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13.03.2007

Kleider, die Leute machten

Sommerkleid aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Sommerkleid aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Inwieweit das Sprichwort „Kleider machen Leute“ auch auf Trier anwendbar ist und ob die Kleidung der moselländischen Bevölkerung durch die Jahrhunderte „up to date“ war, kann künftig im Stadtmuseum Simeonstift nachgespürt werden. Ein Teil der umfangreichen Sammlung an Textilien wird ab 13. Mai erstmals vollständig restauriert der Öffentlichkeit präsentiert. Gezeigt wird ein Überblick über die Entwicklung der Mode in der Trierer Region von circa 1700 bis in die 1940er Jahre. Darunter befinden sich Modelle, die durchaus mit der schicken Pariser Haute Couture aus vergangenen Zeiten mithalten können. Vom bäuerlichen Habit über die höfische Garderobe bis hin zum Perlenkleid aus den 20er Jahren spiegeln die Kleidungsstücke sowohl handwerkliches Können als auch Lebensgefühl der Träger wider.

Zu den Highlights der Sammlung zählt der Galaanzug des ehemaligen Trierer Bürgermeisters Ludwig Karl Gottbill aus kostbarer französischer Seide. „Wahrscheinlich hat Gottbill diesen Anzug zu seiner Amtseinführung 1769 anfertigen lassen“, berichtet Ralf Schmitt, Modedesigner und Projektleiter des kostümhistorischen Bereichs des Stadtmuseums. Der Anzug ist ein Abbild für das Selbstverständnis der vornehmen Trierer Gesellschaft. „Mit diesem Kleidungsstück wäre Gottbill auch im Nachbarland unbedingt à la mode gewesen. Die Pariser Vorgaben waren in höfischen und großbürgerlichen Kreisen auch in unserer Region ein absolutes Muss.“ Einen besonderen Sammlungsschwerpunkt des Museums bilden auch ländliche Kopfbedeckungen. In Schnitt, Material und Verarbeitung zeigen sie die Sitten und Bräuche der einzelnen Gegenden im Trierer Umland.
 
So wie Schmitt ist auch Museumsleiterin Dr. Elisabeth Dühr glücklich, die wertvollen Gewebe endlich ausstellen zu können. „Die Erfassung aller Stücke und die Restaurierungsarbeiten dauerten insgesamt mehr als vier Jahre, wobei drei Personen dauerhaft daran beteiligt waren“, so Dühr. Etwas mehr als ein Zehntel des Bestandes findet künftig seinen Platz im Dachgeschoss des Nordflügels. Die Objekte werden auch aus konservatorischen Gründen in einem Turnus nach und nach ausgetauscht. In einem abgedunkelten Raum werden die Kleidungsstücke auf speziell angefertigten Figurinen zum Teil in Einzelvitrinen mit Spotlights beleuchtet, die eine maximale Lichtstärke von 50 Lux abgeben. „UV-Strahlung, Berührung und Bewegung sind für historische Gewebe äußerst schädlich“, so Schmitt. Ein Stoffmusterbuch zum Anfassen soll den Besuchern unter anderem veranschaulichen, wie schnell Textilien sich auflösen, wenn sie nicht fachgerecht aufbewahrt werden.
 
Einblick in spätantike Textilkunst

Das trifft besonders auf die koptischen Gewebe aus dem 3. bis 9. Jahrhundert zu. Sie geben einen Einblick in spätantikes und frühmittelalterliches Textilhandwerk. Die Stoffe haben ihre Ursprünge im oberägyptischen Raum und wurden als Gegenstände des täglichen Gebrauchs in die Grabstätten gelegt. Herausragend ist das farbenprächtige runde Fragment eines Kleidungsstücks, der sogenannte „Orbiculus“, mit Szenen aus der biblischen Geschichte von Josef und seinen Brüdern. Bei diesem Exponat handelt es sich wohl um die bedeutendste Darstellung des Motivs auf koptischen Textilien weltweit
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Viele Kleidungsstücke haben die Jahrhunderte in Theatern oder durch das Aufbewahren für Kostümfeste überlebt. Ein Teil wurde aber auch als Anschauungsmaterial für die Werkkunstschule Trier benutzt und bewahrt. Seit 1922 ist dort eine Fachrichtung Modedesign angesiedelt. Angelehnt an die Wiener Werkstätte und die Reformmode entstanden dort Kleider mit besonderem künstlerischem Anspruch. Heute orientiert sich die Fachrichtung Modedesign der FH Trier an den weltweit geltenden Trends. Trier ist zum modeschaffenden Zentrum von Rheinland-Pfalz geworden.
    
Wer noch historische Kleidungsstücke in seinem Fundus hat und diese gern an das Museum abgeben will, kann sich an Museums-Direktorin Dr. Elisabeth Dühr (Telefon: 0651/718-1459, E-Mail: stadtmuseum@trier.de) wenden.