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21.01.2020

Auf den Spuren der Vergessenen

Mathilde Theyssen. Abbildung: Willi Körtels/Stadtmuseum
Mathilde Theyssen ist eines der Porträts gewidmet. Abbildung: Willi Körtels/Stadtmuseum
An bedeutenden Frauen mangelt es in der Trierer Geschichte nicht, dennoch sind viele von ihnen unbekannt oder vergessen. Diesen Missstand zu beheben nahm sich der Konzer Heimatforscher und pensionierte Gymnasiallehrer Willi Körtels vor. Das Ergebnis seiner Arbeit hat er vergangene Woche im Stadtmuseum Simeonstift vorgestellt. Rund 100 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer folgten der Einladung zur Buchvorstellung.

Schon eine gute Viertelstunde vor Veranstaltungsbeginn wurden die Sitzplätze im Trebeta-Saal des Stadtmuseums knapp – als würde die Öffentlichkeit des 21. Jahrhunderts nachholen wollen, was lange Zeit zu wünschen übrig ließ: Interesse an den Leistungen und Lebensläufen von Frauen. Geladen hatte Willi

Körtels, Gymnasiallehrer im Ruhestand und Heimatforscher aus Konz, der in akribischer Recherche 117 weibliche Biografien der Region Trier zusammengestellt und als Sammelband veröffentlicht hat.

Auf den 344 Seiten des Buchs treffen weithin bekannte und berühmte Triererinnen wie die Kaisermutter Helena oder die Schriftstellerin Clara Viebig auf zu Unrecht vergessene Pionierinnen, etwa Anna Mathilde Theyssen, die 1838 in Trier geboren wurde und die nach einem Studium an der Pariser Sorbonne als erste Frau Frankreichs als Medizinerin approbiert wurde. Oder die kommunistische Widerstandskämpferin Orli Torgau (Jahrgang 1914), die auch im Todeslager Auschwitz ihren Kampfeswillen nicht verlor. Die jüngste porträtierte Frau ist die Musikkabarettistin Annika Krump (Jahrgang 1970), die unter dem Künstlernamen Annika von Trier Karriere gemacht hat.

In ihrer Zusammenschau sind die Kurzbiografien die Geschichte des Feminismus in einem Brennglas: In den Biografien von Malu Dreyer oder Katarina Barley wird deutlich, wie selbstverständlich weibliche Top- Karrieren heute sind – auch wenn die Widerstände vergangener Zeiten längst nicht überwunden sind. Die besondere Bedeutung der Bildung, die der pensionierte Lehrer Körtels auch in seiner Einführung betont, zieht sich als roter Faden durch die Biografien. Ein Nachwort von Professor In-
grid Kurz-Scherf rundet den Band ab.

Körtels hat vieles zusammengetragen, was zwar bereits an anderer Stelle veröffentlicht war; dennoch liegt mit dem Sammelband erstmals ein Naschlagewerk zu Biografien von Frauen der Region vor. Ein Projekt, von dem das Publikum der Buchvorstellung begeistert war und den Vorlesern Willi Körtels und Annelie Diewald sowie der Musikerin Lotte Maes mit langem Applaus dankte. Der Sammelband ist für 14,50 Euro im Shop des Stadtmuseums erhältlich.

Kathrin Koutrakos