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02.10.2007

Hier ruht Konstantin - zum Teil

Foto: State historical-cultural museum-preserve "The Moscow Cremlin"
Foto: State historical-cultural museum-preserve "The Moscow Cremlin"
Das Kästchen hat eine merkwürdige Form: Etwa 35 Zentimeter lang, sehr schmal und auf einer Seite noch schmaler zulaufend. Das Material – filigran verziertes, feuervergoldetes Silber – deutet auf einen wertvollen Inhalt hin. Und tatsächlich: Glaubt man der Tradition der orthodoxen Kirche, die Kaiser Konstantin als Heiligen verehrt, dann befindet sich in dem Behälter der rechte Unterarmknochen des Herrschers. Das Reliquiar – eine Leihgabe aus dem Moskauer Kremlmuseum – ist zur Zeit in der Ausstellung „Tradition und Mythos“ im Stadtmusem Simeonstift zu sehen und gilt als eindrucksvollstes Zeugnis der Konstantin-Verehrung in der Ostkirche. Eingraviert sind Liedtexte in griechischer Sprache, die traditionell am 21. Mai, dem Todestag Konstantins, gesungen werden.

Der Unterarm ist zugleich die einzige bis heute erhaltene Reliquie Konstantins. Dieser hatte sich 337 in Konstantinopel in einem Mausoleum im Kreis der zwölf Apostel beisetzen lassen. Er gilt deshalb unter orthodoxen Christen als „apostelgleich“. Die Grabstätte wurde bei der Einnahme Konstantinopels durch die Türken 1453 zerstört. Das im Simeonstift ausgestellte Reliquiar wurde dagegen bereits Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts hergestellt und entging der Zerstörung. Überliefert ist, dass der türkische Sultan Süleyman der Prächtige, ein religiös toleranter Herrscher, das Reliquiar an den christlichen Patriarchen von Konstantinopel weitergab. Danach verliert sich seine Spur, bis es Ende des 16. Jahrhunderts in Serbien wiederentdeckt wurde. 1588 wurde der prachtvolle Behälter dem russischen Zaren Fjodor I. Iwanowitsch, dem weltlichen Schutzherren der orthodoxen Kirche, übereignet und seitdem in Moskau aufbewahrt.