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12.04.2011

Opfer bekommen Namen wieder

Um das Gedenken an Friedrich Thierry wach zu halten, ist ein Stolperstein vor seiner letzten Wohnung in der Seizstraße 7 verlegt worden.
Um das Gedenken an Friedrich Thierry wach zu halten, ist ein Stolperstein vor seiner letzten Wohnung in der Seizstraße 7 verlegt worden.
Sie sind zehn mal zehn Zentimeter groß, tragen eine Messingplatte, auf der Name und Jahrgang der Opfer, das Jahr ihrer Deportation sowie Datum und Ort ihrer Ermordung eingraviert sind und sind ebenerdig im Bürgerstein eingelassen – die Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig werden seit 2005 auch in Trier verlegt.

Mittlerweile sind sie ein fester Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur an die Opfer des Nationalsozialismus. Mit Unterstützung des Kulturvereins Kürenz und der AG Frieden hat Demnig 14 weitere Steine im Stadtgebiet verlegt, womit sich nun 111 Stolpersteine in Trierer Bürgersteigen befinden.

Die jetzige Verlegung stand ganz im Zeichen der Opfer der nationalsozialistischen Krankenmorde, der so genannten „Euthanasie“-Aktion „T 4“. Zwischen Januar 1940 und August 1941 verloren mindestens 70.000 geistig behinderte und psychisch kranke Menschen ihr Leben. Neben Trierer Juden gehörten auch Homo-sexuelle, Deserteure und politisch Andersdenkende zu den Opfern des NS-Regimes.

Stolperstein-Paten

„Die Idee ist, dass Opfer des Nationalsozialismus ihre Namen wieder bekommen und nicht in Vergessenheit geraten“, sagte Markus Pflüger von der AG Frieden. „Außerdem gibt es für jeden Stolperstein einen Paten.  Der Stein ist so in der Bürgerschaft verankert.“

Für den 1941 in der „Heilanstalt“ Hadamar ermordeten Friedrich Thierry hat beispielsweise das Max-Planck-Gymnasium die Patenschaft übernommen. Schüler haben sich eingehend mit der Biografie Thierrys beschäftigt und erinnerten vor Ort mit einem Vortrag an den Trierer. „Es ist ein Zeichen, Courage zu zeigen. Uns war es wichtig, dem Menschen, dem ehemaligen Schüler des Max-Planck- Gymnasiums ein Gesicht zu geben“, sagte Laryssa Bernardo.

Wie schwer die Beschäftigung mit diesem dunklen Kapitel deutscher Geschichte ist, weiß auch Raimund Scholze. Er begann 2008 mit der Recherche über die Krankengeschichte seines Onkels Heinrich Wetzstein, der mit 20 Jahren ins Brüderkrankenhaus kam und 1939 nach Andernach verlegt wurde, wo er 1940 starb. „Er war Epileptiker, wurde dann bürokratisch-kommentarlos verlegt. Es war nicht leicht, mich durch die Krankenakten zu wälzen. In der Familie wurde nie über den Fall gesprochen, weil die Scham überwog. Unterschwellig war das Thema aber immer präsent“, erzählte Scholze. Jetzt erinnert eine Messingplakette auf dem Bürgersteig in der Seizstraße an Heinrich Wetzstein, direkt vor seinem ehemaligen Wohnhaus. Nur ein Haus weiter ist der Gedenkstein Thierrys in den Beton eingelassen.