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15.11.2022

Thomas-Evangeliar

Darstellung der vier Evangelisten im Thomas-Evangeliar mit
Das um 730 im Kloster Echternach entstandene Thomas-Evangeliar besticht unter anderem durch die aufwendigen Buchmalereien. Foto: Markus Groß-Morgen

In der RaZ-Serie zur Landesausstellung geht es dieses Mal um das Thomas-Evangeliar, das zum Domschatz der Hohen Domkirche gehört und in der Ausstellung im Museum am Dom zu sehen ist.

Die christliche Gemeinde Trier ist mit ihrer seit Ende des dritten Jahrhunderts ununterbrochenen Tradition ein sehr gutes Beispiel dafür, dass der Untergang des Römischen Reiches nicht ein abruptes Ende bedeutete, sondern als ein Prozess mit vielen Kontinuitäten, Fortleben und Wandlungen zu verstehen ist. Die besondere Rolle der Kirche in der Spätantike bestand neben der Weiterführung von Verwaltungsstrukturen auch in der Tradierung und Weitergabe des antiken Wissens. Insbesondere die neu entstehenden Klöster widmeten sich dieser Aufgabe, wodurch sie sich zu Orten der Gelehrsamkeit entwickelten.

Wahrscheinlich im Kloster Echternach verfasste um 730 ein Schreiber, der sich namentlich mit dem Zusatz „Thomas scripsit" (Thomas hat es geschrieben) darin verewigte, das nach ihm benannte Thomas-Evangeliar. Es ist heute ein Teil des Trierer Domschatzes und kann in der Ausstellung im Museum am Dom besichtigt werden.

Im Thomas-Evangeliar sind neben den Texten der vier Evangelien auch Schriften der spätantiken Theologen Hieronymus und Eusebius enthalten. Bedeutsam sind vor allem die detailreichen Buchmalereien, wie die Illustration eines Tetramorphes. Diese Darstellung weist die Symbole der vier Evangelisten (Engel, Stier, Löwe und Adler) auf und kombiniert diese zu einer gemeinsamen Gestalt. Den vier Wesen werden zudem vier Tugenden Christi zugeschrieben: Der Engel steht für die Menschwerdung, der Stier für den Opfertod, der Löwe für die Auferstehung und der Adler für die Himmelfahrt. Die Gestaltung der Seiten weist auf eine fränkische und irisch-schottische Herkunft des Schreibers beziehungsweise des Illustrators hin.

In der Ausstellung im Museum am Dom ist das Thomas-Evangeliar ein Zeugnis für die Fortführung des Bildungsauftrages durch die Klöster. Als ein Meisterwerk der Malerei von europäischem Rang ist die Handschrift aus konservatorischen Gründen nicht in der regulären Ausstellung des Domschatzes zu sehen, weswegen sich ein Besuch im Museum am Dom in den letzten Wochen der Ausstellung (bis 27. November) besonders empfiehlt.