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30.08.2016

Teil der Gesellschaft bleiben

Therapiehund Faye
Dreimal wöchentlich fördert Therapiehund Faye gerade bei schwer zugänglichen Patienten die Kontaktaufnahme. Foto: Kristina Kattler
Mut zu neuen Wegen: Vor genau 25 Jahren entstand im damaligen Herz-Jesu-Krankenhaus die erste Einrichtung in der Psychiatrie mit  tagesklinischen Plätzen. Die bewusste Entscheidung gegen einen Standort auf der grünen Wiese hat sich nach Einschätzung des damaligen Gründungschefarztes Dr. Wilhelm Classen voll bewährt.

Bei einem Festakt gab es neben diesem Jubiläum weitere Gründe zum Feiern: 20 Jahre stationäre psychiatrische Versorgung und zehn Jahre Psychiatrie im Mutterhaus. „Einrichtungen mitten in einer Stadt ermöglichen es den Patientinnen und Patienten, Teil der Gesellschaft zu bleiben und erleichtern es ihnen, ihren Alltag wieder in den Griff zu bekommen. Unsere Mitarbeiter erfüllen eine großartige Aufgabe mit einem unglaublich hohen Engagement. Für ihren unermüdlichen Einsatz für und mit den Patienten danke ich ihnen sehr herzlich.“ Mit diesen Worten würdigte Geschäftsführer Jörg Mehr die Arbeit in den Psychiatrie-Stationen.

Wichtig für die Patienten der Erwachsenenpsychiatrie sind nach der langjährigen Erfahrung von Classsen der enge Kontakt zu einem Allgemeinkrankenhaus und Beziehungen in die Gesellschaft hinein. „Mit unserem System der offenen Psychiatrie liegen wir bis heute immer noch richtig.“ Mit dem Umzug in den Neubau in der Feldstraße habe man die Arbeit hervorragend weiterführen können, so Classen. Er ist als Ruheständler noch stundenweise im Mutterhaus tätig.

Chefärztin Dr. Beatrix Risch legte in ihrem Beitrag den Fokus auf aktuelle Daten und Fakten: „In unserem Team arbeiten 136 Mitarbeiter aus vielen Ländern. Die größte Gruppe stellen die Pflegekräfte, die Ärzte und die Psychologen und Therapeuten. Hinzu kommen weitere Berufsgruppen und externe Mitarbeiter für Spezialangebote wie Qi Gong oder Supervision. Nicht zu vergessen ist das Personal für Küche und die Reinigung. Auch in der Ausbildung spielen wir eine wichtige Rolle. Wir haben in den letzten 25 Jahren über 150 Psychologen in der Ausbildung klinisch betreut, mehr als 52 Assistenzärzte ausgebildet und sind auch für Lehre und klinische Ausbildung der PJ-Studierenden im Fach Psychiatrie und Psychotherapie zuständig.“

Nach dem Start der tagesklinischen Versorgung folgte ab 1996 der Aufbau der stationären Versorgung mit heute 80 Betten. Seit dem Beginn einer umfassenden Dokumentation im Jahr 1993 wurden 32.000 Fälle behandelt. „Im Laufe der Jahre ist die Patientenzahl gestiegen. In Verbindung mit der Pflichtversorgung für eine Region mit 250.000 Einwohnern und stetig steigendem Bedarf wächst der Druck. Unsere Patienten leiden an Depressionen, Psychosen, Demenz, Suchterkrankungen, Persönlichkeits- und Anpassungsstörungen“, so Risch. Diese Krankheiten würden nach dem Prinzip der offenen Tür behandelt, ohne Trennung nach Geschlecht, Alter oder Erkrankungsbild.

Gertrud Weires, pflegerische Leiterin der Tagesklinik, hat neben ihrer pflegerischen auch psychotherapeutische Qualifikationen und arbeitet seit 25 Jahren in der Trierer Psychiatrie: „Gerade am Anfang mussten wir viel Öffentlichkeitsarbeit leisten, denn eine psychiatrische Einrichtung mitten in einem Wohngebiet war durchaus erklärungsbedürftig. Wir haben regelmäßig nach dem sonntäglichen Hochamt in der Herz-Jesu-Kirche  unsere Türen für die Nachbarn geöffnet und konnten so Ängste und Vorurteile abbauen.“ Christiane Eckardt, Pflegeleiterin der Erwachsenenpsychiatrie, stellte bei dem Festakt die therapeutischen Möglichkeiten in ihrem Bereich vor: „Wir haben allein schon von der Zeit her den intensivsten Kontakt zu unseren Patienten. Unsere Einschätzungen ergänzen die medizinischen Diagnosen. Wir machen im wahrsten Sinne des Wortes Beziehungspflege. Besteht wegen einer Depression beispielsweise eine Antriebsschwäche, helfen wir und entwickeln gemeinsam Strategien, mit denen Alltagstätigkeiten wieder bewältigt werden können. Wir nehmen Unsicherheiten und versuchen, die Patienten wieder in ein soziales Gefüge einzubinden.“

Neben der medikamentösen Behandlung und der psychotherapeutischen Gesprächstherapie werden die Patienten in unterschiedlichen Therapiegruppen versorgt. Das Spektrum reicht von Musik, Sport und Entspannungen bis hin zu Angeboten, um Angst, Depression oder Sucht aufzuarbeiten. Jeder Patient erhält einen individuellen, auf sein Krankheitsbild zugeschnittenen Stundenplan, der dem Alltag eine Struktur gibt.