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06.06.2023

Mit Schwämmchen und Bürste

Ein Mann trägt weiße Handschuhe und demonstriert einme Gruppe von Zuschauern, wie mit einem Schwamm Akten gesäubert werden.
Stephan Holderbaum (Club Aktiv) demonstriert, wie Akten gesäubert werden. Im Bild (v. l.) Dr. Francesco Roberg (Leiter Wissenschaftliche Bibliothek), Dr. Simone Fugger von dem Rech (Leiterin Stadtarchiv), Jort Blazejewski und Jutta Lamberty (Stadtarchiv) sowie Kulturdezernent Markus Nöhl.

Ein Wasserschaden in einem Zwischenlager hat dafür gesorgt, dass 1600 städtische Akten von Bau-Angelegenheiten Schimmel abbekommen haben. Der wird jetzt aufwändig und in Handarbeit entfernt. Warum die Akten nicht einfach im Schredder landen, wurde kürzlich bei einem Termin im Stadtarchiv erklärt.

Das Ada-Evangeliar oder der Codex Egberti – es sind die alten, kostbaren Handschriften, die viele Triererinnen und Trierer mit dem Stadtarchiv in Verbindung bringen. Neben der Arbeit mit diesen Schätzen kümmern sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Wissenschaftlicher Bibliothek und Stadtarchiv aber auch um ganz normale Aktenbestände der städtischen Ämter.

Viele Akten, weit über 90 Prozent, müssen aus Datenschutzgründen nach unterschiedlichen Fristen vernichtet werden. Andere dürfen gerade nicht in den Schredder, sondern müssen aufbewahrt werden. Dazu gehören etwa Melde- und Standesamtsakten, wie Dr. Simone Fugger von dem Rech, Leiterin des Stadtarchivs, erläutert. Und dazu gehören auch Bauakten aller Gebäude in Trier. Sowohl für die Verwaltung als auch für Bauherren, Planer, Juristen oder Grundstückserben sind sie unentbehrliche Hilfsmittel. Es gehe also nicht nur ums Forschen und Bewahren, sagt Kulturdezernent Markus Nöhl, sondern „mit den Akten wird auch ganz konkret noch gearbeitet“. Bei 1600 Bauakten ist dies allerdings schwierig, denn in einem städtischen Zwischenlager wurden sie durch einen Wasserschaden beschädigt, teils sind die Blätter sogar von Schimmel angegriffen. Bauherren, die eine solche Akte brauchen – sie stammen von 1910 bis 1990 – können nicht darauf zugreifen. Daher werden diese Akten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Club Aktiv gGmbH in aufwändiger Handarbeit gereinigt. 640 Akten sind schon gesäubert worden, in zwei Phasen, die jeweils rund vier Wochen gedauert und pro Phase 8500 Euro gekostet haben, gefördert mit je 5550 Euro vom Landesbibliothekszentrum Koblenz.

Die Reinigung von Akten wurde im Club Aktiv von einem Pilotprojekt Mitte der 90er-Jahre mit der Stadt zu einem echten Geschäftsfeld, wie Stephan Holderbaum, Einsatzleiter Akten- und Bucherhalt, berichtet. Neun Mitarbeiter, alle mit Unterstützungsbedarf, arbeiten daran, erledigen mittlerweile öffentliche und private Aufträge aus dem ganzen Bundesgebiet und Nachbarländern. Akten mit Schimmel werden unter Vakuum-Atmosphäre trocken gereinigt, Schwämmchen, Tücher und Bürsten sind hauptsächliche Arbeitsmittel. Auch ohne Schimmel gibt es vieles, was ganz normale Akten schädigen kann – das geht schon los mit Tesafilm oder Abheftstreifen, deren Kunststoffe sich nach Jahrzehnten auflösen und das Papier schädigen. Fertig gereinigt kommen die Akten zurück ins Archiv und gesellen sich zu den insgesamt schon rund drei laufenden Regalkilometern Archiv und Sammelgut, die geschützt vor Wind, Wetter und Hitze, Kälte und Wasserschäden im Keller ruhen.

Michael Schmitz