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27.02.2018

Freundschaft überstand sogar den Fehltritt

Die Hauptdarstellerinnen des Stücks "Starke Frauen um Marx" im Kostüm
Bei der Inszenierung aus St. Wendel verkörpert Anne Kessler Jennys Bruder Ferdinand (r.). Die anderen Rollen übernehmen Hanna Schmitt (Jennys Mutter Caroline von Westphalen), Christel Ritter (Helena Demuth) und Christine Hoff-Csar (Jenny Marx, v. l.). Foto: privat

Uraufführung zum Weltfrauentag: Die „Fraueninitiative St. Wendeler Stadtgeschichte" präsentiert ihr Theaterstück „Starke Frauen um Karl Marx" im Jubiläumsjahr am 8. März, 19 Uhr, im Broadway-Kino. Zwei fiktive Szenen beleuchten die Situation im Elternhaus von Jenny Marx, geborene von Westphalen, sowie später im Londoner Exil. Regisseurin Christine Hoff-Csar stellt im Gespräch mit der Rathaus Zeitung (RaZ) ihre Theatergruppe und die Inszenierung vor.

RaZ: Seit wann gibt es die „Fraueninitiative St. Wendeler Stadtgeschichte"?

Christine Hoff-Csar: Die Formation ist entstanden aus der Theatergruppe des katholischen deutschen Frauenbundes St. Wendel. Seit dem Frühjahr 2016 nennt sich die Gruppe „Fraueninitiative St. Wendeler Stadtgeschichte", begründet auf dem Interesse an Frauen, die in dieser Stadt gelebt und Besonderes bewirkt haben.

Präsentieren Sie mit der bevorstehenden Uraufführung erstmals eine eigene Theaterproduktion?

Die erste Produktion fand im März 2011 statt unter dem Titel: „Lenchen Demuth – eine starke Frau aus St. Wendel". Daraus hat sich im Laufe der Zeit das aktuelle Programm „Starke Frauen um Karl Marx" entwickelt. Ein weiteres Theaterprojekt ging im Oktober 2015 unter dem Titel: „Luise – eine (fast) vergessene Herzogin" über die Bühne. Dabei ging es um Herzogin Luise von Sachsen-Coburg-Gotha, die von ihrem Mann, Herzog Ernst von Sachsen- Coburg-Saalfeld, nach St. Wendel verbannt wurde, wo sie danach als große Wohltäterin für das Volk wirkte. Herzogin Luise ist im Übrigen die Stammmutter des Hauses Windsor: Ihr Sohn Albert heiratete Victoria, die spätere britische Königin. Auch von Herzogin Luise gibt es ein Denkmal vor dem St. Wendeler Rathaus – vom selben Künstler gestaltet, der auch die Statue von Lenchen Demuth kreiert hat.

Wie entstand die Idee für das aktuelle Stück?

Als in St. Wendel vor einigen Jahren bekannt wurde, dass eine Bronzestatue der in der Stadt geborenen Helena Demuth in Planung war, kamen zwei Frauen (Elisabeth Zimmermann und Gisela Hoffmann) auf die Idee, einen Informationsabend über diese interessante historische Persönlichkeit zu machen. Also schrieb Gisela Hoffmann eine fiktive Theaterszene rund um Lenchen Demuth und Jenny Marx, die dann im Rahmen eines Vortrages aufgeführt wurde. Das Publikumsinteresse war so groß, dass es danach noch zwei Aufführungen gab, die eine im Rahmen der Frauenkulturtage 2011, die andere 2014 mit einer Publikumsdiskussion in Anwesenheit des Künstlers Kurt Tassotti, der die Statue von Lenchen Demuth gestaltet hat, und eines Nachfahren von ihr.

Was ist der besondere Reiz des Zwiegesprächs zwischen Lenchen Demuth und Jenny Marx im zweiten Teil des Stücks?

Das Gespräch beleuchtet die schwierige finanzielle Situation der Familie Marx im Londoner Exil. Man erfährt, wie wichtig Lenchens Einsatz für die Existenz der Familie ist. Selbst in ausweglosen Situationen hat sie Ideen und setzt diese tatkräftig für das Überleben der Familie ein.

Gab es eine Solidarität zwischen beiden, obwohl Lenchen Demuth auch die Geliebte von Karl Marx war und mit ihm einen Sohn hatte?

Jenny und Lenchen kannten einander ja schon sehr gut aus dem Hause von Jennys Eltern. Jenny war heilfroh, dass ihre Mutter ihr die fleißige und zuverlässige Haushälterin für die Bewältigung des Alltags mitgegeben hatte. Die Freundschaft und Verbundenheit zwischen ihnen war wohl stärker als dieser Fehltritt, zumal Karl Marx ja wohl immer wieder außereheliche Affären hatte. Lenchens Sohn Frederik kam zu einer Pflegefamilie. Marx hatte nie die Courage, ihn anzuerkennen.

Erhoffen Sie sich von der bevorstehenden Marx-Ausstellung in Trier, dass Lenchen Demuth auch in St. Wendel noch stärker ins öffentliche Bewusstsein rückt?

Natürlich hoffen wir auf mehr öffentliches Interesse an ihrer Person, aber wir wissen ja nicht, wie präsent sie in dieser Ausstellung tatsächlich sein wird. Wir würden uns jedoch freuen, wenn wir mit unserem Projekt einen Beitrag dazu leisten könnten, sie bekannter zu machen.

Plant ihre Initiative weitere Veranstaltungen zum Marx-Jahr?

Es ist vorgesehen, das Stück im Herbst dieses Jahres noch einmal in St. Wendel aufzuführen.

Wird das Stück nur einmal in Trier gezeigt oder sind weitere Aufführungen angedacht?

Der Aufführungstermin am 8. März ist bisher der einzige, aber mal schauen, was sich vielleicht noch ergibt.

Das Gespräch führte Petra Lohse