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06.05.2008

Bebauungs-Stopp in Hochwassergebieten

Großflächige Ausdehnung der Schutzgrenzen geplant

Rote Markierung: Grenze des neu festgelegten Bereichs; Dunkelgrüne Bereiche: altes Hochwasserschutzgebiet (1999); Hellgrüne Bereiche: neue Hochwasserschutzzonen (2008); Abbildung: Stadtplanungsamt.
Rote Markierung: Grenze des neu festgelegten Bereichs; Dunkelgrüne Bereiche: altes Hochwasserschutzgebiet (1999); Hellgrüne Bereiche: neue Hochwasserschutzzonen (2008); Abbildung: Stadtplanungsamt.

Die Hochwasserschutzgebiete in Trier werden neu festgesetzt und dabei vermutlich erheblich ausgeweitet. Durch geänderte gesetzliche Regelungen, die eine Neufestlegung notwendig machen und zudem restriktive Vorgaben zur Bebauung der betroffenen Gebiete aufweisen, sind gravierende Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung Triers zu erwarten. Zahlreiche Gebiete sind betroffen, die laut Flächennutzungsplan als Gewerbeflächen oder auch als Wohnbebauung ausgewiesen waren. „Für die Entwicklung der Stadt ist das eine schwierige Aufgabe“, sagte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani. 

Gravierende Flächenausdehnung 

Nach dem Gesetz zur Verbesserung des Hochwasserschutzes aus dem Jahr 2005, das als Reaktion auf die katastrophalen Auswirkungen des Elbhochwassers erlassen wurde, ist das Land Rheinland-Pfalz verpflichtet, die Überschwemmungsgebiete neu festzulegen. Dabei ist nun grundsätzlich von einem Hochwasser auszugehen, das einem statistischen Wiederkehrintervall von 100 Jahren entspricht. Dieser theoretisch errechnete Höchstpegelstand liegt nach Angaben der Oberen Wasserbehörde, der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord), bei genau 11,78 Meter. Das sind etwa 50 Zentimeter mehr als in der im Moment geltenden Verordnung aus dem Jahr 1999 festgelegt. „Auf den ersten Blick scheint der halbe Meter nicht gravierend, doch wegen der relativ flachen Flussrandbereiche in Trier sind die Auswirkungen auf die Flächenausdehnung erheblich“, so Stefan Leist vom Stadtplanungsamt. 

Betroffen sind insbesondere die Eurener Flur, Trier-West, die nördliche Innenstadt, die Gewerbeflächen im Industriegebiet Nord, Pfalzel sowie Ehrang mit dem Industriegebiet Hafen. Die Ausweisung neuer Baugebiete ist innerhalb der Schutzgebiete verboten. Sind bereits Baurechte vorhanden, dürfen die Flächen zwar weiterhin bebaut werden, jedoch müssen bestimmte Auflagen erfüllt sein und eine Genehmigung der SGD Nord vorliegen.


Kritische Überprüfung 

Die SGD Nord hatte zuvor einen Entwurf für die Neuabgrenzung des Überschwemmungsgebietes entwickelt und den betroffenen Gemeinden zur Stellungnahme vorgelegt. Allerdings wird das Stadtplanungsamt diese Berechnungen mittels eigener terrestrischer Untersuchungen überprüfen, so Leist. In etwa zwei Wochen sollen diese Messungen abgeschlossen sein. „Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, bestätigte Baudezernentin Simone Kaes-Torchiani. „Wir werden versuchen, mit genaueren Daten eine Verbesserung für die Stadtentwicklung zu erzielen.“ Es sei jedoch genauso wichtig, Vorsichtsmaßnahmen  für die Siedlungsgebiete zu treffen. Gleichzeitig müssten Rückhaltebereiche geschaffen und die Renaturierung vorangetrieben werden, um Überschwemmungen vorzubeugen, so Kaes-Torchiani. „Das Wasser hält sich schließlich nicht an gesetzliche Vorgaben.“

Ausweitung mit gravierenden Folgen

Durch die Ausweitung der Hochwasserschutzgebiete ergeben sich weit reichende Konsequenzen für die Stadtentwicklung und Bebauung der betroffenen Gebiete: Die Ausweisung neuer Baugebiete ist innerhalb der Schutzgebiete verboten, davon ausgenommen sind lediglich Häfen und Werften. Betroffen von dieser Regelung sind unter anderem die im Flächennutzungsplan festgesetzte geplante Wohnbebauung am Pfalzeler Mittelweg sowie die gewerbliche Nutzung der Eurener sowie der Ehranger Flur. 

Nur wenn keine anderen Möglichkeiten zur Siedlungsentwicklung bestehen, dürfen laut Gesetz in genannten Bereichen zukünftig neue Baugebiete entstehen. „Das ist eine hohe Hürde, die für Trier nicht zu überwinden ist“, sagte Stefan Leist vom Stadtplanungsamt in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses. Lediglich Erweiterungen von standortgebundenen Firmengeländen könnten unter diese Ausnahmeregelung fallen. Im Rahmen der laufenden Neuaufstellung des Flächennutzungsplans scheiden Standorte im Überschwemmungsgebiet demnach als künftige Baulandpotenziale von vornherein aus.

Bebauung bei vorhandenen Baurechten möglich

Sind allerdings bereits Baurechte vorhanden, dürfen die Flächen weiterhin bebaut werden. Dies gilt für Gebiete in Trier-Nord und -West sowie für die gewerblichen Flächen im Industriegebiet Nord zwischen Dasbach- und Ohmstraße und weiter Richtung Ruwer. Jedoch müssen hier bestimmte Auflagen erfüllt sein: Die Hochwasserrückhaltung darf nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden, der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum muss ausgeglichen werden, Wasserstand und Abfluss bei Hochwasser dürfen nicht nachteilig verändert und der bestehende Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt werden. Neben diesen erhöhten Anforderungen entsteht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand, da die SGD Nord nun an allen Baumaßnahmen im Überschwemmungsgebiet beteiligt werden muss.

Genaue Überprüfung

Kritische Einzelfälle will das Stadtplanungsamt nun durch eigene terrestrische Messungen überprüfen. Im Bereich der Kyll hat eine solche Überprüfung ergeben, dass die Ortslage von Ehrang aus dem dortigen Überschwemmungsgebiet herausgenommen wurde. Darüber hinaus stehen das städtische Baudezernat und die SGD Nord in intensivem Kontakt, um weitere offene Fragen zu genehmigungstechnischen Verfahrensabläufen und zur möglichen nachträglichen Verbesserung des baulichen Hochwasserschutzes für die Siedlungsbereiche in Trier zu klären.

Verena Thimme