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16.12.2008

Erfolgreicher Unternehmer mit Weitblick

Paul Servais (1848-1908)
Paul Servais (1848-1908)
Als Inhaber einer keramischen Fabrik, in der zu Spitzenzeiten etwa 750 Mitarbeiter beschäftigt waren, gehörte der vor genau 100 Jahren verstorbene Paul Servais aus Ehrang zu den bedeutensten Trierer Unternehmerpersönlichkeiten an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Die Ehranger Keramikprodukte, darunter Bodenfliesen im unverwechselbaren Jugendstil-Design für öffentliche Gebäude sowie glasierte Wandplatten, wurden im In- und Ausland verkauft und zum Beispiel im alten Hamburger Elbtunnel und in der Heilig-Geist-Kirche in Buenos Aires verlegt.

Studium in Lüttich

Paul Servais wurde 1848 in Schloß Weilerbach an der Sauer geboren und nach dem Abitur in Lüttich zum Bergbau-Ingenieur ausgebildet. Er stammte aus einer Familie von Eisenhüttenbesitzern, schied aber aus dem Unternehmen aus. Sein ererbtes Kapital war ein Hauptpfeiler des keramischen Unternehmens, das er 1878 mit dem Trierer Peter Lamberty gründete, Direktor der Wasserbilliger Tonwarenfabrik. 1887 zog Servais mit seiner Familie nach Ehrang und ließ von 1890 bis 1892 im Wallenbachtal das „Ehranger Schlößchen“ bauen.

In den nächsten beiden Jahrzehnten expandierte das Unternehmen immer wieder: 1889 gründete Servais ein weiteres keramisches Werk in Winterschlick bei Bonn, das später mit dem Ehranger Unternehmen fusionierte. Zudem folgten ein Zweigwerk in Polen und eine Unternehmensbeteiligung in Frankreich.
Servais war sich als Chef eines großen Unternehmens seiner sozialen Verantwortung bewusst und sorgte für die ärztliche Versorgung der Mitarbeiter durch eine vertraglich vereinbarte Aufnahme im Mutterhaus. Außerdem förderte er die Niederlassung der Franziskanerinnen von Waldbreitbach und die stationäre Krankenbetreuung im Marienhaus. Rund um das Unternehmen entstanden ein Kindergarten, eine Nähschule und ein Heim für Fabrikarbeiterinnen.

Hilfe für „Ruhrkampf“-Opfer

Servais’ Ehefrau Missy war ebenfalls für ihr vielfältiges soziales Engagement bekannt. Als sie 1931 in ihre luxemburgische Heimat zurückkehrte, würdigte der Ehranger Bürgermeister Paul Kallen in einem Brief unter anderem ihre Hilfe für die Familien in der Zeit des „Ruhrkampfes“ im Jahr 1923, als Bewohner des Ortes inhaftiert oder ausgewiesen wurden.

Nachdem die Servais-Villa nach einem Brand im April 1974 abgerissen werden musste, erinnert heute in Ehrang noch ein Ehrengrab auf dem Friedhof an den Industriellen. Den dafür erforderlichen Beschluss hatte der Stadtrat 2003 auf Initiative des Ehranger Ortsvorstehers Günther Merzkirch getroffen. Mit einer Ehrengrabstätte werden Persönlichkeiten gewürdigt, die besondere Leistungen erbracht oder sich um die Stadt und ihre Bürger in hervorragender Weise verdient gemacht haben. Um die Sanierung des Servais-Grabs kümmerten sich der Verein Ehranger Heimat und das Grünflächenamt.