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06.06.2023

Trotz Rückschlägen nicht entmutigt

Das titelbild eines Buchs zeigt in Schwarz-Weiß zwei einander zugwandte Frauen in Kleidern aus der Zeit um 1900
Cover des Buchs "Öffne mir das Tor zur Welt" von Helen E. Waite.

Von geistiger und/oder körperlicher Beeinträchtigung sind weltweit fast zehn Prozent der Bevölkerung betroffen. In der Öffentlichkeit wird Behinderung häufig aus medizinischer Sicht betrachtet, die sich nur mit Defiziten der Betroffenen befasst und sie als eine einzige Gruppe betrachtet, was der Realität nicht gerecht wird. Ihre Teilhabe rückt die „Woche der Inklusion“ in den Fokus.

Die Wissenschaftliche Bibliothek beteiligt sich mit einem Beitrag, der das Thema aus einem sehr persönlichen Blickwinkel schildert. Sie stellt als „Objekt des Monats“ das Buch „Öffne mir das Tor zur Welt: Das Leben der taubblinden Helen Keller und ihrer Lehrerin Anne Sullivan“ von Helen E. Waite vor. Zwar erschien die amerikanische Originalausgabe bereits 1959. Dennoch ist das Buch bis heute aktuell und lesenswert. Die Personen, Orte und Gespräche in dieser Biografie basieren auf Schriften von Helen Keller, Anne Sullivan Macy sowie weiteren Quellen aus erster Hand. Die Leben von Helen Keller und Anne Sullivan sind so eng miteinander verbunden, dass eine Biografie der einen nicht ohne die andere möglich ist. Daher widmen sich die ersten Kapitel dem Leben von Anne Sullivan bis sie zu der jungen Helen Keller kommt. Keller wurde wegen einer Erkrankung mit 19 Monaten blind und taub.

Der Großteil der Biografie befasst sich mit ihrer Ausbildung. Ihre Lehrerin Anne Sullivan hatte Zugriff auf die Berichte und Unterlagen von Dr. Howe sowie weiterer Personen, die Laura Bridgman als erstes bekanntes Kind mit diagnostizierter Taubblindheit unterrichtet hatten. Diese Unterlagen bildeten ihre Grundlage zur Ausbildung von Keller. Allerdings passte sie diese an und legte Wert darauf, dass ihre Schülerin auch „in der normalen“ Welt Kontakte knüpfte. Sie wollte vermeiden, dass Keller in ihrer Zukunft ein so zurückgezogenes Leben wie Laura Bridgman führen würde.

Diesem Anspruch an ihre Ausbildung kann Sullivan hervorragend gerecht werden. Helen Keller knüpft viele Kontakte und enge Freundschaften mit anderen Menschen, die sich wie das damalige „Who is Who“ lesen, darunter der Erfinder Dr. Alexander Graham Bell und der Schriftsteller Mark Twain. Nachdem Keller ihren Schlüsselmoment hat, der ihr vermittelte, dass jedes Ding auf der Welt einen eigenen Namen hat, ist ihre Wissbegierde nicht mehr zu stillen: Sie lernt mehrere Fremdsprachen neben ihrem regulären Pensum. Aus einem „Phantom in einer Nicht-Welt“, wie sie sich selbst bezeichnete, wird eine Frau, die trotz Rückschlägen immer weiter ihren Weg geht und ihr Studium am Radcliffe College, der Schwesterschule der Harvard-Universität, absolviert. Dort ist Keller die einzige Studentin mit einer Behinderung.

Damals erhält sie bereits das Angebot, eine Artikelserie über ihr bisheriges Leben zu veröffentlichen. Keller setzte sich seit ihrer Kindheit für die Belange von tauben und blinden Menschen ein, wie der im Buch beschriebene „Thommy-Fonds“ zeigt. Außerdem engagierte sie sich zusammen mit Anne Sullivan nach ihrem Studium erfolgreich für ein einheitliches System der Braille-Schrift für Sehbehinderte.

Weitere Literatur zum Thema Inklusion

Ergänzend zum „Objekt des Monats Juni“ stellt die Wissenschaftliche Bibliothek weitere Literatur zum Thema „Inklusion“ im Katalogsaal aus. Zudem bietet die Schatzkammer an der Weberbach im Rahmen der „Woche der Inklusion“ am Samstag, 17. Juni, 14.30 und 16 Uhr, Führungen in Einfacher Sprache an. Anmeldung per E-Mail an: veranstaltungenweba@trier.de. Begleitpersonen für Menschen mit Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „B“ haben freien Eintritt.

Christine Hoppe-Keil