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13.11.2007

Bürgerbeteiligung contra Politikverdrossenheit

Als ein wichtiges Mittel, die Politikverdrossenheit überwinden zu helfen, hat Oberbürgermeister Klaus Jensen die verschiedenen Möglichkeiten einer Bürgerbeteiligung bezeichnet. Im kommunalen Bereich seien die unterschiedlichen Beteiligungsformen heute sehr weit entwickelt. Allerdings würden sie auf Grund fehlender Bekanntheit oder mangelnder Transparenz noch relativ wenig in Anspruch genommen, sagte Jensen bei der Auftaktveranstaltung zur Vortragsreihe „Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik“ im Bildungs- und Medienzentrum am Domfreihof. Mit sieben Veranstaltungen gehen Universität und Volkshochschule gemeinsam Fragen bürgerschaftlicher Partizipation in der Kommunalpolitik nach. Der erste Abend war dem Thema „Politikverdrossenheit, sinkende Wahlbeteiligung und kommunale Demokratie“ gewidmet.

Erlebbare Demokratie

Drei wichtige Ziele sprechen laut Jensen für eine verstärkte Bürgerbeteiligung. Sie mache die Demokratie erlebbar, erhöhe ihre Akzeptanz und ermögliche für das politische Handeln Folgeabschätzungen. Zudem diene sie als Gradmesser bei der Einstufung der Repräsentativität politischer Anliegen. Jensen erläuterte im Einzelnen die breite Palette bürgerschaftlicher Partizipationsmodelle, die teilweise auch in Trier mit Erfolg praktiziert werde. „Es gibt genügend Methoden, doch kommt es darauf an, für das jeweilige Thema das richtige Modell zu finden“, lautete seine Bilanz.
 
Dialog als Voraussetzung

Ausdrücklich schloss Jensen bei der Bürgerbeteiligung die in der Verfassung verankerten Formen, beispielsweise die herausgehobene Mitwirkung der Parteien, mit ein. Erfolgreiches Handeln setze den Dialog voraus. Die verstärkte Anwendung bürgerschaftlicher Partizipationsformen bedeute allerdings nicht, dass „alles, was Bürger sagen“ vom Stadtrat als dem legitimierten Entscheidungsgremium auch so beschlossen werden müsse. „Es ist aber auch schon sehr viel gewonnen, wenn wir mehr erklären, warum man etwas tut oder auch nicht ändern kann“, sagte Jensen.

Bleibe die in den verschiedenen Foren eingebrachte Bürgermeinung auf Dauer ohne Konsequenzen, sei dies der „Tod jeder Bürgerbeteiligung“. Die zentrale Frage nach der Repräsentativität bürgerschaftlicher Partizipation umriss er mit dem Hinweis, man müsse selbstkritisch damit umgehen und ihre Begrenztheit verstehen und auch akzeptieren. Seine grundsätzlich positive Einschätzung bürgerschaftlicher Beteiligung untermauerte Triers OB mit der Ankündigung, dass er ab 2009 mit dem neuen System der Doppik auch Elemente eines Bürgerhaushalts einführen wolle.

„Schule der Demokratie“

Als Mitorganisator der Veranstaltungsreihe ging Dr. Winfried Thaa, Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Uni Trier, auf die Entwicklungsstufen der Bürgerbeteiligungsbewegung seit 1971 ein, die zu einer Aufwertung bürgerschaftlichen Engagements gegenüber Staat und Verwaltung geführt habe. Nach 1989 seien die Elemente direkter Demokratie stärker institutionalisiert worden. „Als Schule der Demokratie“ werde in der Demokratietheorie den bürgerschaftlichen Partizipationsformen auf kommunaler Ebene eine hohe Wertschätzung zuteil. Um so erstaunlicher sei es, dass die Phänomene der Politikverdrossenheit gerade hier stark ausgeprägt seien und die geringe Beteiligung bei Kommunalwahlen als „dramatisch“ bezeichnet werden müsse. Über die tatsächlichen Gründe des nachlassenden Interesses an kommunalpolitischen Prozessen konnte Thaa auch nur spekulieren. Womöglich würden die Handlungsspielräume als zu gering eingeschätzt. Fehlende Motivation, sich mit dem Gemeinwesen und seinen Institutionen zu identifizieren, sei eine allgemein anzutreffende Erscheinung. Thaa ließ seine Fragen, ob sich die Kommunalpolitik wieder stärker politisieren müsse, um Alternativen spürbarer werden zu lassen und ob durch neue Beteiligungsformen tatsächlich vermehrtes Interesse am politischen Geschehen geweckt werden könne, offen und verwies auf die nachfolgenden Vorträge. Sie hätten das Ziel, die Chancen und Hindernisse einer breiten Bürgerbeteiligung in verschiedene Richtungen auszuloten.

Vortragsreihe zum Thema Bürgerbeteiligung in der Kommunalpolitik

Ort: VHS, Domfreihof, Raum 5 (Erdgeschoss) jeweils 19 Uhr:
  • „Das Reformmodell der Bürgerkommune“, Professor Dr. Lars Holtkamp, Dienstag, 20. November.
  • „Der Bürger als Kunde – Entpolitisierung der Kommunen und ihrer Aufgaben?“, Professor Wolfgang H. Lorig, Dienstag, 4. Dezember. 
  • „Kommunalpolitisches Interesse und Partizipationsmöglichkeiten Jugendlicher“, Dr. Waldemar Vogelsang, Dienstag, 11. Dezember.
  • „Neue Formen der Demokratie unter Bedingungen der Globalisierung“, Professor Dr. Bernd Hamm, Dienstag, 15. Januar. 
  • „Soziale und politische Exklusion in der Kommunalpolitik“, Professor Dr. Martin Kronauer, Dienstag, 22. Januar. 
  • „Die Rolle der Parteien in der Kommunalpolitik“, Dr. Angelika Vetter, Dienstag, 12. Februar
Eintritt frei.