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03.12.2019

Meinung der Fraktionen

Bündnis 90/Die Grünen
Über Würde im Zirkus

Das wohl attraktivste Charakteristikum des Zirkus ist seit jeher seine Zurschaustellung des Außergewöhnlichen. Bis ins 20. Jahrhundert vergnügten wir uns mit „Abnormitätenschauen", bei denen Menschen mit körperlichen Fehlbildungen vorgeführt wurden und bis 1958 gab es „Rassenschauen", bei denen Menschen mit fremdem Aussehen gezeigt wurden. Derartiges ist heute richtigerweise mit der unantastbaren Würde des Menschen nicht mehr vereinbar.

Schade, dass der Schutz der Tierwürde unserer Entwicklung immer einen Schritt hinterher hinkt. Die Inszenierung von Tieren in realitätsfremden Umgebungen, in denen ihre Dressur als für sie sinnstiftende und Glück erzeugende Beschäftigung dargeboten wird, ist in Deutschland nach wie vor gängige Praxis. Doch der Blick auf uns selbst, das Erkennen der eigenen Würde, das Erkennen unseres eigenen Wunsches nach einem selbstbestimmten Leben in Freiheit, bietet Potenzial, den Blick zu erweitern. Niemand möchte diszipliniert, mit Peitsche und Stock dressiert, ständigem Lärm ausgesetzt oder andauernd in beengten Behausungen durch die Gegend transportiert werden. Verhaltensforscher für Tiere dokumentieren immer wieder die negativen Auswirkungen der Haltungsbedingungen im Zirkus auf die Psyche der Tiere.

Wir fordern seit vielen Jahren, dieser würdelosen Praxis ein Ende zu setzen. Auch der Bundesrat fordert, zumindest bestimmte Tierarten in Zirkussen zu verbieten. Doch die Bundesregierung ist bisher keiner Aufforderung nachgekommen. Daher werden wir am 17. Dezember traditionsgemäß unseren alljährlichen Antrag zum Wildtierverbot in Zirkussen stellen.

Jonglage, Akrobatik oder Komik – der Zirkus kann fantastische Fähigkeiten des Menschen zeigen, auch ohne Tiere.

Dinah Hermanns


CDU
Ausgeglichener Haushalt: Fehlanzeige

„Und täglich grüßt der Fehlbedarf": Seit vielen Jahren erinnern die Haushaltsberatungen unserer Stadt an diesen abgewandelten Titel des Films „Und täglich grüßt das Murmeltier". Eine Ausnahme machte allein das Rechnungsergebnis des Haushaltsjahrs 2018, das mit einem positiven Ergebnis abschloss. Die Beratungen zum ersten Nachtragshaushalt 2019/20 waren frustrierend: Wurde für 2020 im ursprünglichen Haushalt mit einem Fehlbedarf von rund 23 Millionen Euro gerechnet, planen wir nun mit rund 42,5 Millionen Euro. Die Ausnahme eines positiven Ergebnisses 2018 war unter anderem geprägt von der Erhöhung der Einnahmen aus Grund- und Gewerbesteuer usw. und Sondereffekte, beispielsweise einer Ausschüttung durch die Sparkasse und der Verkauf des Hafens (gegen die Stimmen unserer Fraktion).

Dies macht deutlich, was die kommunalen Spitzenverbände in Rheinland-Pfalz seit vielen Jahren für die Kommunen beklagen: Diese sind strukturell unterfinanziert. Das gilt in besonderem Maße für unsere Stadt. Ein Blick in die Kommunalberichte des Landesrechnungshofes bestätigt dies. Insbesondere die Sozialausgaben laufen völlig aus dem Ruder. Und das ist nicht hausgemacht. Trotz zusätzlicher Zuweisungen aus dem Landestopf (C 3-Schlüsselzuweisungen) von rund zwölf Millionen Euro haben wir in diesem Bereich eine massive Erhöhung des geplanten Fehlbedarfs.

Die Kommunen in Rheinland-Pfalz schieben die exorbitante Summe von rund 6,4 Milliarden Euro an sogenannten Kassenkrediten vor sich her. Unsere Stadt trägt dazu nicht unwesentlich bei. Immerhin gibt es einen Lichtblick: In Berlin scheint man die Finanzmisere vieler Kommunen ernst zu nehmen und plant nunmehr eine Teilentschuldung.

Jürgen Backes


SPD
Die Solidarkarte kommt

Endlich ist es soweit: Im März 2018 hatte unsere Fraktion den Antrag gestellt, die Solidarkarte einzuführen und damit den Prozess in Gang gesetzt. Eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung und Fraktionen hat in mehreren sehr konstruktiven Treffen ein Konzept für die Umsetzung erarbeitet. Die Zeichen stehen darum gut, dass sie in der Dezembersitzung des Stadtrates mit breitem Konsens beschlossen und Anfang 2020 eingeführt wird.

Die Solidarkarte ermöglicht Menschen und Familien mit geringem Einkommen eine bessere gesellschaftliche Teilhabe in Trier. Mit dieser Karte können sie zukünftig zu ermäßigten Preisen Schwimmbäder, Museen, Theatervorstellungen, kulturelle und Sportveranstaltungen etc. besuchen. Das Angebot soll zudem sukzessive weiter ausgebaut werden. Unser Ziel ist, mittelfristig auch den ÖPNV mit einzubeziehen. Die personalisierten Karten werden automatisch mit den Leistungsbescheiden der Jobcenter, des Sozial- und Wohnungsamtes etc. versandt oder können formlos beantragt werden. Die Einführung wird in einer Testphase zu Beginn ausgewertet und bei Bewährung fortgeführt. Wir hoffen nun, dass viele Menschen sie in Anspruch nehmen und von ihr profitieren. Unsere Fraktion ist sehr froh, auf diesem Wege auch vor Ort in Trier etwas dazu beitragen zu können, die negativen Folgen von Armut etwas abzumildern und Menschen, die sich zunehmend abgehängt und ausgeschlossen fühlen, in die Mitte unseres Gemeinwesens zurückzuholen.

Monika Berger


AfD
Höhere Grundsteuern? Nicht mit uns

Kürzlich hat der Rechnungshof die Stadt Worms aufgefordert, die Grundsteuer B drastisch zu erhöhen, um damit ihre Haushaltsdefizite ausgleichen zu können. Wurden Grundeigentümer bisher mit einem Hebesatz von 440 Prozent veranlagt, sollen es in Zukunft bis zu 636 Prozent sein – ein Anstieg um fast die Hälfte. Bedenkt man, dass Worms sowohl ein deutlich geringeres Defizit als auch niedrigere Schulden als Trier hat und der Rechnungshof einen Hebesatz bis zu 995 Prozent für möglich hält, dann könnte unseren Bürgern ebenfalls erhebliches Ungemach drohen. Selbstverständlich ist von den Kommunen gerade in schlechter werdenden Zeiten ein Höchstmaß an Haushaltsdisziplin zu erwarten.

Ohne eine angemessene Unterstützung des Landes wird dies jedoch nicht ausreichen, um die Finanzen hochverschuldeter Städte und Gemeinden wie Trier zu sanieren. Leider haben SPD, CDU, FDP und Grüne erst im November im Landtag einen Antrag der AfD abgelehnt, der eine bessere Finanzausstattung sowie ein Entschuldungsprogramm für die Kommunen auf den Weg bringen sollte. Auch die Landesregierung hat sich dem trotz beträchtlicher Haushaltsrücklagen kategorisch verweigert. Zu spüren bekommen werden dies die Bürger. Sie sollen über die Erhöhung der Grundsteuer die Zeche für Verfehlungen der Politik bezahlen. Dadurch werden nicht nur Haus- und Wohnungseigentümer belastet, sondern auch die Mieten weiter steigen. Das trifft gerade die kleinen Leute, die bereits jetzt unter hohen Nebenkosten leiden.

Wir als kommunale AfD-Fraktion werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln einer weiteren Mehrbelastung unserer Bürger widersetzen. Die Politik sollte ihre Hausaufgaben machen, anstatt in schamloser Weise immer tiefer in die Taschen der Steuerzahler zu greifen.

AfD-Stadtratsfraktion


Die Linke
Schöne neue Lernwelt?

Trier steht vor der großen Herausforderung, eine Medienentwicklungsplanung zu erstellen. Unbedingte Voraussetzung für Zuschüsse sind Medienkonzepte der Schulen, denn „keine Ausstattung ohne Konzept". Jede Schule soll aufzeigen, wie sie digitale Möglichkeiten in den Unterricht einbinden will, welche Ausstattung sie benötigt und welche Unterstützung und Fortbildungen die Lehrkräfte brauchen. Eltern und Schüler*innen müssen in die Konzeptentwicklung einbezogen werden. Alle Beteiligten müssen durch Fachberatung und Prozessbegleitung in die Lage versetzt werden, trotz unterschiedlicher Einstellungen und Haltungen einen qualifizierten Austausch über Ziele, Inhalte und Methoden digitaler Bildung an ihrer Schule zu führen. Wie viel „Bildschirmzeit" darf Schüler*innen im Grundschulalter zugemutet werden? Welche Schwerpunkte setzt eine Schule? Welchen Stellenwert wird einem kritisch-konstruktiven Umgang mit Medien beigemessen? Es ist unbestritten, dass digitale Bildung mehr ist als der Erwerb von Techniken und Wissen. In Anbetracht der großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen greift dieser Ansatz viel zu kurz.

Eine der wichtigsten Kompetenzen der Zukunft ist eigenständiges Lernen. Schüleraktivierende Konzepte mit einer Orientierung an individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Schüler*innen sind die Voraussetzung für gelingende digitale Bildung. In einem gleichschaltenden frontalen Unterricht wird der Digitalpakt ein Flop, an dem nur die Wirtschaft verdient. Die Pädagogik muss bestimmen, was, wann, wie und mit welchen Zielen/Schwerpunkten in pädagogische Schulkonzepte integriert wird. Ein guter Unterricht kann durch Technologie verstärkt werden. Aber hervorragende Technologie kann schlechten Unterricht nicht besser machen.

Theresia Görgen


UBT
Rat beschließt Nachtragshaushalt

Fast 40 Millionen Euro Defizit soll der nun mit dem ersten Nachtrag korrigierte Doppelhaushalt 2019/2020 der Stadt „bescheren". Damit steigt die Verschuldung der Stadt weiter. Wir benötigen nun das, was die UBT-Fraktion bereits seit Jahren immer wieder fordert: einen kommunalen Schuldenschnitt und einen finanziellen Ausgleich für übernommene Pflichtaufgaben von Bund und Land.

Es kann nicht sein, dass unser Oberbürgermeister immer wieder zur Trierer Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) gehen und um die Genehmigung der Haushalte und Nachträge betteln muss, weil gerade in den Bereichen Soziales, Ordnung und Sicherheit einfach nur Pflichtaufgaben erfüllt und rechtliche Grundlagen wie Pensionsrückstellungen beachtet werden. Natürlich können wir bei Planungen und Kostenschätzungen sicher in Zukunft noch besser werden, aber die Steuerungsmöglichkeiten des Rates werden immer geringer beziehungsweise fehlen ganz.

Die Grundlage der kommunalen Selbstverwaltung der hoch verschuldeten Städte und Gemeinden wird damit ad absurdum geführt. Wir erwarten, dass sich Bund und Land endlich ihrer Verantwortung bewusst werden und bei der Übertragung von Pflichtaufgaben an die Kommunen für einen vollumfänglichen finanziellen Ausgleich sorgen.

Christian Schenk


FDP
Frauenhaus Trier: Fünf Plätze fehlen

Im Februar 2018 ist die Istanbul-Konvention in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten. Seitdem sind alle staatlichen Organe verpflichtet, die Forderungen zum Schutz von Frauen vor (häuslicher) Gewalt und Diskriminierung umzusetzen. Auch in Trier gibt es noch viel zu tun. Beispielsweise soll laut Istanbul- Konvention in jeder Gebietskörperschaft pro 10.000 Einwohner ein Frauenhausplatz bereitgestellt werden. Für die rund 115.000 Einwohner Triers müssten somit insgesamt zwölf Plätze zur Verfügung stehen. Das Frauenhaus in Trier unterstützt Frauen, die sich in einer existenziellen Bedrohungslage befinden, mit bisher sieben Plätzen. Folglich fehlen noch fünf weitere. Die Umsetzung der Forderungen der Istanbul-Konvention ist aber mehr als nur eine Formsache: Das Frauenhaus in Trier ist häufig voll belegt und muss von Partnerschaftsgewalt betroffene Frauen abweisen. Gleichzeitig wird laut Statistik alle drei Tage eine Frau in Deutschland durch ihren Partner oder Ex-Partner getötet. Frauen, die von Partnerschaftsgewalt betroffen sind, brauchen also einen deutlich besseren Schutz als bisher. Die Istanbul-Konvention verpflichtet zum Handeln, wo ohnehin viel getan werden muss.

Angesichts der schwierigen finanziellen Lage der Stadt Trier wird die Umsetzung der Forderungen der Istanbul-Konvention eine Herausforderung: Fördermittel von Bund und Land werden dringend gebraucht. Zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Trier braucht es daher einen bedarfsorientierten Handlungsplan. Es gilt, die zahlreichen Forderungen der Istanbul-Konvention zu priorisieren und schrittweise umzusetzen.

Melanie Breinig