Sprungmarken
24.10.2023

Jeder Einzelne ist gefordert

Mitwirkende der Veranstaltung stehe rechts und links von einem Plakat mit dem Schriftzug "Demokratie-Tag".
Die Beiträge zur Langen Nacht der Demokratie kamen aus ganz verschiedenen Bereichen: Professor Kristin Shi-Kupfer (Universität Trier), Markus Nöhl, Dezernent für Kultur, Tourismus und Weiterbildung, Ray Wong (Demokratie-Aktivist aus Hongkong), Autorin Deana Zinßmeister, Michel W. Dittgen (Universität Trier) und VHS-Leiter Rudolf Fries (v. l.). Foto: Stadtbücherei
Der Stadtrat hat im März den Beitritt der Stadt Trier zu dem „Bündnis Demokratie gewinnt! Rheinland-Pfalz" als eine von mehreren Schritten zur Stärkung der Demokratiebildung beschlossen. Daher lag es nahe, den inzwischen realisierten Beitritt am rheinland-pfälzischen Demokratietag, den das Bündnis jährlich organisiert, zu feiern. Einen guten Rahmen bot die „Lange Nacht der Demokratie", die an diesem Tag erstmals im Bildungs- und Medienzentrum stattfand. Das Programm war so vielfältig, wie politische Bildung insgesamt ist: Zwei Ausstellungen warfen einen Blick in die Demokratiegeschichte (70 Jahre Volksaufstand in der DDR 1953) und informierten ganz aktuell über ein lokales Beteiligungsformat – mit Ergebnissen der fünften Trierer Jugendkonferenz 2023.

Das Wahlbüro der Stadt Trier wies mit einem Informationsstand auf die kommende Kommunal- und Europawahl im Juni hin und warb für Wahlhelferinnen und Wahlhelfer. Und wer wollte, konnte an einer Teststation einen Einbürgerungstest simulieren oder sich an den Büchertischen der Landeszentrale für Politische Bildung Rheinland-Pfalz und der Stadtbücherei bedienen.

In den Vorträgen und der Lesung am Abend setzte sich diese Angebotsvielfalt fort: Der Beigeordnete Markus Nöhl, selbst Historiker, stellte in seinem Grußwort die Kommune als wichtigen Ort der Demokratie in den Fokus. Michell W. Dittgen (Universität Trier) zeigte in seinem Vortrag sehr anschaulich, was die Demokratie aktuell gefährdet, vor allem aber auch was jeder einzelne Bürger und jede einzelne Bürgerin vor Ort zur Stärkung der Demokratie tun kann.

Wenn auch mit über 60 Jahren Zeitunterschied, aber gleichermaßen spannend waren die Beschreibungen vom individuellen Umgang mit fehlender Demokratie. So nahm die saarländische Autorin Deana Zinßmeister in ihrer Lesung aus dem Roman „Die vergessene Heimat" über die Repu-
blikflucht ihrer Eltern Bezug zur deutsch-deutschen Geschichte. Eindrücklich unterstrichen wurde die Lesung durch den Zeitzeugenbericht der 87jährigen Magdalena Rauscher, eine der Hauptfiguren in dem Roman, der auf wahren Begebenheiten basiert.

Ganz aktuell und nicht minder eindrücklich waren die Berichte zweier Bürgerrechtler aus Hongkong: Gemeinsam mit der Zeitzeugin haben sie die Flucht aus der Heimat in ganz jungen Jahren. Und sie waren mit ihrem authentischen Bericht ein gutes Beispiel dafür, wie junge Leute unter Einsatz des eigenen Lebens für Demokratie einstehen. Die Sinologin Kristin Shi-Kupfer ordnete den Bericht der jungen Bürgerrechtler wissenschaftlich ein. Und wie Kultur und politische Bildung zusammenfinden, zeigte das parallel und bis in die Nacht stattfindende Konzert „Rock gegen Rechts" im Keller des Palais Walderdorff. Es wurde von WeConnect, der Afrikanischen Community Trier und dem Verbund „Trier zeigt Haltung" organisiert.

„Das vielfältige und anspruchsvolle Programm hat das Spektrum von Demokratiebildung eindrücklich demonstriert und war ein würdiger Rahmen für den Beitritt der Stadt Trier zu dem „Bündnis Demokratie gewinnt! Rheinland-Pfalz", fasste Dezernent Nöhl in seinem Dank an die VHS und Stadtbücherei für die Organisation und an das Land für seine finanzielle Unterstützung zusammen. VHS-Leiter Rudolf Fries ergänzte als Fazit: „Der Abend hätte mehr Besucherinnen und Besucher verdient gehabt. Aber genau das ist die Herausforderung an politische Bildung: Noch mehr Menschen in Trier anzusprechen, zu begeistern und zu gewinnen."