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17.11.2015

Kunstvolle Keramikobjekte

Die Servais-Werke im Jahr 1953, Aquarell von F. Steinborn
Das Aquarell von F. Steinborn zeigt die Servais-Werke im Jahr 1953. Damals hatte sich die Firma gerade von Einbrüchen in den 30er Jahren und durch den Zweiten Weltkrieg erholt. Abbildung: Berthold Lorig
Wegen der großen Publikumsresonanz wird die Ausstellung „Keramik und Kunsthandwerk für den Weltmarkt: Die Servais-Werke in Ehrang“ im Stadtmuseum bis 7. Februar 2016 verlängert. Kurator Dr. Bernd Röder verweist auf das große Besucherinteresse und die vielen Zeitzeugen, die dem Experten wertvolle Hinweise für weitere Forschungen zur Firmengeschichte gegeben hätten.

Die im Stifterkabinett präsentierten Exponate stammen überwiegend aus dem frühen 20. Jahrhundert, als das Unternehmen mit aufwendig gestalteten Jugendstilfliesen und weiteren kunstvollen Keramikobjekten weltweit große wirtschaftliche Erfolge erzielte und bis zu 750 Personen beschäftigte. Während die Fliesen heute begehrte Sammlerstücke sind, gerieten die Vasen und Figuren weitgehend in Vergessenheit. Die meisten der aufwändig gestalteten Gebrauchs- und Dekorationsobjekte, darunter einige Leihgaben, sind erstmals öffentlich zu sehen. Sie werfen ein Schlaglicht auf diesen weitgehend unbekannten Teil der breiten Produktpalette des Unternehmens im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Namensgeber Paul Servais (1848-1908) wurde in Schloß Weilerbach an der Sauer geboren und zum Bergbauingenieur ausgebildet. Er stammte aus einer Familie von Eisenhüttenbesitzern, schied aber aus dem Unternehmen aus. Sein ererbtes Kapital war ein Hauptpfeiler des Unternehmens, das er 1878 mit Philipp Lamberty, Direktor eines Bodenplattenwerks in Wasserbillig, und dem dortigen Betriebsleiter Bernhard Ferring gegründet hatte. 1887 zog Paul Servais nach Ehrang.

In den nächsten Jahrzehnten expandierte das Unternehmen: 1889 gründete Servais ein keramisches Werk in Witterschlick bei Bonn, das später mit der Ehranger Firma fusionierte. Zudem folgten ein Zweigwerk in Polen und eine Beteiligung in Frankreich. Servais war sich als Chef eines großen Unternehmens seiner sozialen Verantwortung bewusst und sorgte für die ärztliche Versorgung der Mitarbeiter durch eine vertraglich vereinbarte Aufnahme im Mutterhaus. Außerdem förderte er die stationäre Krankenbetreuung im Marienkrankenhaus. Rund um das Unternehmen entstanden ein Kindergarten, eine Nähschule und ein Heim für Fabrikarbeiterinnen. Die Ehefrau von Paul Servais war ebenfalls für ihr soziales Engagement bekannt. Heute erinnern in Ehrang eine Straße sowie ein Ehrengrab auf dem Friedhof an den Industriellen.