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22.11.2016

Vertrag oder Schadensersatz

Bei der Pressekonferenz des Stadtvorstands am vergangenen Montag wurde thematisiert, aus welchen Gründen der Noch-Intendant Dr. Karl M. Sibelius im August diesen Jahres trotz der bereits teilweise bekanntgewordenen Budgetüberschreitungen beim Theater eine Vertragsverlängerung durch den Stadtrat bis 31. Juli 2020 erhielt. Dazu erklärte der neue Verwaltungsdirektor am Theater, Herbert Müller:

„Mit Beschluss des Stadtrates vom 3. April 2014 wurde Herr Karl. M. Sibelius die Intendanz für das Theater Trier mit Wirkung zum 1. August 2015 übertragen, wobei ein Fünf-Jahres-Vertrag (1. August 2015 bis 31. Juli 2020) geschlossen werden sollte. In der Begründung des Beschlusses heißt es unter anderem: ‚Soweit bis zur Aufnahme der Tätigkeit das Theater bereits in eine neue Rechtsform überführt ist, soll der Vertrag mit Herrn Sibelius direkt mit dieser Rechtsform abgeschlossen werden.‘

Am 31. Juli 2015 schlossen die Stadt Trier und Herr Sibelius einen Vertrag, der bis zur Gründung der vom Stadtrat zwischenzeitlich beschlossenen Anstalt öffentlichen Rechts (AöR), längstens jedoch zum 31. Dezember 2015 zweckbefristet war, da mit einer kurzfristigen Gründung der Theater-AöR gerechnet wurde.

Dieser Vertrag wurde dann am 28. Dezember 2015 nochmals bis zum 31. Juli 2016 – ebenfalls mit Hinblick auf die beabsichtigte AöR-Gründung – zweckbefristet verlängert.

Vor dem Hintergrund der seit Juni 2016 bekannten finanziellen Schieflage des Theaters Trier und des ungewissen Gründungstermins der AöR stellte sich für die Stadt die Frage, ob der befristete Vertrag mit Herrn Sibelius nunmehr auf die ursprünglich beschlossene Laufzeit des Intendantenvertrages (bis 31. Juli 2020) verlängert werden oder durch Zeitablauf zum 31. Juli 2016 beendet werden sollte.

Aufgrund der Beschlusslage vom April 2014 und der tatsächlichen Beschäftigung von Herrn Sibelius in der Folgezeit, durfte Herr Sibelius darauf vertrauen, bis zum 31. Juli 2020 weiterbeschäftigt zu werden. Wäre dieses Vertrauen durch die Stadt zerstört worden, indem sie den Vertrag im Juli diesen Jahres hätte auslaufen lassen, wäre dies eine Pflichtverletzung gewesen, die die Stadt zu Schadensersatz nach §§ 280 Abs. 1, 311, 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet hätte. Ein solcher Schadensersatzanspruch wäre auf das sogenannte negative Interesse gerichtet gewesen, das heißt Herr Sibelius wäre (zumindest finanziell) so zu entschädigen gewesen, wie wenn der Vertrag erfüllt worden wäre. Er hätte also sein vereinbartes Gehalt für die gesamte Vertragslaufzeit beanspruchen können.

Dementsprechend war es folgerichtig, Herrn Sibelius auch über den 31. Juli 2016 hinaus weiter zu beschäftigen, zumal er die Veränderung in der Theaterleitung (gemeinsame Verantwortung mit dem Kaufmännischen Leiter) und die übrigen Änderungen der Vertragskonditionen (insbesondere das reduzierte Gehalt) akzeptiert hatte.“