Sprungmarken
09.05.2023

Kunst rundherum und mittendrin

Ein Mann im blauen Pullover sitzt auf einer Bank unter Bäumen. Im Hintergrund ist ein historischer Brunnen.
Für drei Festivaltage hat Paul Hess gemeinsam mit Produktionsleiterin Carola Ehrt ein künstlerisch spannendes Programm erstellt, das den Kornmarkt zu einem Ort unerwarteter Begegnungen macht.

Für alle ist etwas dabei – das Fringe- Theaterfestival wartet an diesem Wochenende mit einer bunten Palette aus Tanz, Musik, Clownerie und Artistik auf. Was dieses Jahr neu ist und wann man gemütlich im Bett auf dem Kornmarkt frühstücken kann, erklärt Paul Hess, künstlerischer Leiter des Festivals, im Gespräch mit der Rathaus Zeitung.

RaZ: Herr Hess, das Fringe-Festival kommt ursprünglich aus Edinburgh und ist mittlerweile das größte Theaterfestival der Welt. Wie passt das nach Trier?

Paul Hess: Es ist ursprünglich entstanden aus einer Gruppe von freischaffenden Künstlern, die sich zusammengetan haben, weil sie in dem Programm des dortigen Theaterfestivals nicht vorgekommen sind. Sie haben damals beschlossen: Wir machen unser eigenes Festival, das draußen an alternativen Plätzen stattfindet. Das war in den 1940ern. Inzwischen hat sich das ein bisschen entwickelt. Aber diesen Ursprungsgedanken, etwas Ergänzendes zu schaffen, haben wir hier in Trier übernommen: Wir machen ein Festival draußen, an einem alternativen Ort, ergänzend zum Programm des Trierer Theaters.

Was wird dieses Jahr anders sein als im letzten Jahr?

Der erste Versuch war letztes Jahr an zwei Spieltagen und mit einem recht kleinen Programm. Dieses Jahr ist das Programm viel dichter. Dadurch gibt es durchgängig etwas zu sehen, es wird keine Leerläufe geben. Neu ist auch, dass wir mit einer Eigenproduktion des Trierer Theater-Ensembles vertreten sind. Es kommen aber auch Künstlerinnen und Künstler aus ganz Europa, zum Beispiel aus Finnland, aus Barcelona oder aus den Niederlanden.

Was wollen Sie den Menschen mit diesem Festival mitgeben?

Nicht das komplette Publikum wird geplant zum Fringefestival kommen. Manche werden auch bei ihrem Samstagseinkauf sein und dabei den Künstlerinnen und Künstlern begegnen. Dieser Überraschungsmoment ist spannend. Vor allen Dingen soll es natürlich Spaß machen. Wir wollen aber auch berühren und aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen aufgreifen. Mit „Captcha" haben wir zum Beispiel eine Produktion, die sich mit tierischen und menschlichen Intelligenzsystemen auseinandersetzt und dazu eine sehr schöne Performance erarbeitet hat – damit hat die Gruppe auch den Kölner Tanzpreis bekommen.

Was ist auf dem Kornmarkt möglich, was auf der Theaterbühne nicht funktioniert?

Eine andere Form der Interaktivität. Die Künstlerinnen und Künstler und die Zuschauenden sind viel näher, in einem viel engeren Kontakt. Wir haben am Samstagvormittag zum Beispiel die Performance „Frisch bezogen", bei der wir 15 Betten auf dem Kornmarkt aufstellen, die als Open Air Performance-Museum funktionieren. Dort werden unsere Künstlerinnen und Künstler mit Zuschauenden ins Gespräch kommen. Die Grenze des Kunstwerks ist so nicht mehr klar ersichtlich, das Publikum wird plötzlich – gewollt oder ungewollt – zum Teil davon. Das Beisammensein, die Interaktion und dieses Versammeln in und um Kunst herum – das ist das schöne Element des Draußenseins.

Das Fringefestival findet zusammen mit der Kultursommer-Eröffnung statt. Inwiefern harmonieren die beiden Veranstaltungen miteinander?

Unsere Programme ergänzen sich zum einen inhaltlich gut. Wir haben beide artistische und tänzerische Elemente. Mit unserem motorlosen Karussell und der klimaneutralen Fahrrad-Disco vom Kultursommer greifen wir Ähnliches auf, setzen es aber komplett unterschiedlich um. Zum anderen haben wir uns zeitlich so abgestimmt, dass wir Freiräume für die Highlights des jeweils anderen Teils lassen. Der Kultursommer hat mit „La Spire" und „Chloé Moglia" zwei dicke Highlights am Abend. Wir haben unsere Highlights mit „Common Ground" zur Eröffnung am Freitagabend und dann mit „Captcha" und unseren Walking Acts tagsüber. Das passt super zusammen.

Warum lohnt sich gerade am Sonntag der Weg auf den Kornmarkt?

Weil man den Sonntag bei uns auf dem Kornmarkt genauso gemütlich verbringen kann wie Zuhause: Mit Frühstück im Bett und guter Unterhaltung. Das Frühstück kann man entweder mitbringen oder bei den Gastronomen drumherum erwerben und sich dann in eines unserer Betten legen und dazu ein wunderschönes Programm mit südamerikanischem Walzer, Tango, Artistik und Tanz genießen.

Die Fragen stellte Helena Belke