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02.02.2010

Kultur bedeutet immer auch Mitwirkung

Als einen Höhepunkt seiner achtjährigen Amtszeit sieht Beigordneter Ulrich Holkenbrink die Gründung und den Ausbau der Trierer Kulturstiftung.
Als einen Höhepunkt seiner achtjährigen Amtszeit sieht Beigordneter Ulrich Holkenbrink die Gründung und den Ausbau der Trierer Kulturstiftung.
Triers Kultur- und Schuldezernent Ulrich Holkenbrink scheidet nach Ablauf der Wahlperiode Mitte Februar aus dem Stadtvorstand aus. Im RaZ-Interview zieht der 54-jährige CDU-Politiker ein Resümee seiner Arbeit.

RaZ: Herr Holkenbrink, Sie sind vor acht Jahren als Studiendirektor vom damaligen Hindenburg-Gymnasium ins Rathaus gekommen und werden nach Ihrer politischen Tätigkeit als Kultur- und Schuldezernent jetzt als Rektor der privaten Blandine-Merten-Realschule schon in wenigen
Tagen in den Schuldienst zurückkehren. Wie würden Sie die zurückliegenden Erfahrungen Ihrer Beigeordnetentätigkeit zusammenfassen?

Holkenbrink: Es war eine spannende Tätigkeit. Dabei wird mir eine Erfahrung vor allem immer in Erinnerung bleiben: Ich habe im Verlauf der Jahre viele Menschen kennenlernen dürfen, die sich uneigennützig und ehrenamtlich in unserer Stadt einsetzen. Ohne diesen selbstlosen Einsatz hätten viele Menschen keine Möglichkeit, eine Vereinsgemeinschaft zu erleben, um nur ein Beispiel zu nennen, Gleichgesinnte zu treffen, selbst Kultur schaffen zu können – Dinge, die das Leben eines Menschen bereichern. Ohne diesen selbstlosen Einsatz wären viele Aktionen überhaupt nicht möglich. Die Zusammenarbeit mit diesen Menschen und die herzlichen Begegnungen mit den vielen Musikbegeisterten haben mir immer viel Freude bereitet. Ich habe in diesen Menschen immer Vorbilder gesehen. Sie sind für unsere Gesellschaft unverzichtbar. Darum habe ich auch immer wieder dafür geworben, Kultur so zu verstehen, dass man selbst etwas auf die Beine stellt. Kultur ist mehr als Vergangenheit. Kultur ist auch mehr als Genuss. Kultur ist nicht nur Inszenierung, sondern immer auch Mitwirkung.

Welche Auswirkungen hatte denn das Kulturhauptstadtjahr „Luxemburg und Großregion“ für Trier?

Das Kulturhauptstadtjahr 2007 hat uns die Wege in die Großregion geebnet. Durch die Konstantin-Ausstellung wurde uns zudem erneut bewusst, dass die Investition in Kultur für unsere Stadt auch von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die Tatsache, dass es mir gelungen ist, eine Stiftung für die Kultur in unserer Stadt ins Leben zu rufen und diese mit vielen Mitstreitern großartig auszubauen, erfüllt mich mit Genugtuung. Meine Idee war, durch die Kulturstiftung beides miteinander zu verbinden: die Mitwirkung vieler kulturbegeisterter Menschen in unserer Stadt einerseits und die Möglichkeit, herausragende kulturelle Ereignisse erleben zu können, andererseits.
Viele Investitionen wurden in meiner Amtszeit getätigt. Ich nenne beispielhaft die Sanierung und Erweiterung des Stadtmuseums, die Möglichkeit der Musikschule ein eigenes Heim zu geben, die Errichtung zusätzlicher Ganztagsschulen – dies kann sich im Landesvergleich durchaus sehen lassen – , die ergänzenden Angebote in unserer Schullandschaft wie weitere berufsbildende Gymnasien, die Errichtung zusätzlicher Spezialzweige in unseren Gymnasien, jetzt die Einrichtung einer Integrierten Gesamtschule und einer Realschule plus und viele, viele Dinge mehr. Auch dringende Sanierungen in den Schulen wurden immer wieder ermöglicht. Aber ich verschweige auch nicht: Durch die zu geringen finanziellen Möglichkeiten der Stadt bleibt das ein Thema, das wir – wie auch die anderen Städte im Lande – so alleine nicht werden lösen können.

Welche Veränderungen bei der Entwicklung kulturpolitischer Themen haben Sie in den zurückliegenden acht Jahren festgestellt?

So wie sich die Gesellschaft immer weiter entwickelt, so verändert sich auch die Kultur einer Gesellschaft. Gerade in den letzten Jahren haben wir wieder neu erkannt, wie entscheidend doch schulische Bildung für unsere Zukunft ist. Heute ist es leichter, für Investitionen in Schulen zu werben, als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Das ist eine gute Entwicklung, die mich froh macht. Es gibt nichts Wichtigeres, als jungen Menschen gerade auch in ihrem schulischen Umfeld zu zeigen, dass sie uns am Herzen liegen.

Hätten Sie Ihre Arbeit als Dezernent gerne fortgesetzt?

Ja! Aber es beginnt jetzt ein neuer Lebensabschnitt und ich freue mich sehr auf meine zukünftige Aufgabe in einem vertrauten Umfeld.

Ihre Zusammenarbeit mit Oberbürgermeister Klaus Jensen, gegen den Sie 2006 ohne Erfolg kandidierten, verlief anscheinend spannungsärmer als so manche Zeitungsschelte?

Ja! Das ist so. Diese Zusammenarbeit mit Herrn Jensen war aus meiner Sicht vertrauensvoll und spannungsfrei. Mir wurde oft von Außenstehenden bestätigt, dass man in uns beiden nach der Wahl nicht mehr die ehemaligen Konkurrenten gesehen hat. Und das entspricht auch ganz meiner eigenen Sichtweise.

Was waren die Highlights in den zurückliegenden acht Jahren, an die Sie sich besonders gerne erinnern?
 
Das war vor allem das Europäische Kulturhauptstadtjahr 2007 mit der großartigen Konstantin-Ausstellung. Und hier freue ich mich ganz besonders, dass ich gerade in den letzten Tagen mit dazu beitragen konnte, den Weg für eine Kooperation mit der Geburtsstadt Konstantins, Nis in Serbien, zu ebnen. Highlights waren natürlich auch die Eröffnung des erweiterten Stadtmuseums, die erfolgreiche Präsentation des Unesco-Weltdokumentenerbes Codex Egberti 2005 und schließlich die Fertigstellung der neuen Tarforster Grundschule. Gerne denke ich auch an herausragende Theaterproduktionen mit Stars wie dem Trierer Franz Grundheber zu-rück. Und viel Zeit und Kraft wurde in die Antikenfestspiele investiert, in die Weiterentwicklung und die Wiederaufnahme in diesem Jahr mit
einem neuen Konzept.
 
Auf welche Leistungen Ihres Dezernats sind Sie denn besonders stolz?

Stolz bin ich besonders darauf, dass wir es erreichen konnten, dass das kulturelle Angebot in unserer Stadt trotz der finanziellen Engpässe nicht zurückgeführt, sondern weiter ausgebaut wird. Ich erinnere an das breite Angebot unserer Musikschule oder an die vielen Möglichkeiten der Bibliotheken oder des Stadtmuseums. Auch das Theater beweist immer wieder, dass es trotz angespanntem Budget zu außerordentlichen Leistungen auf hohem Niveau in der Lage ist. Das gilt selbstverständlich auch für die Arbeit des Philharmonischen Orchesters. Steigende Besucherzahlen unterstreichen die gute Entwicklung. Wir verdanken den kulturell Aktiven in unserer Stadt ein Angebot, das in seiner Vielfalt und Qualität höchste Anerkennung verdient.

Welche Erwartungen setzen Sie in die Trierer Kulturstiftung, für die Sie sich als Begründer besonders engagiert haben?

Ich vertraue darauf, dass sie weiter wächst. Ich hoffe sehr, dass die Trierer in der Kulturstiftung verstärkt die Möglichkeit erkennen, sich für ihre Kulturstadt engagieren zu können. Es ist ja keine Frage, dass das kulturelle Angebot in Zukunft nur mit einer finanziellen und auch beratenden Unterstützung gehalten werden kann.

Was ist liegen geblieben, was konnte von den ursprünglichen Zielen nicht umgesetzt werden?

Das ist in erster Linie der Schulentwicklungsplan, den wir aus vielerlei Gründen bedauerlicherweise nicht fertig stellen konnten.

Das Thema „Schulschließungen“ wurde während Ihrer Amtszeit zwar immer wieder mal angetippt, zu Entscheidungen kam es aber nicht. Rechnen Sie damit, dass es in Zukunft hierzu kommen wird?

Ich wünsche allen am weiteren Entwicklungsprozess Beteiligten für das Schulentwicklungskonzept viel Erfolg. Dies ist wahrlich keine leichte Aufgabe.

Was glauben Sie, welche Entwicklung die öffentliche Kulturpolitik bei immer geringer werdenden Mitteln nehmen wird?

Ich hoffe und bitte alle, dass die Kultur nicht zu Tode gespart werden wird. Kultur gibt einer städtischen Gesellschaft ihr unverwechselbares Gesicht. Sie ist ein Grundnahrungsmittel unserer menschlichen Existenz.

Am neuen Konzept der Antikenfestspiele haben Sie federführend mitgewirkt. Welche Chancen geben Sie dem Festival für die Zukunft?

Alle! Die Festspiele haben wirklich große Chancen! Sie können zu einem herausragenden Markenzeichen für unsere Stadt werden. Die Fundamente dafür sind jedenfalls gelegt.

Bei der neuen Dezernatsstruktur wird es in Zukunft kein klassisches Kultur- und Schuldezernat mehr geben. Geht mit Ihnen nach Dr. Emil Zenz, Walter Blankenburg und Dr. Jürgen Grabbe eine Ära zu Ende?

Ja, vielleicht. Umso mehr wünsche ich meinem Nachfolger Glück und Erfolg.
 
Das Gespräch führte Hans-Günther Lanfer