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06.03.2007

Vom "Tribunal" zum runden Tisch

Planung und Ausführung dieses Bürogebäudes an der Ecke Christoph-/Deworastraße wurden vom Architekturbeirat positiv beurteilt. Durch die unterschiedlichen Farben und den Einschnitt im Baukörper (links) wird der Kopfbau am Alleenring hervorgehoben.
Planung und Ausführung dieses Bürogebäudes an der Ecke Christoph-/Deworastraße wurden vom Architekturbeirat positiv beurteilt. Durch die unterschiedlichen Farben und den Einschnitt im Baukörper (links) wird der Kopfbau am Alleenring hervorgehoben.
Die Umgebung des Frankenturms stand im Blickpunkt einer Sitzung des Architektur- und Städtebaubeirats (ASB).  Auf einer Freifläche zwischen dem mittelalterlichen Wohnturm und dem Kaufhof ist der Bau eines Wohn- und Geschäftshauses geplant. Entgegen dem vorgelegten Entwurf des Architekten empfahlen die Experten eine einheitliche Gestaltung in puncto Baumaterial und Farbe sowie eine „klares Prinzip“ bei der Anordnung der Fenster. Die historische Bedeutung des Frankenturms erfordere eine besondere architektonische Sorgfalt, sagte der Beiratsvorsitzende, der Dortmunder Architekt Prof. Kunibert Wachten.

Zwei Jahre nach der Gründung endete am Freitag die erste Sitzungsperiode des ASB, in der über 30 Bauvorhaben beurteilt und begleitet wurden. Als gelungenes Beispiel, bei dem die Beratung durch den ASB zur Verbesserung des Entwurfs und einer gelungenen Umsetzung führte, nennt  Wachten,  den Neubau eines Verwaltungsgebäudes an der Ecke Christoph-/Deworastraße: „Hier haben wir uns Schritt für Schritt einem guten Ergebnis genähert“. Als einen „produktiven Prozess“ bezeichnet Wachten auch die Diskussionen um die Erweiterung des Weinhauses Becker in Olewig, wenngleich das Ergebnis umstritten sei.

Praktiker statt Hochschullehrer

Jedoch verlief die Kommunikation zwischen dem Expertengremium und den Bauherrn nicht immer so reibungslos, wie in einer Zwischenbilanz des Baudezernats eingeräumt wird. Während manche Bauherren und Architekten bislang das Gefühl hatten, vor einem „Tribunal“ zu sitzen und ein Urteil entgegenzunehmen, sollen die künftigen Beratungen eher kollegial im Sinne einer „Entwurfsbetreuung auf gleicher Augenhöhe“ erfolgen, heißt es in dem Papier. Deshalb werden die Mitglieder des ASB und die Vertreter der einzelnen Bauprojekte sich künftig auch nicht mehr räumlich getrennt gegenübersitzen, sondern gemeinsam an einem runden Tisch diskutieren.

Mit Francois Valentiny und Annette Marx scheiden jetzt turnusgemäß zwei der fünf Beiratsmitglieder aus. Die Neubesetzung will Baudezernent Peter Dietze dazu nutzen, das bisherige Übergewicht der Architekten zugunsten von Stadtplanern auszugleichen. Praktikern soll der Vorzug vor weiteren Hochschullehrern gegeben werden. „Es ist sicher nicht verkehrt, einen Kollegen zu berufen, der durch seine tägliche Arbeit den Wert von Kompromissen zu schätzen weiß“, bestätigt Wachten. Vorgeschlagen wird in dem Bericht auch die Berufung eines Experten mit Verwaltungserfahrung, „der mögliche Konflikte, die durch die Zwänge einer Kommunalverwaltung entstehen, puffern könnte“. Außerdem soll der Frauenanteil erhöht werden.

Mehr Qualität im Städtebau

Die Reihe mit Werkvorträgen der ASB-Mitglieder wird fortgesetzt. „Mit den Vorträgen, mit der Wanderausstellung ,Bauen im Bestand’ und mit Tagesexkursionen zu architektonischen Highlights in umliegenden Städten wollen wir in der Bevölkerung mehr Interesse und Verständnis für Belange des Städtebaus wecken“, erklärt Dr. Frank Simons, Leiter der ASB-Geschäftsstelle im Rathaus.

Für Kunibert Wachten ist diese Öffentlichkeitsarbeit für mehr Qualität im Städtebau mindestens so wichtig wie die Befassung mit einzelnen Bauprojekten. Als Beispiel nennt er den einwöchigen Workshop zur Entwicklung des Bahnhofsviertels, der auf Initiative des ASB einberufen wurde. „Jede Stadt, und erst recht die älteste Stadt Deutschlands, muss ein Interesse daran haben, die Bauqualität anzuheben“, betont Wachten und fügt ein Zitat von Altbundespräsident Johannes Rau an: „Ein schlechtes Buch muss man nicht lesen, schlechte Musik muss man nicht hören, aber schlechter Architektur kann man sich kaum entziehen.“