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09.06.2015

Auf dem Weg in die Neuzeit

Buchcover Der Amtsverwalter von Pfalzel
Der 1949 in Pfalzel geborene Rainer Ludwig erzählt in seinem Roman „Der Amtsverwalter von Pfalzel“ den Lebenslauf des frei erfundenen Peter Rosport. Der 1736 geborene Sohn eines Pfalzeler Schiffermeisters arbeitet als Kanzlist in der Kurfürstlichen Amtsverwaltung, gehört aber zu den jungen Männern, die 1757 in den Siebenjährigen Krieg ziehen müssen. Ludwig schildert die Erlebnisse des Kriegsteilnehmers, darunter eine von Rosport auf Schloss Heidecksburg im thüringischen Rudolstadt von ihm verhinderte Entführung eines jungen Feldmarschallleutnants: Es ist Clemens Wenzeslaus von Sachsen, der 1768 Kurfürst und Erzbischof von Trier wird. Peter Rosport, nach seiner Heimkehr aus dem Krieg zum Pfalzeler Amtsverwalter aufgestiegen, erfährt die Zeit der Aufklärung im Widerstreit mit der Tradition, geprägt von der überaus reformfreudigen Politik des letztes Trierer Herrschers. Die Veränderungen wirken sich vielfach direkt auf seine Arbeit im Pfalzeler Amtshaus aus, sei es die alle Hauseigentümer verpflichtende Einführung der Feuerversicherung oder die kurfürstliche Riesling-Verordnung, die dem Wein an Mosel, Saar und Ruwer die Zukunft sicherte.

Einbezogen in die Geschehnisse werden das ehrwürdige Pfalzeler Marienstift und die erzbischöfliche Burg, die im Mittelalter wegen der nach Unabhängigkeit strebenden Trierer Bürger oft Zufluchtsstätte der Kurfürsten war. Der Amtsverwalter führt Gespräche mit der Stiftsgeistlichkeit über die sich abzeichnenden gesellschaftlichen Veränderungen, dem Streben der Menschheit nach Befreiung von der aus Unwissenheit und Aberglauben verursachten Unmündigkeit. Die Carolina, die Strafprozessordnung von 1532, gilt noch für die Kriminalgerichte. Im Fall eines Pfalzeler Dienstmädchens findet sie 1788 grausame Anwendung, doch Rosport gelingt es, durch persönliche Vorstellung beim Kurfürsten in seiner neuen Koblenzer Residenz die Rehabilitation des unschuldigen Opfers zu erreichen.

Eroberung von Trier

Der Ausbruch der Revolution in Frankreich wirkt sich rasch auf den Kurstaat aus. Die Ereignisse, insbesondere lautstarke Proteste der Trierer Zünfte gegen die Obrigkeit, sorgen für Aufruhr. Es wird hart durchgegriffen, doch die Eroberung von Trier durch die französische Revolutionsarmee 1794 ist nicht aufzuhalten und leitet den Untergang des jahrhundertealten Trierer Kurstaates ein. Der berufliche Lebensweg des Pfalzeler Amtsverwalters endet 1798, als er bei der Etablierung der neuen Ordnung, einer martialischen Jubelfeier vor dem Pfalzeler Amtshaus, den Amtseid auf die Französische Republik leisten soll.

Aber Peter Rosport erscheint nicht. Er hat seinen Amtsverzicht erklärt und sich am frühen Morgen mit der Kutsche nach Weimar abgesetzt, wo er Johann Wolfgang von Goethe trifft. Den Dichterfürsten hat er einige Jahre zuvor in der Trierer Lesegesellschaft kennengelernt.

Die Geschichte des Pfalzeler Amtsverwalters verdeutlicht die sozialen und gesellschaftlichen Hintergründe der Periode des Übergangs in die Neuzeit. Ludwig hat zahlreiche Veröffentlichungen namhafter Historiker zu Rate gezogen, um die Chronologie der Ereignisse einzuhalten und bei aller Fiktion das Erzählte eng an überlieferte Fakten anzulehnen.

Das 320 Seiten starke Buch ist dazu passend mit 32 Zeichnungen alter Pfalzeler Ansichten illustriert. Es sind Linolschnitte des 1976 verstorbenen Pfalzeler Künstlers Hans Adamy, die aus Privatbesitz stammen und erstmals in dieser Fülle präsentiert werden.

  • „Der Amtsverwalter von Pfalzel“, fester Einband mit Schutzumschlag, bis 15. Juli Subskriptionspreis 18 Euro, bestellbar per E-Mail über Ludwig-Kordel@t-online.de. Das Buch ist noch nicht im Handel erschienen.