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02.10.2018

Fortschritte für Patienten und Fachkräfte

Zwischenbilanz nach vier Jahren zum Physiotherapie-Studiengang der Hochschule Trier und mehrerer Schulen

Monika Serwas (Brüderkrankenhaus), Physiotherapie-Student Michael Kratz und Professor Andreas Künkler (Hochschule Trier, links).
Monika Serwas (Brüderkrankenhaus) und Physiotherapie-Student Michael Kratz zeigen Professor Andreas Künkler (Hochschule Trier, links) einen Behandlungsraum in der Klinik.

2014 startete unter anderem mit Unterstützung des früheren OB Klaus Jensen an der Hochschule Trier der Bachelor-Studiengang Physiotherapie. Partner sind das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und das katholische Klinikum Koblenz-Montabaur. Die ersten Absolventen legten 2017 die Prüfung ab. Im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) ziehen Studiengangsleiter Professor Dr. Andreas Künkler, Monika Serwas, Leiterin der Physiotherapieschule am Brüderkrankenhaus, und der Studierende Michael Kratz eine Bilanz.

RaZ: Ist die Nachfrage immer noch so groß wie zu Beginn, als statt der geplanten 20 insgesamt 33 Bewerber aufgenommen wurden?

Professor Andreas Künkler: Das Interesse ist nach wie vor groß, wir haben ungefähr 50 Studierende, die zum Wintersemester starten.

Ist der Verbund der beteiligten Einrichtungen der gleiche wie 2014?

Künkler: Drei weitere Berufsfachschulen sind hinzugekommen: die Medischulen in Trier, die Schule für Physiotherapie der Nanz Medico-Akademie am St. Johannes-Klinikum in Landstuhl sowie die Schule für Physiotherapie am Bildungszentrum für Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen Eifel-Mosel in Wittlich.

Sie haben in den ersten vier Jahren die Kapazitäten erweitert?

Künkler: Wir haben jetzt statt einer zwei Professuren besetzt und weitere Mitarbeiter eingestellt. Das ist notwendig, denn wir kümmern uns intensiv um die Studierenden.

Haben Sie ein Feedback von Studierenden, die nach dem Bachelor-Abschluss jetzt im Berufsleben stehen?

Serwas: Wir haben kein klassisches Abschlussgespräch geführt, standen aber die ganze Zeit in Kontakt. Viele haben berichtet, dass sie sich unheimlich weiterentwickelt haben. Durch das Studium hat sich die Perspektive auf den Beruf verändert. Der Blick ist stärker auf die Weiterentwicklung gerichtet. Das können wir in der herkömmlichen Physiotherapieausbildung nicht leisten. Neben der individuellen Behandlung des Patienten geht es vor allem um die Befähigung zur kritischen Reflexion theoretischer Grundlagen, therapeutischer Fertigkeit und Handlungsroutinen mit Hilfe wissenschaftlicher Kompetenzen.

Welche interessanten Themen gab es bei den ersten Bachelor-Arbeiten?

Serwas: In einem Fall wurde etwa geprüft, wie geeignet die in der Praxis eingesetzten Instrumente für Befunde sind. Da geht es zum Beispiel darum, den Umfang eines Lymphödems festzustellen. Einen solchen Prozess zu begleiten, ist auch für uns als Schule hochspannend.

Wie sind Sie, Herr Kratz, auf diesen Studiengang aufmerksam geworden?

Michael Kratz: Ich habe davon in meiner Rettungsdienstzeit gehört. Zudem ist meine Mutter Physiotherapeutin. Dann habe ich mir das Angebot genauer angeschaut, auch mit Blick auf eine spätere Tätigkeit im Ausland oder in der Forschung. Ich habe vor zwei Jahren die Ausbildung im Brüderkrankenhaus begonnen. Letztes Jahr kam das Studium hinzu.

Wie sind Ihre Erfahrungen?

Kratz: Das Studium macht mir Spaß, es ist aber auch sehr zeitintensiv und aufwendig. Wir haben auch immer mal wieder Termine am Samstag. Mir hat gefallen, dass wir für eine Hausarbeit zu einem selbstgewählten Thema recherchieren können. Zudem kann man noch besser in Erfahrung bringen, welche alternativen Behandlungsmethoden es im Einzelfall gibt.

Haben sich die Erwartungen erfüllt, dass die Hochschule von dem neuen Studiengang profitiert?

Künkler: Unser Aufwand hat sich gelohnt. Dass wir mit dem Studiengang Physiotherapie nicht ganz unzufrieden sind, sehen Sie allein schon daran, dass wir jetzt noch zwei weitere duale Studiengänge im Bereich der Therapiewissenschaften etabliert haben: 2015 die Logopädie und zum Wintersemester 2016 die Ergotherapie. Derzeit arbeiten wir an einem Masterstudiengang im Bereich Therapiewissenschaften. Wir wollen unseren Absolventen die Möglichkeit bieten, auch diesen Abschluss in Trier zu machen.Wir möchten sie gern in der Region behalten.

Serwas: Wir müssen als Schule immer im Auge behalten, dass wir mit anderen Ausbildungseinrichtungen konkurrieren. Die Kooperation mit der Hochschule bringt uns sehr viel. 80 bis 90 Prozent unserer Kandidaten für die Ausbildung bewerben sich bei uns, auch weil es zusätzlich die Option des Studiums gibt. Es macht uns als Anbieter sehr interessant für Bewerber. Das hat mit Blick auf den demographischen Wandel und damit einhergehende veränderte Bewerberzahlen eine große Bedeutung.

Sollen die Studieninhalte weiterentwickelt werden?

Künkler: Wir lernen in jedem Semester und in jedem Fach dazu. Wir passen unsere Angebote immer wieder an, auch dank der Rückmeldungen unserer Studierenden. Wir haben in zwei Jahren die Reakkreditierung. In Rheinland-Pfalz dürfen die Hochschulen nur Bachelor- und Masterstudiengänge anbieten, die nach einer Qualitätsprüfung akkreditiert sind. Wir überlegen jetzt, was wir am Curriculum ändern sollen und nehmen die Schulen als unsere Kooperationspartner mit ins Boot. Von diesem Modell profitieren alle Beteiligten und besonders die Region. Es ist wichtig, hier solche Ausbildungs- und Studiengänge anzubieten, denn wenn die jungen Leute erstmal weg sind, kommen sie oft nicht mehr zurück

Im Brüderkrankenhaus wird derzeit das Bildungszentrum neu gebaut, das bisher noch auf dem Gelände des Ruderclubs neben der Jugendherberge untergebracht ist. Welche Rolle spielt das für das Studium?

Serwas: Der Umzug ist für Ende des Jahres geplant. Den größten Vorteil sehen wir darin, näher am Klinikhauptgebäude zu sein. Der Unterricht kann noch näher an der Praxis ausgerichtet werden. Zudem gibt es bessere Möglichkeiten für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Wie wird der Studiengang weiterentwickelt?

Serwas: Wir müssen unser Profil weiter schärfen und den Ansatz des neuen Masterstudiengangs sorgfältig vorbereiten. Zudem gibt es spätestens 2021 neue gesetzliche Regelungen in den Schulen, auf die wir uns einstellen müssen. Da müssen wir frühzeitig mit der Hochschule klären, wie die Verzahnung funktioniert. Mein Wunsch ist insgesamt, dass die Zusammenarbeit weiterhin so gut funktioniert. Unser ursprüngliches Konzept mit dem Ausbau des klinischen Schwerpunkts und der Schnittstelle zur Informatik an der Hochschule mit der Entwicklung von Innovationen war und ist richtig. Ich stehe immer noch voll dahinter.

Künkler: Am Anfang bin ich von den Kollegen aus anderen Fachbereichen ziemlich belächelt worden, als die Informatik mit einem Physiotherapiestudiengang um die Ecke kam. Es gibt aber sehr viele Schnittpunkte, auch Richtung Medizintechnik oder zu unserem neuen Studiengang Sport- und Reha-Technik. Dabei geht es um die Entwicklung bestimmter Geräte, die in der Praxis eingesetzt werden. Nach meiner Kenntnis sind wir die einzige Hochschule in Deutschland, die die Therapiewissenschaften mit der Medizininformatik sowie der Medizin-, Sport- und Rehatechnik verbindet.

Das Gespräch führte Petra Lohse