Sprungmarken
10.03.2015

Radikale Ideen gegen das Vergessen

Blick in die Ausstellung der Architekturmodelle für den Rindertanzplatz.
Die Architekturmodelle der Studierenden aus Darmstadt für einen Erinnerungsort an der Rindertanzstraße – hier die Studie von Valentina Babi – sind noch bis 16. März im Foyer des Palais Walderdorff zu sehen.
Es war die letzte Station vor dem unvorstellbaren Grauen: Im Bischof-Korum-Haus in der Rindertanzstraße wurden ab 1942 jüdische Frauen und Kinder interniert, ehe sie in Viehwaggons gepfercht und in die Konzentrationslager deportiert wurden. Neue Denkanstöße, wie an diese Ereignisse würdig erinnert und der Rindertanzplatz zugleich städtebaulich aufgewertet werden kann, wurden vergangene Woche im Palais Walderdorff vorgestellt.

Nach neueren Erkenntnissen wurden 1942/43 mehr als 600 Juden von Trier aus in die Vernichtungslager im Osten deportiert. Nur 14 kehrten nach Kriegsende wieder in ihre Heimat zurück. Während die Männer ihre letzten Tage in Trier im Gefängnis in der Windstraße verbringen mussten, diente das Korum-Haus, das 1929 als Begegnungsstätte einer katholischen Jugendgruppe errichtet worden war, als Sammelpunkt für Frauen und Kinder.

In den 1960er Jahren wurde das Bischof-Korum-Haus abgerissen, seitdem ist der Rindertanzplatz eine Brache mitten in der Stadt und wird als Parkplatz unter Wert genutzt. Da die Stadt seit kurzem wieder Eigentümerin des Areals ist und bisher nur eine wenig ansehnliche und inhaltlich überholte Tafel an die historischen Ereignisse erinnert, steht die künftige Gestaltung nun auf der Tagesordnung.

„Es gibt immer wieder den Ruf, die alten Zeiten ruhen zu lassen. Das geht gar nicht, wir dürfen das sich Erinnern nicht in Frage stellen, sondern müssen es für die gesellschaftliche Entwicklung nutzbar machen“, betonte OB Klaus Jensen zur Eröffnung des Symposiums im Palais Walderdorff.

Auf Initiative des Ortsbeirats Mitte-Gartenfeld und der AG Frieden hatten sich Schüler des Leistungskurses Geschichte am AVG sowie Architekturstudenten der Hochschulen Trier und Darmstadt mit dem Rindertanzplatz befasst und präsentierten ihre Ergebnisse. Die AVG-Schüler haben mit ihrer Lehrerin Claudia Nosper eine Ausstellung zur Geschichte des Rindertanzplatzes und des Bischof- Korum-Hauses, aber auch zur Verfolgung der jüdischen Gemeinde in Trier bis hin zum Schicksal von Einzelpersonen konzipiert.

Die Studierenden aus Trier haben die Architekturgeschichte des Stadtquartiers von den Anfängen in der Römerzeit bis heute aufgearbeitet. Schließlich stellte Professor Ansgar Lamott von der Hochschule Darmstadt die Studien seiner Studierenden für die architektonische Gestaltung eines Erinnerungsortes und Mahnmals vor. Die Entwürfe reichen von massiven, mehrgeschossigen Hochbauten, die bewusst als städtebaulicher Fremdkörper wahrgenommen werden sollen, bis hin zur offenen Platzgestaltung mit kreativen architektonischen und inhaltlichen Elementen im „Untergrund“. „Die Radikalität dieser Ideen entspricht der Radikalität des Holocausts“, zeigte sich OB Jensen von der Präsentation beeindruckt. Gemeinsam ist vielen Entwürfen die Verwendung von Stelen oder Lichtpunkten als symbolische Erinnerung an die deportierten Menschen.

Die Ergebnisse der Projekte werden in einem Buch des Vereins Trierisch publiziert. Als Zwischenlösung soll außerdem eine touristische Informationsstele am Rindertanzplatz installiert werden. Der Ortsbeirat Mitte-Gartenfeld hat für die Vorhaben ein Budget von 10.000 Euro eingeplant. „Es ist beschämend und unwürdig, wie bisher der Ereignisse um das Korum-Haus gedacht wird“, erklärte Ortsvorsteher Dominik Heinrich. Jetzt gibt es zumindest einen Anstoß, um den Rindertanzplatz wieder in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.