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16.10.2018

Europa ganz konkret für die Kanzlerin

Bundeskanzlerin Angela Merkel ging beim Dialogforum in der ERA ausführlich auf die Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ging beim Dialogforum in der ERA ausführlich auf die Anliegen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein. Foto: Helmut Thewalt

Schon mehrfach hat Angela Merkel Trier besucht – allerdings immer nur zu Wahlkampfzwecken. Letzte Woche war sie erstmals offiziell als Bundeskanzlerin in der Stadt. Sie diskutierte mit Bürgern und durfte sogar ein Geldgeschenk mitnehmen.

Normalerweise freut sich die Stadt Trier, wenn Geld aus Berlin fließt. Vorletzten Montag war es umgekehrt. Geld aus Trier machte sich auf den Weg nach Berlin. OB Wolfram Leibe überreichte Merkel eine Konstantin-Münze. Der Fund aus Römerzeiten war für ihn das passende Gegengeschenk, denn im Februar 2017 hatte er in Berlin aus der Hand der Bundeskanzlerin die erste Zwei-Euro-Münze mit der Porta Nigra in Empfang genommen. Anlass für das Gastgeschenk an die Kanzlerin war ihr Bürgerdialog zu Europa in der Europäischen Rechtsakademie. Er fand statt auf Einladung des Deutschen Volkshochschulverbandes und der VHS Trier. Ähnliche Runden hatten die Kanzlerin und andere Bundesminister zuvor schon in weiteren Städten bundesweit gemacht.

Die Politiker wollen von Bürgern hören, was sie über Europa denken, wie sie zu den europäischen Ideen und Werten stehen. Für den Trierer Dialog hatte das Team um VHS-Leiter Rudolf Fries die Bürger zur Hälfte aus den Kursteilnehmern ausgelost. Die vielfältige Besucherstruktur der VHS sollte gewährleisten, dass unterschiedliche Bevölkerungsgruppen teilnehmen. Zum anderen hatte die VHS relevante gesellschaftliche Themen und Organisationen identifiziert, die teils auch Kooperationspartner der VHS sind, darunter der Migrations- und der Behindertenbeirat. Diese Organisationen schlugen von sich aus Teilnehmer für den vom SWR-Fernsehen live übertragenen Dialog vor.

Die Kanzlerin zeigte sich bei den Fragen der Triererinnen und Trierer in vielen Themen sattelfest. Sie diskutierte und sprang zwischen der umstrittenen Datenschutz-Grundverordnung, dem Bundesteilhabegesetz oder der Akademisierung der Pflegeberufe hin und her und beantwortete zwischendurch Fragen zur Windenergie, zum Ausländerhass oder der Finanztransaktionssteuer. Die Bürger betonten unisono, dass sie überzeugte Europäer seien. Sie zeigten der Kanzlerin anhand verschiedener Beispiele aber auch auf, dass die Grenznähe nicht nur Vorteile für eine Region wie Trier hat. Der Fachkräftemangel im Pflegebereich werde durch die hohen Nettolöhne in Luxemburg noch verschärft, berichtete ein Teilnehmer. Die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze seien wettbewerbsverzerrend, betonte Gastronom Peter Schmalen. Dass die Pkw-Maut für ausländische Autofahrer auf deutschen Straßen Trierer Geschäftsleuten angesichts der guten Kundschaft aus dem Nachbarland Kopfzerbrechen bereitet, war der Kanzlerin nicht neu, aus Süddeutschland kannte sie ähnliche Klagen. Angesprochen von einem Bürger auf die fehlende Europa-Begeisterung bei vielen Menschen, stimmte Merkel zu: „Friede allein reicht zur Begeisterung nicht mehr aus", stellte sie fest. Europa müsse wirtschaftlich stark sein, für gemeinsame Werte einstehen, die gemeinsame Verteidigung organisieren. Theresia Sanktjohanser, die als Bürgerin mitdiskutieren durfte, zeigte sich nach der Veranstaltung angetan: „Das war eine faszinierende Mischung der Teilnehmer. Frau Merkel war sehr authentisch und hat ganz konkret auf viele Fragen geantwortet."

Beim anschließenden Eintrag ins Goldene Buch nach dem Bürgerdialog überreichte Leibe ihr dann nicht nur ein Geschenk, sondern gab der Kanzlerin gleich noch eine weitere Einladung mit. Sie könne gerne mit dem französischen Präsidenten Emanuel Macron noch einmal wiederkommen. Ursprünglich war dessen Teilnahme tatsächlich im Gespräch gewesen, aber aus Termingründen nicht zustande gekommen.