ein Entzug des Sorgerechts durch das Familiengericht einher: Deren Zahl hat sich in den letzten fünf Jahren kontinuierlich erhöht. Eine besondere Steigerung war 2006 und 2007 zu verzeichnen. Diese Entwicklung ist aber keine
Trierer Besonderheit, sondern entspricht dem Bundes- und Landestrend.

Familienhilfe immer aufwändiger

Die Krisenanfälligkeit vieler Familien belegt auch der deutlich gestiegene Zuschussbedarf der sozialpädagogi-schen Familienhilfe: Der städtische Beitrag stieg um fast 15,7 Prozent auf über 866.000 Euro. 1999 lag diese Summe gerade mal bei knapp 181.600 Euro. Die finanzielle Belastung für das Rathaus steigt auch deswegen an, weil die Kostenbeteiligung des Landes an den Hilfen zur Erziehung kontinuierlich zurückgeht: 2004 lag sie noch bei 20,9, im vergangenen Jahr waren es nur noch 16,4 Prozent.
 
Tiefgreifender Wandel

Der wachsende Zuschussbedarf der Jugendhilfe hängt darüber hinaus mit einem tief greifenden Wandel in den vergangenen Jahrzehnten zusammen: Früher wurde die Inanspruchnahme der Jugendhilfe meist als Makel oder Strafe empfunden, heute gibt es oft eine Anspruchshaltung. Teilweise wird diese Unterstützung sogar massiv eingefordert. Auf der anderen Seite fehlt es nach Einschätzung des Jugendamts manchmal an der Bereit-schaft der Eltern, aktiv mitzuhelfen. Erziehungs- und Betreuungsaufgaben werden in die Verantwortung des Jugendamts übergeben.

Jugendkriminalität rückläufig

In der Jugendgerichtshilfe wird seit drei Jahren ein Rückgang der Anklageschriften verzeichnet. Der Schwerpunkt der Straftaten liegt nach wie vor bei Eigentumsdelikten, ge-folgt von Körperverletzungen. Um schneller und effektiver auf diese Probleme reagieren zu können, wird in Trier, wie bereits in Ludwigshafen, ein „Haus des Jugendrechts“ entstehen. Dort sind mit der Staatsanwaltschaft, dem Jugendgericht, der Polizei, dem Jugendamt der Stadt und des Landkreises sowie der Arbeitsgemeinschaft Starthilfe alle wichtigen Einrichtungen unter einem Dach. Als Standort wurde eines der früheren Kasernengebäude in der Gneisenau-straße in Trier-West ausgesucht, das umgebaut werden muss.

Im Bereich Trennungen und Scheidungen, von denen auch Kinder und Jugendliche betroffen sind, verzeichnet das Trierer Jugendamt seit 2002 einen leichten Anstieg gerichtlicher Regelungen. Erfreulicherweise war im zweiten Jahr hintereinander die Zahl einvernehmlicher Regelungen höher als die der strittigen Fälle, bei denen das Gericht entscheiden musste.