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02.12.2008

Prima Bioklima in vielen Stadtteilen

Die Karte zeigt die Ergebnisse einer „Temperaturmessfahrt“ am späten Abend des 28. August 2006. Rote Färbung und lange Balken symbolisieren hohe, Blautöne und kurze Balken niedrige Temperaturen. Grafik: Geo-Net
Die Karte zeigt die Ergebnisse einer „Temperaturmessfahrt“ am späten Abend des 28. August 2006. Rote Färbung und lange Balken symbolisieren hohe, Blautöne und kurze Balken niedrige Temperaturen. Grafik: Geo-Net
Wer schon einmal einen lauen Hochsommerabend auf dem Kornmarkt verbracht hat, kennt das Phänomen: Die Luft „steht“ und kühlt sich bis Mitternacht kaum ab. Zur gleichen Zeit beginnen die Besucher einer Grillparty im Aveler Tal schon zu frösteln und ziehen sich einen Pulli über.

Auf bis zu acht Grad beläuft sich bei einer „austauscharmen“ Wetterlage – also bei Windstille – der Temperaturunterschied zwischen der Innenstadt und den Nebentälern der Mosel. Zu diesem Ergebnis kommt ein neues Klimagutachten für die Stadt Trier, das von Experten der Firma Geo-Net Umweltconsulting aus Hannover erstellt und jetzt im Dezernatsausschuss IV vorgestellt wurde. „Dieses Gutachten ist ein wichtiger Schritt für die Stadt Trier“, betonte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani. Keine andere Stadt in Rheinland-Pfalz verfüge über ein ähnlich detailliertes und flächendeckendes Modell.

Belastungs- und Ausgleichsflächen

Für die Studie wurde das Stadtgebiet mit einem lückenlosen Raster aus 25 mal 25 Meter großen Quadraten überzogen (Außenbezirke: 100 mal 100 Meter), welches auf exakten Gebäude-, Geländeoberflächen- und Landnutzungsdaten beruht. Für jede einzelne dieser Flächen können Daten wie Temperatur, Windgeschwindigkeit und Schadstoffbelastung abgeleitet werden. So entstand eine Klimafunktionskarte von Trier, die genau aufzeigt, wo sich die am stärksten belasteten Gebiete befinden und wo wichtige klimatische und lufthygienische Ausgleichsflächen liegen.

Gebiete mit dichter Bebauung und geringem Luftaustausch gelten als bioklimatisch belastet – in Trier sind das rund 45 Hektar oder drei Prozent der Siedlungsfläche. 27 Prozent gelten als mäßig und weitere sieben Prozent als gering belastet. Dagegen wurden 63 Prozent des besiedelten Stadtgebiets, vor allem in den locker bebauten Außenstadtteilen, als nicht belastet eingestuft.

Beispiel Gerberviertel

Als Ausgleichsflächen werden alle Grün- und Freiflächen bezeichnet, also Felder, Wiesen, Wälder, Weinberge, aber auch Friedhöfe und Parks innerhalb der Stadt. Eine besonders wichtige Funktion haben in Trier die Seitentäler der Mosel, wie Avelsbach, Olewiger Bach, Altbach oder Sirzenicher Bach. Sie sammeln, kanalisieren und transportieren die Kaltluft, die von den Eifel- und Hunsrück-Plateaus nach unten strömt, in Richtung Innenstadt und sorgen dort für dringend benötigte Frischluftzufuhr. Ein wichtiges „Einfallstor“ ist auch der Hauptfriedhof, der die vom gegenüberliegenden Moselhang herabströmende Kaltluft aufnimmt und weiterleitet. Doch dieser natürliche Luftaustausch wird überall dort unterbrochen, wo sich dichte Bebauung als Querriegel der vorherrschenden Strömung entgegenstellt.

Mit Hilfe der Datenfülle des Klimagutachtens lässt sich der Effekt neuer Baugebiete auf das Stadtklima sehr gut abschätzen. Peter Trute von Geo-Net erläuterte dies im Ausschuss anhand des Beispiels Gerberviertel. Dieses Gebiet, in dem ein citynahes Wohnviertel entstehen soll, gilt als bioklimatisch mäßig belastet. Zusätzliche Belastungen sollten also vermieden werden, sonst eigne sich das Viertel kaum mehr als Wohngebiet. Trutes Empfehlungen lauteten deshalb: Öffnung des südöstlichen Bauriegels zur Kaltluftschneise aus dem Altbachtal, mehrere kleine Grünflächen innerhalb des Gebiets zum Ausgleich des Mikroklimas und weitgehend geschlossene Bebauung als Abgrenzung zum Kaiserthermenkreisel, der durch den dichten Verkehr stark mit Luftschadstoffen belastet ist.

Schadstoffbelastung

Neben dem Bioklima erfassten die Experten von Geo-Net auch die lufthygienische Situation in Trier. Das Hauptaugenmerk lag dabei auf der Stickstoffdioxid- und Feinstaubbelastung. Die am stärksten belasteten Zonen erstrecken sich erwartungsgemäß entlang der Hauptverkehrsstraßen wie Alleenring und Mosel-ufer. Entsprechend der Jahresmittelwerte weisen etwa drei Prozent der besiedelten Fläche eine hohes, etwa 14 Prozent ein mittleres und circa 83 Prozent ein niedriges Belastungsniveau auf. Nur 0,3 Prozent des Siedlungsraums gelten als zugleich bioklimatisch und lufthygienisch belastet.