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11.07.2023

Kontroverse Namensänderung

Eine Folie mit der Aufschrift "Platz der Menschenwürde" wird verarbeitet.
In der Schilderwerkstatt der Stadtverwaltung wird letzte Hand angelegt. Am Mittwochmorgen wird das neue Straßenschild aufgehängt.

Nach einer zum Teil emotional geführten Debatte entschied der Stadtrat, den Bischof-Stein-Platz hinter dem Dom in „Platz der Menschenwürde" umzubenennen. Damit überstimmte er das Votum des zuständigen Ortsbeirats, das ihm zur Entscheidung vorlag.

Der ehemalige Trierer Bischof Stein soll wegen seiner nachgewiesenen Rolle in den Missbrauchsskandalen des Bistums nicht mehr in Trier geehrt werden. Der Stadtrat hatte ihm daher bereits im Februar 2023 posthum die Ehrenbürgerwürde und das Ehrensiegel aberkannt und den Ortsbeirat Trier-Mitte/Gartenfeld beauftragt, einen neuen Namen für den Bischof-Stein-Platz zu finden, der seit 2011 diese Bezeichnung hat.

Der Ortsbeirat hatte im April nach ausführlicher Diskussion mehrheitlich entschieden, den alten Zustand wiederherzustellen: Die Straße zwischen Domfreihof und Predigerstraße sollte wieder durchgängig Windstraße heißen und der abgehende dreieckige Platz sollte der sich anschließenden Straße „Hinter dem Dom" zugeschlagen werden. Die Fläche hinter dem Dom wäre somit nicht mehr offiziell als „Platz" bezeichnet worden.

Eine entsprechend ausgearbeitete Ratsvorlage lehnte der Stadtrat nun mit 26 Nein- bei 24 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen ab. Stattdessen folgte der Rat dem Alternativvorschlag einer fraktionsübergreifenden Gruppe, die Fläche in „Platz der Menschenwürde" umzubenennen. 27 Personen stimmten diesem Vorschlag zu, 22 lehnten ihn ab und vier enthielten sich.

Johannes Wiegel (Bündnis90/Die Grünen) begründete den Alternativvorschlag mit der Sorge der Opfer, „bei einer Rückkehr zum Status quo ante" könne „die Geschichte des Platzes und damit das Leid der Opfer schnell in Vergessenheit geraten". Den Antragstellern sei klar, dass sie mit der Ablehnung des Ortsbeiratsbeschlusses für „Irritationen, Enttäuschung und Wut" sorgen würden. Das „Wohlbefinden der Opfer" sei ihnen aber „in diesem Fall wichtiger".

Norbert Freischmidt (CDU) hingegen plädierte dafür, das Votum des Ortsbeirats zu respektieren. Er verteidigte auch das im Ortsbeirat beschlossene Verfahren, keine breite Öffentlichkeitsbeteiligung zu starten mit der Anhörung von Opferverbänden oder sonstigen Interessengruppen, denn „wo fängt man da an?" Julia Bengart (SPD) hingegen wies auf den mehrfach geäußerten Wunsch der Opferinitiative MissBit hin, den Platz in „Platz der Menschenwürde" umzubenennen und folgerte: „Da kann man sich auch die Frage stellen, worüber wir hier eigentlich noch diskutieren!" Andere Verfechter des Alternativvorschlags betonten, ihr Votum habe rein „persönliche Gründe", sie respektierten aber auch die andere Entscheidung.

Christiane Probst, Ortsvorsteherin in Ruwer/Eitelsbach und Stadträtin betonte hingegen, die Straßenbenennung sei „das einzige Recht, das Ortsbeiräte haben". Dieses Votum zu negieren hätte eine „verheerende Signalwirkung". Eine Argumentation, der sich Joachim Gilles (FDP), Ratsmitglied und Ortsvorsteher von Filsch, anschloss. Er warnte vor Problemen, „in Zukunft noch Kandidatinnen und Kandidaten für die Mitarbeit in einem Ortsbeirat zu finden".

Auch Michael Düro, Ortsvorsteher von Trier-Mitte/Gartenfeld, meldete sich am Schluss der Debatte zu Wort: Er erinnerte nochmals daran, dass der Stadtrat direkt über einen neuen Namen hätte entscheiden können, ohne Einschaltung des Ortsbeirats. Seine Frage zum Schluss: „Wo war die angesprochene Überzeugung des Rates, als das Mandat an den Ortsbeirat gegangen ist?"

Die Umbenennung des Platzes tritt zum 12. Juli in Kraft.

Britta Bauchhenß

Hinweis: Nach Redaktionsschluss der Rathaus Zeitung hat sich folgender neuer Sachverhalt ergeben: Ein Mitglied des Trierer Stadtrats hat vor dem Verwaltungsgericht Trier gegen die Wirksamkeit des Ratsbeschlusses zur Umbenennung geklagt. Es handelt sich um ein so genanntes
Kommunalverfassungsstreitverfahren. Das Gericht hat die Stadtverwaltung zwar nicht verpflichtet, den Prozess der Umbenennung zu stoppen. Die Verwaltung hat aber angesichts der eingegangenen Klage entschieden, mit dem Vollzug der Umbenennung abzuwarten, bis Rechtssicherheit herrscht. Daher werden die Straßenschilder nicht, wie ursprünglich geplant, bereits am Mittwoch, 12. Juli, ausgetauscht, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt.