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28.06.2011

Weltoffenheit ist kein Selbstläufer

Zu den zahlreichen Initiativen, die sich beim Bürgerkongress vorstellten, gehörte der Internationale Campus an der Uni.
Zu den zahlreichen Initiativen, die sich beim Bürgerkongress vorstellten, gehörte der Internationale Campus an der Uni.
Trier ist in großen Teilen eine weltoffene, tolerante Stadt, in der Menschen diverser Nationalität friedlich miteinander leben. Dennoch besteht Grund zur Wachsamkeit, nicht zuletzt durch wachsende soziale Gegensätze. Existenzängste könnten bis weit in die Mittelschicht hinein die Anfälligkeit für rechtes Gedankengut erhöhen und sich zu einer ernsten Bedrohung der demokratischen Gesellschaft entwickeln. Diese Einschätzung zog sich wie ein roter Faden durch die Abschlussdebatte beim „Bürgerkongress für ein tolerantes und weltoffenes Trier“, mit dem die gleichnamige städtische Kampagne startete.

Neben OB Klaus Jensen saßen in der von Hannah Schmitt moderierten Runde sechs weitere Experten: Joachim Christmann (Bereichsleiter Jugend, Soziales und Gesundheit der Kreisverwaltung), Bettina Mann (Verein Solidarität, Intervention und Engagement für von Gewalt betroffene Frauen und Mädchen), Christine Imping-Schaffrath (Sozialdienst Katholischer Frauen), Paul Haubrich (Club Aktiv), Srebrenka Schmidt (Beirat für Migration und Integration) und Reinhold Spitzley (Club Aktiv). Sie äußerten die Befürchtung, dass durch Arbeitslosigkeit, befristete und schlecht bezahlte Jobs das Gefühl der Herabsetzung und Diskriminierung zunehme. Das führt nach Einschätzung von Jensen zu Politikverdrossenheit oder Anfälligkeit für rechte „Rattenfänger“. Er plädierte in diesem Zusammenhang für einen neuen Anlauf zu einem NPD-Verbot. Die Experten waren sich einig, dass hier auch basisorientierte Projekte vor Ort in den Stadtvierteln gefordert sind. Dort gibt es große Unterschiede: Jensen berichtete von Ratsuchenden in seiner Sprechstunde, die allein durch die Postleitzahl ihres Stadtteils, der teilweise als sozialer Brenpunkt gilt, Nachteile bei einer Bewerbung hatten.

Der OB sprach sich dafür aus, die Tradition der Stadtteil- und Nachbarschaftsfeste wiederzubeleben. Zur Überwindung von Vorurteilen seien persönliche Kontakte unerlässlich. Begegnung mit Menschen diverser Nationalität und aus unterschiedlichen sozialen Schichten muss nach Einschätzung aller Podiumsteilnehmer selbstverständlicher Teil des Alltags sein.

Die Tagung hatte mit einer Einführung durch Professor Bernd Hamm, Vorsitzender des Vereins Lokale Agenda 21, und OB Jensen begonnen. Einen philosophisch orientierten Blick über „Theorie und Praxis der Toleranz auf dem Wege der Verständigung“ präsentierte Dr. Hamid Resza Yousefi, Leiter des Instituts zur Förderung der Interkulturalität. Danach konnten sich die Besucher an rund 20 Ständen über die Arbeit diverser Initiativen informieren. Das Spektrum reichte vom Multikulturellen Zentrum, dem Bündnis gegen Rechts, der AG Frieden und QuattroPole bis zu den Volkshochschulen.

Viele Gäste beteiligten sich bei dem von der Lokalen Agenda 21 organisierten Kongress in der AMG-Aula an Workshops zu den neuen Medien oder Strategien gegen die NPD. Sie konnten schriftlich erklären, ob und in welcher Form sie bei der Kampagne mitarbeiten wollen und Vorschläge äußern.