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04.04.2006

Lebensretter und Geburtshelfer

Serie 100 Jahre Rettungsdienst (II): der Rettungsassistent

Die Rettungsassistenten-Anwärter Tobias Braun (r.) und Michael Preinfalk (l.) üben eine erweiterte Reanimation unter realistischen Bedingungen an einer Puppe. Lehrrettungsassistent Bernd Lieser verfolgt am Monitor den Gesundheitszustand des „Patienten“.
Die Rettungsassistenten-Anwärter Tobias Braun (r.) und Michael Preinfalk (l.) üben eine erweiterte Reanimation unter realistischen Bedingungen an einer Puppe. Lehrrettungsassistent Bernd Lieser verfolgt am Monitor den Gesundheitszustand des „Patienten“.
„Was ist passiert?“ Mit Notfallkoffer und Defibrillator eilen Syster Brantzen und Sebastian Krewer in ein Klassenzimmer der Pestalozzi-Hauptschule. „Ich weiß nicht, mein Kollege hier ist einfach umgefallen“, erwidert Bernd Lieser. Der am Boden liegende „Kollege“, über den sich Brantzen und Krewer beugen, ist eine Puppe. Brantzen und Krewer sind Rettungsassistenten-Schüler, Lieser ist einer ihrer Ausbilder. Was aussieht wie ein Notfall, ist eine praktische Übungsstunde zum Thema „erweiterte Reanimation“: Die Schüler machen eine Herz-Druck-Massage, beatmen mit Hilfe eines Intubators und setzen den Defibrillator ein, um den „Patienten“ wieder zu beleben. Mit Erfolg.

Mehr als „Krankenwagenfahrer“

Seit 1992 gibt es beim Amt für Brand-, Zivilschutz und Rettungsdienst der Stadt Trier eine staatlich anerkannte Ausbildungsstätte für den Rettungsdienst, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Obwohl der Beruf des Rettungsassistenten offiziell schon seit 17 Jahren existiert, werden die Frauen und Männer auf ihren Einsätzen häufig lapidar als „Krankenwagenfahrer“ oder „Kofferträger“ bezeichnet. „Rettungsassistenten sind die rechte Hand vom Notarzt. Von den Anwärtern verlangen wir daher eine Menge fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten“, so Michael Schneider, der die Trierer Ausbildungsstätte seit 2001 leitet.

Im ersten von zwei Ausbildungsjahren leisten die Schüler mindestens 1200 Stunden ab. Bei Klinikpraktika assistieren sie den Ärzten vorwiegend bei der OP-Anästhesie und auf der Intensivstation. Daneben heißt es „Schulbank drücken“: Lehrrettungsassistenten wie Bernd Lieser, aber auch Notärzte, Hebammen, Anästhesie- und Intensivfachpflegepersonal, Juristen und Verwaltungsangestellte machen die angehenden Rettungsassistenten theoretisch fit für ihren anspruchsvollen Job.

Praktisch geübt wird an computergestützten Modellen. Ein Baby- ein Geburtsmodell sowie einige Plastik-Gliedmaßen mit offenen Wunden oder Brandverletzungen liegen in den Regalen. „Die Ausbildung ist sehr realitätsnah. Die Schüler arbeiten hier auch mit Original-Medikamenten, die später bei Notfallpatienten eingesetzt werden“, erklärt Schneider. Beim „Megacode-Training“ werden an einem Spezial-Modell Notfälle wie beispielsweise ein Herzstillstand simuliert. Über einen an das Modell angeschlossenen Kontrollmonitor können die Ausbilder verfolgen, wie sich der „Gesundheitszustand“ des Plastik-Patienten entwickelt.

Das Gelernte in die Tat umsetzen

Im zweiten Ausbildungsjahr, dem sogenannten praktischen Anerkennungsjahr, müssen die Schüler das Gelernte in die Tat umsetzen. Am Ende des Lehrgangs stehen eine mündliche, eine schriftliche und eine praktische Prüfung sowie die Beurteilung durch einen Notarzt. Die gesamte Ausbildung läuft in enger Kooperation mit der Lehrrettungswache der Berufsfeuerwehr Trier und den ansässigen Kliniken sowie in guter Zusammenarbeit mit Kliniken und Rettungswachen aller Hilfsorganisationen im Einzugsgebiet, das sich bis ins Saarland und nach Luxemburg erstreckt. Außer den Beamten der Berufsfeuerwehr, die neben ihrer Tätigkeit im Brandschutz alle auch zu Rettungsassistenten ausgebildet werden, kommen auch Angehörige anderer Berufsfeuerwehren und externe Teilnehmer, die keiner Feuerwehr angehören, zu den Lehrgängen. Die Lehranstalt ist in der Pestalozzi-Hauptschule neben der Berufsfeuerwehrwache untergebracht. Rund 680 Männer und Frauen haben seit Bestehen der Trierer Schule die Ausbildung erfolgreich absolviert.