Sprungmarken
28.03.2017

Ganz in Gold geschrieben

Bibliotheksdirektor Professor Michael Embach präsentiert den Prachteinband des Ada-Evangeliars in der Schatzkammer.
Bibliotheksdirektor Professor Michael Embach präsentiert den Prachteinband des Ada-Evangeliars in der Schatzkammer. Da der erste Einband unbrauchbar geworden war, ließ der Maximiner Abt Otto von Elten 1499 einen neuen anfertigen. Getrennt von diesem, lagert das Ada-Evangeliar unter optimalen konservatorischen Bedingungen in einem Tresor.
Das Ada-Evangeliar ist eine bedeutende Bilderhandschrift aus der Hofschule Karls des Großen, die zu einem der größten Schätze der Trierer Stadtbibliothek gehört. Um 800 in Aachen entstanden, enthält der Kodex den lateinischen Text der vier Evangelien. Bibliotheksdirektor  Professor Michael Embach erläutert im Interview mit der Rathaus Zeitung (RaZ) die spannenden Hintergründe der Handschrift und wie die Chancen stehen, diese in das 350 Objekte umfassende Unesco-Weltdokumentenerbe aufzunehmen.

RaZ: Herr Professor Embach, was ist das Besondere am Ada-Evangeliar?

Embach: In der Entstehungszeit um das Jahr 800 hat sich die hohe Kunst der Handschriftenproduktion von den Klöstern in den kaiserlichen Hof verlagert. Heute existieren noch acht komplette Handschriften und ein Fragment, die in der Hofschule Kaiser Karls des Großen zwischen 780 und 820 entstanden sind. Innerhalb dieser Gruppe gilt das Ada-Evangeliar als eine Art Idealtypus, der sämtliche künstlerischen Möglichkeiten ausschöpft. So ist das gesamte Werk in Gold geschrieben und es enthält Porträtdarstellungen der vier Evangelisten, die antiken Kaiserbildern nachempfunden sind. Es repräsentiert das, was damals möglich war.

Um ein Haar würde die bedeutende Handschrift in der Pariser Nationalbibliothek statt in der Trierer Stadtbibliothek lagern. Wie kam es dazu?

Im Zuge der Französischen Revolution wurde Trier 1794 von den Franzosen okkupiert und später annektiert. Zahlreiche Klosterbibliotheken wurden aufgelöst. So auch St. Maximin, in der das Ada-Evangeliar lagerte. Die französische Regierung ordnete an, dass die Spitzenstücke nach Paris gebracht werden sollten, was mit dem Ada-Evangeliar auch geschehen ist. Auch heute liegen noch bedeutende Stücke aus Trier in Paris und anderen europäischen Städten.

Und wie kam das Ada-Evangeliar wieder zurück nach Trier?

Nach dem Wiener Kongress 1815 und veränderten politischen Verhältnissen gab es große Bemühungen, bedeutende heimische Kulturgüter wieder zurück nach Deutschland zu holen. Aus Paris regte sich natürlich Widerstand dagegen. Letztlich war sogar die Androhung militärischer Gewalt nötig, um das Ada-Evangeliar nach Trier zurückbringen zu können. Pommersches Militär marschierte in der französischen Hauptstadt auf und verlangte die Rückgabe des Objekts.

Sie haben im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt, das Ada-Evangeliar in das Unesco-Weltdokumentenerbe aufzunehmen. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Es ist ein sehr anspruchsvolles Verfahren. Das deutsche Unesco-Büro hat uns zwei Optionen genannt, wovon wir die erste ganz klar favorisieren. Demnach würden wir einen Antrag für alle noch vorhandenen acht Handschriften und das Fragment aus der Hofschule Karls des Großen stellen. Diese liegen an prominenten Orten. Unter anderem in der Vatikanischen Bibliothek, der Pariser Nationalbibliothek, der österreichischen Nationalbibliothek sowie der Bibliothek des British Museum in London. Ich habe Anschreiben an alle geschickt und gefragt, ob Interesse vorhanden ist, den Antrag zu unterstützen.

Wie ist die Resonanz?

Im Moment eher schleppend. Wien und das Londoner Victoria and Albert- Museum haben recht schnell zustimmend geantwortet. Rom hat erst mal mit der Begründung abgewunken, der gesamte Vatikanstaat sei bereits Unesco-Welterbe und man wolle kein einzelnes Objekt hervorheben. Ob dies das letzte Wort aus Rom ist, kann ich nicht sagen. Ich hoffe, man gelangt zu einer anderen Meinung, wenn sich zeigt, dass viele andere mitmachen. Einige haben sich jedoch noch gar nicht zurückgemeldet, daher habe ich vor kurzem eine zweite Welle an Schreiben rausgeschickt. Wir haben Zeit bis in den Mai hinein, um uns beim deutschen Unesco-Büro zurückzumelden. Gerade vor dem aktuellen Hintergrund eines verstärkt aufbrechenden Nationalismus in vielen Staaten könnte hier ein nationenübergreifender Kulturbegriff postuliert werden.

Was wäre die zweite und von Ihnen weniger favorisierte Option?

Es ist auch möglich, nur das Ada-Evangeliar vorzuschlagen. Der Nachteil ist jedoch, dass das Verfahren ein bis zwei Jahre länger dauern würde. Denn bei Einzelobjekten kann das deutsche Unesco-Büro nur zwei Stück pro Jahr vorschlagen und das ist bis 2018 bereits geschehen. Bei einem Sammelantrag ist die Aufnahme sofort möglich.

Angenommen nicht alle unterzeichnen den gemeinsamen Antrag, beantragen Sie dann, das Ada-Evangeliar alleine aufzunehmen?

Da bin ich mir noch nicht sicher. Ich würde das Gespräch mit dem Unesco- Büro suchen und schauen, ob es Lösungen gibt. Also etwa mit denen, die wollen, voranzugehen und den Restlichen die Möglichkeit offenhalten, später dazuzukommen.

Wann ist das Ada-Evangeliar wieder öffentlich zu sehen?

Beim internationalen Museumstag am 21. Mai und in der Langen Museumsnacht am 9. September. Die Unesco hat die Erwartung, das Objekt in der Öffentlichkeit stärker zur Geltung zu bringen. Wir müssen bei solch fragilen Objekten natürlich vorsichtig sein und die konservatorischen Rahmenbedingungen im Blick behalten. Die Schatzkammer ist konservatorisch jedoch auf dem allerneuesten Stand.

Das Gespräch führte Björn Gutheil