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08.02.2011

Warten auf den Entschuldungsfonds

Das Rathaus muss immer öfter auf die letzten Spargroschen zurückgreifen.
Das Rathaus muss immer öfter auf die letzten Spargroschen zurückgreifen.
Mit Spannung wurde dem zweiten Anlauf zur Verabschiedung des Haushalts 2011 vergangene Woche durch den Stadtrat entgegen gesehen. Der erste Versuch war überraschend im Dezember in einer denkwürdigen Sitzung knapp gescheitert.

Doch nach zahlreichen vorbereitenden interfraktionellen Beratungen und Treffen in den Gremien zeichnete sich eine breite Mehrheit für den überarbeiteten Entwurf ab. Alle Fraktionen signalisierten schließlich ihre Zustimmung und so konnte OB Klaus Jensen am Mittwochabend mit Genugtuung 45 Ja-Stimmen bei 3-Nein-Voten der fraktionslosen Ratsmitglieder Katrin Werner (Die Linke), Safet Babic (NPD)und Dr. Johannes Verbeek, bei einer Enthaltung des von der SPD zur FWG gewechselten Ratsmanns Peter Spang für den Etat 2011 verkünden.

Die Sprecher der Fraktionen riefen ihre jeweiligen Verdienste für das Zustandekommen des neuen Haushaltsplans in Erinnerung und lasteten das Scheitern des ersten  Anlaufs dem politischen Gegner an. CDU-Fraktionschef Berti Adams sagte, wichtiger als die zusätzlich erzielten Einsparungen im Einzelnen seien die Vereinbarungen, mit längerfristigen Perspektiven die finanzielle Handlungfähigkeit zurück zu erlangen. Für die SPD-Fraktion gab Sven Teuber zu bedenken, man habe sich in den Nachverhandlungen zu 80 Prozent auf Dinge geeinigt, die ohnehin bereits in der Umsetzung gewesen seien. Gerd Dahm (B 90/Grüne) warnte vor einem überzogenen Abbau der freiwilligen Leistungen, die kein Luxus seien, sondern sich zum Beispiel bei den Schulsozialarbeitern sehr schnell rentieren würden. Eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung erfordere Mut und Ausdauer, gab FWG-Fraktionsvorsitzende Christiane Probst zu bedenken. Dr. Karl-Josef Gilles (FDP) appellierte an den „eisernen Sparwillen“ aller Beteiligten in Rat und Verwaltung. Die Dezernate dürften dabei nicht eigensinnig ihre Ziele über alles andere stellen. Katrin Werner begründete ihre Ablehnung mit der unverändert zum Ausdruck kommenden „sozial ungerechten Politik“, während Dr. Johannes Verbeek eine intransparente „Hinterzimmerpolitik“ brandmarkte, die seine Person ausspare. Safet Babic kritisierte, dass Millionen für „unsinnige Projekte verschwendet“ würden.

Der jetzt verabschiedete Haushalt 2011 weist gegenüber der abgelehnten Dezember-Vorlage Verbesserungen von 473.000 Euro aus. Zusätzlich sollen noch weitere 100.000 Euro konsolidiert und in einem Nachtragshaushalt beschlossen werden. Gegenüber dem Eckwertebeschluss vom Mai vergangenen Jahres (62,4 Millionen Euro) wurde eine Verbesserung von 2,7 Millionen Euro erzielt. 38,9 Millionen Euro sind für Investitionen eingeplant, die zur Hälfte jeweils von Bund und Land getragen werden.

Zurückgestellte Projekte

Die eingesparten rund 500 000 Euro lassen sich auf zurückgestellte Planungen für die Projekte Moselbahndurchbruch, Haltepunkte der Stadt- und Regionalbahn, Querung Bahnhof/Güterstraße sowie auf Personaleinsparungen zurückführen. Haupteinnahmequelle bleiben bei unverändert hohen Belastungen insbesondere im Sozialbereich die Gewerbesteuer mit jetzt eingeplanten 42 Millionen Euro, ein Plus von 9,5 Millionen  Euro gegenüber 2010. Die Gewerbesteuer wurde mit Rücksicht auf die zurückliegende Wirtschafts- und Finanzkrise noch nicht erhöht, doch wird sie, auch im Hinblick auf den kommunalen Entschuldungsfonds, der die Gemeinden zur Ausschöpfung aller Einnahmemöglichkeiten anhält, in Zukunft kaum unberührt bleiben. Ohnehin waren sich die Ratsmitglieder einig, dass der angestrebte Beitritt zum kommunalen Entschuldungsfonds die Stadt zu bislang noch ungewohnten Sparzwängen führen wird.

Der Haushalt 2011 schließt Preis- und Gebührenerhöhungen ein, über die im einzelnen noch entschieden werden muss. Betroffen sind höhere Nutzungsentgelte für die Bibliothek, das Bildungszentrum, das Stadtmuseum oder das Standesamt. Auch der Elternbeitrag für das subventionierte Schulessen soll leicht erhöht werden. Bereits beschlossen wurden die Anhebung der Hunde- und Grundsteuer A sowie der Eintrittsgelder für Triers Freibäder.

Der Haushalt beinhaltet eine gemeinsam mit der KGSt erstellte Konsolidierung von insgesamt 45 Maßnahmen mit einer Einsparung von gut 890 500 Euro. Betroffen hiervon sind insbesondere die Bereiche Personal, Öffentlichkeitsarbeit, Soziales und zusätzliche Einnahmen. Der begonnene Konsolidierungsprozess soll, so Oberbürgermeister Klaus Jensen, fortgeführt werden.

Geld für die Stadtteile

Für 132 unterschiedliche Projekte in den Stadtteilen stehen knapp 460 000 Euro bereit. Die neu geordneten Gelder sollen der Erhaltung und Bewahrung der öffentlichen Infrastruktur in den jeweiligen Ortsbezirken zugute kommen. Sie betreffen Projekte von der Ruhebank auf zu verschönernden Dorfplätzen über die Jugendförderung bis hin zu kleinen Investitionen für Kitas oder Schulen.

Der mit großer Mehrheit beschlossene Haushalt 2011 muss nunmehr zur Genehmigung der Aufsichtsbehörde ADD vorgelegt werden. Mit einem Bescheid wird nicht vor April gerechnet. Doch in den Finanzabteilungen des Rathauses richtet sich der Blick bereits auf das kommende Jahr. Allerdings ist kaum zu erwarten, dass aufgrund der umfangreichen Vorarbeiten, auch im Hinblick auf den Beitritt zum Entschuldungsfonds, der Haushaltsplan 2012 noch vor der Sommerpause eingebracht werden kann.

Stimmen der Fraktionen

„Verglichen mit der von uns abgelehnten Version sieht der neue Haushaltsplan weitere Ein-sparungen vor“, begründete Berti Adams, CDU-Fraktionsvorsitzender, die jetzige Zustimmung zum Haushaltsplan. Bedeutender noch als diese zusätzlichen Spareffekte seien für seine Fraktion die getroffenen Vereinbarungen mit längerfristigen Perspektiven. Dazu gehören vor allem der Beitritt zum Entschuldungsfonds des Landes zum 1. Januar 2012. Wichtig sei auch, dass man sich darauf verständigt habe, noch im ersten Halbjahr 2011 eine flächendeckende Organisations- und Aufgabenüberprüfung der Verwaltung vorzunehmen und einen Handlungs- und Zeitplan zur Umsetzung wesentlicher struktureller Reformmaßnahmen zu erarbeiten. „Das ist unterm Strich deutlich mehr als im Dezember 2010“, betonte Adams.

„Die Haushaltsverabschiedung wäre auch schon im Dezember möglich gewesen, wenn CDU und FWG ihre Hausaufgaben rechtzeitig gemacht hätten“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Sven Teuber. Die SPD habe mit ihren Bündnispartnern in den Haushaltsberatungen erfolgreich Anträge eingebracht, die zu einer Verringerung der Verschuldung um 420 000 Euro führten. „Die Nachverhandlungen brachten in Summe keine großen Veränderungen, die nicht ohnehin eingetreten wären“, so Teuber. Als Ergebnis der Haushaltsberatungen erwarte er künftig auch, speziell von CDU und FWG, dass Entscheidungen, die langfristig zur Konsolidierung beitragen, aber kurzfristig auch unpopulär sein können, positiv mitentschieden werden, da sie zum Wohle der Stadt seien. Trier brauche Entwicklung – trotz schwieriger Finanzlage.

Grünen-Sprecher Gerd Dahm warf den Fraktionen, die noch im Dezember den Etat abgelehnt hatten, mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor. Viele der in den Nachverhandlungen eingeforderten Veränderungen hätten schon vorher durchgesetzt werden können. Als Beispiel nannte Dahm den Beitritt zum Entschuldungsfonds. Zudem habe Bürgermeisterin Birk die Zielvereinbarungen mit freien Trägern in ihrem Dezernat schon lange vorher auf den Weg gebracht. Die desolate Haushaltslage sei nicht nur dem Bund und dem Land zuzuschreiben, sondern in den letzten Jahrzehnten in weiten Teilen hausgemacht. Für Dahm sind die freiwilligen Leistungen der Stadt aber kein Luxus. Man müsse sich vielmehr fragen, ob eine einzelne Zahlung sinvoll oder unsinnig sei, rentabel oder unrentabel, zukunftsorientiert oder ob sie den Stillstand zementiere.

Mit der Streichung von 410.000 Euro Planungskosten für noch nicht ausfinanzierte Projekte sei in den konstruktiven Nachverhandlungen zum Haushalt eine wesentliche Forderung der FWG erfüllt worden, betonte Fraktionschefin Christiane Probst. Nächster Schritt sei jetzt die vom Stadtvorstand zugesagte Prioritätendebatte, um die mittel- und langfristigen Ziele der Stadtpolitik auf einer Zeitschiene zu ordnen. „Es geht um einen Aufgabenkatalog für das Machbare und Bezahlbare, um die nachhaltige Lebensfähigkeit unserer Stadt zu sichern.“ Mit dem geplanten Beitritt zum Entschuldungsfonds, den die FWG unterstütze, sieht Probst „weitere harte Einschnitte“ auf die Stadt zukommen. „Die von uns allen gewollte Schuldenbremse darf aber nicht zur Gestaltungsbremse werden“, so Probst.

Als „bittere Realität“ bezeichnete der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Karl-Josef Gilles das Haushaltsdefizit und die angesichts der kostenträchtigen Pflichtaufgaben immer enger werdenden Spielräume des Stadtrats. „Das Prinzip der Konnexität steht dabei offensichtlich nur auf dem Papier.“ Gilles empfahl, sich an den Vorschlägen der KGSt zu orientieren, um die Kriterien des Entschuldungsfonds zu erfüllen. Voraussetzung sei ein „eiserner Sparwille des Rates“. Während das Baudezernat in der zweiten Runde der Haushaltsberatungen einen beachtlichen Konsolidierungsbeitrag geleistet habe, vermisst Gilles beim Sozialdezernat eine ähnlich realistische Haltung: „Noch immer werden im Sozialbereich freiwillige Leistungen leichtfertig vergeben. Diese bedürfen unbedingt einer kritischen Prüfung und eines stärkeren Controllings.“