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08.02.2022

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Corona-Chaos vermeiden

In einem „Offenen Brief" an den OB verlangen Einzelhändler*innen und Gastronomen*innen das schnelle Ende von Schutzmaßnahmen und die Rücknahme staatlicher Reglementierung. Es soll jede*r in „Eigenverantwortung" und „Gestaltungsfreiheit" überlassen werden, in wieweit er/sie sich oder andere schützt. Wir Grüne halten dies angesichts der grassierenden Pandemie, die ihren Höhepunkt offensichtlich noch nicht erreicht hat, für unverantwortlich. Wie soll man in einer Krise mit mehr als 117.000 Toten, Millionen Erkrankter, mit der Gefahr unbeherrschbarer Verhältnisse in Kliniken und Firmen auf eine Regulierung verzichten können? Es führt zu chaotischen Verhältnissen, wenn jede Interessengruppe eigene Regeln fordert. Einerseits wollen Eltern, Kita-Beschäftigte und Lehrer*innen strengere und klarere Maßnahmen. Anderseits soll jede*r unkontrolliert und unreglementiert einen Laden oder eine Kneipe besuchen dürfen. Zweifellos leisten Gastronomen*innen und Händler*innen einen wichtigen Beitrag zur Belebung der Stadt. Ihr Wunsch nach schneller Normalisierung ist verständlich. Aber der schnellste Weg dahin heißt nicht Aufhebung aller Schutzmaßnahmen, sondern Impfen.

Davon ist im „Offenen Brief" nichts zu lesen. Haben die Unterzeichner*innen diese wichtige Tatsache versehentlich vergessen? 25 Prozent der Bevölkerung sind immer noch nicht geimpft. Ändert sich dies nicht, wird der Weg zur Normalität lang. Wichtig ist gemeinsames Handeln von Gastronomen*innen und Händler*innen, Vereinen, Parteien, Ratsfraktionen, Verwaltung, Unternehmerverbänden und Gewerkschaften.

Wir sind auch dankbar für die Klarstellungen durch den OB in der aktuellen Stellungnahme des Stadtvorstands. Appellieren wir an die Vernunft. Impfen, Impfen, Impfen heißt das Gebot der Stunde.

Richard Leuckefeld


CDU
Respekt für Trierer Unternehmer

Mit großer Verwunderung haben wir die Stellungnahme der Grünen zum offenen Brief vieler Trierer Einzelhändler und Gastronomen zur Kenntnis genommen, die darin die Unternehmer mit Antidemokraten gleichsetzen. Die Geschäftsleute äußern sich besorgt zur wirtschaftlichen Situation vieler Betriebe, von denen sich nach fast zwei Jahren pandemiebedingten Einschränkungen viele in einem wirtschaftlichen Überlebenskampf befinden; einige mussten bereits aufgeben. Viele Arbeitsplätze hängen an diesen Branchen.

Die Unterzeichner des offenen Briefes rufen dazu auf, Restriktionen kritisch zu hinterfragen und Einschränkungen zurückzunehmen. Sie distanzieren sich explizit „von jeglichen radikalen Meinungen und Leugnern der gesundheitlichen Auswirkungen von Covid-Erkrankungen". Man muss nicht mit allen der aufgestellten Forderungen übereinstimmen; auch wir sehen Teile kritisch. Dennoch halten wir die herbe Reaktion der Grünen darauf für vollkommen unangebracht.

Niemand, der jemals betriebswirtschaftliche Verantwortung übernehmen musste, würde sich derart despektierlich äußern, wie die Grünen es in ihrer Stellungnahme getan haben. Es ist äußerst respektlos, Trierer Unternehmer so pauschal zu diffamieren, nur weil sie ihre berechtigten Sorgen kundtun. Auch wenn leider erwartbar radikale „Querdenker", von denen wir uns entschieden distanzieren, auf den Zug aufgesprungen sind, ist es nicht fair, alle Betriebe dafür in Mithaftung zu nehmen und ihre ernsten Bedenken einfach abzubügeln. Wir unterstützen daher ausdrücklich die Stellungnahme des Stadtvorstands und stehen als Fraktion weiterhin in einem Dialog mit den Gewerbetreibenden.

Jörg Reifenberg


Blick auf den Kornmarkt. Foto: SPDSPD
Lebens(t)raum Innenstadt Trier

Gute Nachrichten aus Berlin haben uns erreicht: Der Bund fördert unsere Innenstadt mit rund 3,4 Millionen Euro. Das Förderprogramm geht nun in die zweite Antragsphase und die strukturellen und pandemischen Herausforderungen der Innenstädte an. Es ermöglicht die Entwicklung eines zukunftsfähigen Konzepts für die Trierer Innenstadt. Und schon in dem schönen Projekttitel „Lebens(t)raum Innenstadt Trier" steckt, dass wir unsere Innenstadt als Wohnquartier und lebenswertes Zen-
trum in die Zukunft führen möchten.

Für uns als SPD-Fraktion ist klar, dass unsere Innenstadt, darunter der Kornmarkt (Foto rechts: SPD), in der Zukunft Platz für Wohnen, insbesondere auch für Familien, bietet, einen Ort der Vielfalt und des Zusammenlebens darstellt, Lebens- und Aufenthaltsqualität durch Klimaneutralität fördert und bereichernde, multifunktionale Nutzungsformen aus Wohnen, Arbeiten, Handel, Gastronomie und Kultur miteinander vereint. 

Isabell Juchem


AfD
Trierer Unternehmer schlagen Alarm

In einem Offenen Brief haben sich jetzt Trierer Unternehmer an Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Oberbürgermeister Wolfram Leibe und die Landräte der Region gewandt. Darin stellen sie fest, sie hätten seit fast zwei Jahren trotz wirtschaftlicher Nachteile, offen zu Tage getretener Widersprüche und zum Teil fragwürdiger Verhältnismäßigkeit sämtliche Corona-Maßnahmen akzeptiert. Angesichts von immer mehr Geschäftsschließungen, eines zunehmenden Arbeitskräfteverlusts und einer zutiefst gespaltenen Gesellschaft müssten nun Freiheitseinschränkungen und weitreichende Restriktionen im Hinblick auf ihre sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen kritisch hinterfragt werden. Wörtlich heißt es: „Es ist höchste Zeit, den Menschen, die diese Gesellschaft mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement tragen, Eigenverantwortung und Vertrauen zurückzugeben. Wir fordern: Gestaltungsfreiheit und Mitbestimmung statt Einschränkungen und Verbote, eine politische Haltung der Offenheit und des Respekts gegenüber allen Bürgern und die politische Unterstützung bei der Beendigung der Spaltung der Gesellschaft, Abkehr von der 2G-Regel und Entwicklung einer zeitnahen Exit-Strategie."

Die AfD-Fraktion unterstützt dieses berechtigte Anliegen der Trierer Unternehmer uneingeschränkt. Durch das nicht mehr begründbare Festhalten an restriktiven Corona-Regeln werden alle in der Vergangenheit ergriffenen Maßnahmen für den Erhalt einer lebendigen Innenstadt zunehmend konterkariert. Leider konnte unser Antrag, mit dem wir eine Solidaritätserklärung des Stadtrates mit den Unternehmen erreichen wollten, aus formalen Gründen in der jüngsten Sitzung nicht behandelt werden. Wir werden ihn in der März-Sitzung daher erneut einbringen.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Quinter melden sich zu Wort

In der Stadtratssitzung am 2. Februar trug Ayse Willems, Klassenelternsprecherin der Grundschule Quint, ihre Frage an den Stadtvorstand in der Fragestunde der Einwohner:innen der Stadt vor. Ein mutiger und begrüßenswerter Schritt in zweierlei Hinsicht: Denn die Gemeindeordnung sieht vor, dass Bürger:innen sich mit ihren Fragen direkt an den Oberbürgermeister wenden können. Das ist ein Paradebeispiel für gelebte Demokratie und wird von der Linksfraktion ausdrücklich begrüßt. Dieses Recht wahrzunehmen, macht ein Anliegen öffentlich und verleiht ihm Nachdruck. Viele Eltern der Grundschule Quint haben die Verschiebung der Grundsanierung in den Folgehaushalt 2024/25 mit Unverständnis und Unmut aufgenommen. Denn Fakt ist, dass der bauliche Zustand der Schule (Baujahr 1965) seit Jahrzehnten schon grundlegende Maßnahmen zwingend nötig macht. Ich zitiere einige Punkte, die im Stadtrat aufgeführt wurden: „Kaputte Buntglasfenster, welche in Kinderbrusthöhe sind und eine Gefahr für die Kinder darstellen. Die Fenster in den Klassenräumen sind ebenfalls kaputt und lassen sich, wenn überhaupt, nur sehr schwer öffnen. In der aktuellen Corona-Situation ist dies kein guter Zustand. Die Zentralheizung streikt auch ab und an – wahrscheinlich aufgrund ihres Alters. Die Toiletten sind in einem unzumutbaren Zustand, sodass Kinder sie nicht aufsuchen und aushalten, bis sie wieder zu Hause sind."

Das sind nur einige Beispiele aus einer langen Liste der Klassenelternsprecherin, die damit ihre Frage einleitete: „Welche Möglichkeiten gibt es, die Grundsanierung doch noch in den Haushalt 22/23 vorzuziehen?" Die Linksfraktion unterstützt die Quinter Eltern darin, erhoffte Möglichkeiten zu finden und motiviert alle Einwohner:innen der Stadt, von ihrem Recht in der Fragestunde des Stadtrates Gebrauch zu machen.

Theresia Görgen


UBT
Plädoyer für Straßenzustandskataster

Mit der Einführung wiederkehrender Beiträge für Ausbau- und Generalsanierungen von Straßen haben die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt ein erhöhtes Interesse an dem Zustand ihrer Straßen gewonnen, vor allem derjenigen in ihrer direkten Umgebung. Denn schließlich bezahlen sie ja nun regelmäßig dafür. Dabei müssen sie nur allzu oft feststellen, dass der Unterhalt der Straßen nicht so erfolgt, wie es nachhaltiges Wirtschaften und schonender Ressourcenverbrauch nahelegen. Kleinere Schäden werden nicht zeitnah beseitigt und werden mit der Zeit zu größeren Schäden. Letztendlich muss dann eine Generalsanierung oder ein Neuausbau folgen.

Dieses Vorgehen strapaziert nicht nur die Nerven der Anlieger und sonstigen Verkehrs-
teilnehmer, sondern auch über Gebühr den städtischen Haushalt. Gerade eine Stadt, die hochverschuldet ist und kein Geld hat, um alle Straßen in einem Topzustand zu unterhalten, muss besonders darauf achten, die Straßen möglichst dann zu reparieren, wenn es am wirtschaftlichsten ist. Dazu muss man aber ihren Zustand genau kennen und den Bericht regelmäßig fortschreiben. Solange Trier kein Kataster hat, in dem der Zustand der Straßen fortlaufend erfasst wird, können die knappen Straßenbaumittel nicht optimal eingesetzt werden.

Deshalb braucht Trier ein Straßenzustandskataster. Außerdem sollte es gemäß dem Transparenzgesetz auf einer digitalen Plattform einsehbar sein. Dadurch würde für alle Interessierten und insbesondere alle kommunalen Mandatsträger auch der Vermögensverzehr im Anlagevermögen der Stadt sichtbar, der durch einen unterlassenen Straßenunterhalt in Kauf genommen wird. 

UBT-Stadtratsfraktion


FDP
Wieder ein Zuschuss

Durch die Pandemie sind viele Unternehmen in der Tourismus- und Gastronomiebranche in eine gefährliche Schieflage geraten, viele bangen um ihre Existenz. Privatwirtschaftliche Unternehmen bekamen meist finanzielle Unterstützung vom Staat. Dabei ist den Unternehmen bewusst, dass sie nicht immer wieder beim Staat die Hand aufhalten können. Betriebe, die schon vor der Pandemie auf wackligen Füßen standen, überlebten die Lockdowns und Umsatzeinbußen nicht, da bereits vorher offensichtlich Fehler bei der Finanzierung des Unternehmens vorgelegen haben müssen.

In der Stadtratssitzung vom 2. Februar wurde der städtischen Tochter Trierer Tourismus und Marketing GmbH (TTM) wieder ein Betriebskostenzuschuss von knapp 1,6 Millionen Euro gewährt. Das Defizit der TTM ist das Ergebnis des zweiten Pandemiejahrs – Corona ist schuld an der Situation. Daher fand im Vorfeld der Entscheidung leider keine größere politische Diskussion statt.

Spätestens nach der Pandemie, wenn die Touristen wieder zurückkommen, wenn wir alle wieder unbeschwert städtische Veranstaltungen und andere Kulturveranstaltungen genießen können, sollten wir uns endlich Gedanken machen, wie die TTM auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden könnte. Es kann nicht sein, dass die Stadt ihre städtische Tochtergesellschaft jedes Jahr aus dem freiwilligen Leistungsbereich quersubventioniert, obwohl offensichtlich ein Fehler im organisatorischen und rechtlichen Konstrukt besteht. Auf Dauer kann man Missstände, die die Pandemie offengelegt hat, nicht mit deren Auswirkungen entschuldigen.

Katharina Haßler-Benard